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Wenn eine starke Bildungspolitik verkommt

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Das Kind im Mittelpunkt. Leistungsdruck reduzieren – neue Konzepte für das Gymnasium entwickeln.“ – Typisch SPD. Sprichwörtlich wie die alte Tante kommt sie daher und legt dabei ein Thema auf den Tisch der heutigen Aktuellen Stunde, das anders formuliert schon im Titel deutlich machen könnte, dass für Staatsregierung und die sie tragenden Fraktionen eine Art bildungspolitische Generalabrechnung ins Haus steht. Das sprengt natürlich den vorgegebenen zeitlichen Rahmen. Doch die sechzig, siebzig Minuten dürften genügend Ansatzpunkte für eine fortdauernde Diskussion bieten. Und es wird um mehr gehen als um das Gymnasium. Der aktuelle Anlass jedenfalls wurde gegeben durch einen letzte Woche im Bildungsausschuss behandelten SPD-Antrag und eine tags darauf vom Kultusministerium einberufene Pressekonferenz. Beide Male ging es ums Gymnasium, um ein Zukunftskonzept rund um das acht- und/oder neunstufige Gymnasium.

Es ist nicht nur eine Stilfrage, sondern geht schon hart an die Grenze dessen, was sich ein Parlament von der Staatsregierung bieten lassen sollte, wenn der Fachausschuss auf konkrete Fragen mit Ahnungslosigkeit bedient wird und der zuständige Minister am nächsten Tag eben dazu eine neue Marschrichtung verkündet. Es spricht für die Regierungsfraktionen, insbesondere für die CSU, dass auch sie von Minister Ludwig Spaenles Absicht, hart geforderten G8-lern eine Art Intensivierungs-Wiederholungs-Chance zu bieten, offensichtlich überrascht wurden. Doch von einer Aktionsgemeinschaft Regierung-Regierungsfraktionen scheint man hier entfernter denn je.

Kommentiert wurde der Vorgang eher zögerlich. Die Nürnberger Nachrichten brachten es mit einer harschen, eher humorlosen Kritik an einem fehlenden Konzept auf den Punkt – wobei sie die gesamte bayerische Schulpolitik einbezog. Die Süddeutsche ließ später ihrer Formulierungsfreude freien Lauf. Das dürfte sich fortsetzen. Auch weil wieder einmal zu Beginn der Woche eine neue Studie auf den Markt kam. Es begann die übliche Rosinenpickerei. Die Staatsregierung sah sich auf dem richtigen Weg. Die Opposition legte Finger in offene Wunden.

Letzten Endes ist das Ganze Ausdruck einer allgemeinen bis zur Verwirrung reichenden Orientierungslosigkeit. Wie anders ist es zu erklären, dass hier der SPD die gewollte Neueinführung der G 9 unterstellt wird und dort vom Gegenteil zu lesen ist. Was deren bildungspolitischer Sprecher natürlich gar nicht lustig findet. Martin Güll, auch Vorsitzender des Bildungsausschusses im Landtag, reist seit Mitte letzten Jahres durch Bayern und hat in bisher 16 Veranstaltungen gemeinsam mit den lokalen Abgeordneten seiner Fraktion u.a. das SPD-Konzept einer Gemeinschaftsschule vorgestellt und mit Eltern, Lehrern und Kommunalpolitikern aller Couleur diskutiert. Eine nicht ganz so intensive aber ähnliche Kärrnerarbeit mit ihren bildungspolitischen Vorstellungen leisten auch Grüne und Freie Wähler. Bei CSU – und leider mitgezogen auch die FDP – zerfließt alles in alle Richtungen. Was sollen deren Abgeordnete ihren Wählern erklären!?

Eine zwar konservative aber starke Bildungspolitik war ein Markenzeichen der CSU. Der Niedergang begann mit der Politisierung dieses sensiblen Bereichs. Doch dies ist ein anderes Kapitel.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

15. März 2012 um 07:01h