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Energiewende in Bayern: Stolpersteine statt Eckpfeilern

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Es kann gut sein, dass die Opposition auf dem besten Weg ist, der CSU in Landtag und Staatsregierung ein hartes Stück Arbeit abzunehmen oder ein Problem aus dem Weg zu schaffen. Auf die nicht neue aber zu Wochenbeginn von den Grünen mit Aplomb erhobene und prompt von den Freien Wählern unterstützte Forderung, in Bayern ein Energieministerium einzurichten, fällt wie ein Senkblei in die koalitionsinternen Dauerquerelen um die Energiewende. Es spricht Bände, dass der Chef der CSU-Landtagsfraktion, Georg Schmid, bei der sich am Folgetag bietenden Gelegenheit der Forderung keineswegs widersprach, sondern fast bedauernd von einem Rückstand in der Bewältigung der Energiewende sprach – natürlich pflichtschuldigst auch mit dem Finger auf Berlin weisenn.

Sachpositionen der CSU-Minister contra Linie des FDP-Wirtschaftsministers

Während Ministerpräsident Horst Seehofer den Dingen offenbar freien Lauf lässt, um nicht offen einen Koalitionsbruch zu provozieren, haben sich während der Sommerpause Landwirtschaftsminister Helmut Brunner und jetzt auch Umweltminister Marcel Huber offen gegen Wirtschaftsminister Martin Zeil in Stellung gebracht. Das von ihm respektive der FDP geführte Wirtschaftsministerium hat die Federführung in Energiefragen und bisher alle Beschneidungsversuche aus Richtung Staatskanzlei abgewehrt. Damals halfen auch die polternden Profilisierungsmanöver des damaligen Umweltministers Markus Söder nichts. Doch jetzt liegen Sachpositionen aus dem Landwirtschafts- und dem Umweltressort auf dem Tisch, die sich mit der Linie des Wirtschaftsministeriums kaum oder vielmehr nicht vereinbaren lassen. Das betrifft Kernfragen wie zu Gaskraftwerken und Biomasse oder das Energieeinspeisegesetz, wo Huber erst gestern wieder eine von FDP-Seite geforderte Aussetzung des EEG als „falschen Weg“ ablehnte.

Was vielerseits als kaum überbrückbarer Dissens bezeichnet wird, sieht der energiepolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Tobias Thalhammer hingegen als „großen Vorteil“, durch den „sowohl die Regierungsfraktionen, als auch die betroffenen Ministerien in einer konstruktiven Auseinandersetzung die besten Lösungen für die große Herausforderung finden“. Thalhammer verwies darauf, dass Bayern as erstes Land unter Federführung von Zeil nach Fukushima ein eigenes Konzept zur Gestaltung der Energiewende vorgelegt habe. Als Paradebeispiel nannte er die Energieagentur, die als landesweite Koordinierungsstelle zu allen Fragen rund um Energieversorgung, -erzeugung und -effizienz geschaffen wurde. Dass die Arbeit dieser Agentur von CSU-Politikern kaum argumentativ ins Spiel gebracht wird, ist allerdings nicht übersehbar.

Sich gegenseitig je nach Sicht lähmende oder befruchtende Situation

In diese sich gegenseitig je nach Sicht lähmende oder befruchtende Situation stößt die Grünen-Forderung, die ja einer Entmachtung Zeils gleichzusetzen ist, wie ein Senkblei – quasi als Orientierungshilfe oder als Spaltkeil. Denn was die Grünen durch ihre Fraktionschefin Margarete Bause nach einem gestrigen Besuch des grünen Ministers für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Franz Untersteller bei den Grünen im Maximilianeum vorbrachte, lässt sich ja nicht einfach so vom Tisch wischen. Das Beispiel Baden-Württemberg, so die Grünen, „beweist“, dass die Energiewende machbar ist. Voraussetzungen seien der Abschied von Klientelpolitik und von Denkverboten sowie zukunftsweisende Konzepte.

Grün-Rot in Baden-Württemberg hat schwarze Ziele längst erreicht

Über diese Beweislage lässt sich streiten. Als Orientierung mag die von Unterstaller genannte Zahl dienen, wonach in der Zeit nach der Zusammenlegung zu einem „Energieministerium“ in BW der Atomkraft-Energieanteil von 56 % schon jetzt auf einen ursprünglich von der CDU für 2020 angepeilten Anteil von 50 % gesunken sei. Auch der für diesen Zeitpunkt vorgesehene „schmale“ Anteil von 20 % an erneuerbaren Energien sei nach dem Machtwechsel jetzt schon von Rot-Grün in BW erreicht worden mit dem neuen Planziel von 38 % aus Wind-, Sonnen- und Wasserkraft binnen acht Jahren. Ursächlich für den Erfolg seien die Bündelung der energiepolitischen Kompetenzen und auch die Abkehr des auch von Bayern verfolgten Irrglaubens, ein Bundesland könne in Sachen Strom und Wärme autark werden. Die bayerischen Grünen jedenfalls wollen sich am Baden-Württemberger Modell orientieren und streben dies nach einem Machtwechsel auch in Bayern an.

Antworten darauf wird es möglicherweise nach den Herbstklausuren der Landtagsfraktionen ab kommender Woche geben. Die Bürger des Freistaats dürfen sie mit Recht erwarten. Handelt es sich doch um eines der wichtigsten Kernthemen der künftigen Landespolitik. Es macht die Sache nicht leichter und einfacher, dass die Regierungsfraktionen beim zweiten Zukunftsthema ähnlich uneins sind: der Landesplanung.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

05. September 2012 um 07:11h