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Kabinett: Wie das Ernährungskonzept umgesetzt wird – SPD kritisiert „Abschied von Ernährungsberatung“

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Drei Jahre nach Start des “Konzepts Ernährung in Bayern” hat Ernährungsminister Helmut Brunner gestern vor dem Ministerrat eine Zwischenbilanz gezogen. „Mit neuen Strukturen, Einrichtungen und einer Vielzahl erfolgreich angelaufener Projekte haben wir das Fundament für eine gesunde Ernährung und Lebensführung der Menschen im Freistaat geschaffen.” Die überwältigende Resonanz auf die Angebote und die große Motivation aller Beteiligten seien Beleg dafür, dass das Konzept stimmt.

Das bayerische Ernährungskonzept setzt auf maßgeschneiderte Angebote für unterschiedliche Zielgruppen – von Kleinkindern bis zu Senioren. Im Fokus steht dabei nicht die Ernährungsberatung, sondern die Bündelung bestehender Kompetenzen und die Qualifizierung der Verantwortlichen. „Der Staat fungiert nicht mehr als Berater, sondern als Koordinator, Ideen- und Impulsgeber”, so Brunner. Auf diese Weise sei es in den vergangenen drei Jahren gelungen, landesweit regionale Netzwerke und Anlaufstellen im Verpflegungsbereich aufzubauen und effiziente Bildungsangebote zu entwickeln.

Die 47 Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und die für jeden Regierungsbezirk neu geschaffenen Fachzentren für Ernährung/ Gemeinschaftsverpflegung sind daran ebenso beteiligt wie das im vergangenen Jahr eingerichtete, bundesweit einzigartige Bayerische Kompetenzzentrum für Ernährung mit Standorten in Freising und Kulmbach.

Enge Vernetzung – von der Hebamme über den Übungsleiter bis zum Jugendamt

Als besonders erfolgreich bezeichnete Brunner das Projekt “Junge Eltern und Familien”, das bayernweit flächendeckend verschiedene Partner aus den Bereichen Ernährung und Bewegung eng miteinander vernetzt – von der Hebamme über den Übungsleiter bis zum Jugendamt. Wegen des großen Erfolgs ist in nächster Zeit eine Weiterentwicklung des Projekts für weitere Zielgruppen wie Frauen in der Schwangerschaft oder die “Generation 55 plus” geplant. Weiterer Schwerpunkt des Ernährungskonzepts ist die Gemeinschaftsverpflegung. Zu einem echten Renner habe sich das bayerische Schulfruchtprogramm entwickelt: Rund 330 000 Kinder an 1800 Grundschulen erhalten inzwischen einmal wöchentlich kostenlos frisches Obst und Gemüse. Ab November wird das Programm in einem Pilotprojekt durch Milch und Milchprodukte ergänzt.

Mit Erstaunen nahm die ernährungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Maria Noichl, zur Kenntnis, dass Brunner sich von der flächendeckenden Ernährungsberatung nun vollends verabschiedet. „Bisher erweckte die CSU immer noch den Eindruck, dass die Ernährungsberatung als wichtige staatliche Aufgabe gesehen werde. Mit dem Bericht der heutigen Kabinettssitzung, wonach der Staat nur noch Koordinator und nicht mehr Berater sei, zeigt die Staatsregierung ihr wahres Gesicht.” Nachdem im Jahr 2004 über 120 Stellen in der flächendeckenden Ernährungsberatung unter der CSU-Alleinherrschaft abgebaut wurden, sollen zwei Leuchtturmprojekte in Kulmbach und Freising die Ernährungsberatung in Bayern regeln.

Noichl: Flächendeckende Beratung nur durch zwei „Leuchtturmprojekte“ nicht möglich

Wer glaubt, eine flächendeckende Ernährungsberatung und Ernährungsbildung sei durch zwei Kompetenzzentre gewährleistet, ist völlig realitätsfremd.“ Noichl empfiehlt dem Minister, sich einmal in Schulen umzuschauen, wie der Ernährungsalltag der Kinder aussieht, daran ändere auch sein bahnbrechendes Konzept eines Bauernhofbesuches für Grundschulkinder nichts. Sie fordere weiterhin, dass die Ernährungsbildung wieder Teil der Schulbildung werden müsse, über alle Altersklassen und Schularten hinweg.

Ausweitung des Schulfruchtprogramms auch von SPD gefordert

Das Loblied auf das Schulfruchtprogramm der EU begrüßt Noichl ausdrücklich. Bereits im Juni dieses Jahres hatte die SPD im Landtag die Ausweitung des Schulfruchtprogramms auf alle Kindertageseinrichtungen gefordert. Der entsprechende Antrag wird im Oktober im Agrarausschuss verhandelt. „Wir werden sehen, ob es dem Minister ernst ist, mit der gesunden Ernährung für die bayerischen Kinder in den Schulen und Kindergärten oder ob es sich um einen Wahlkampfgag eines nervösen Ministers handelt”, so Noichl.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

02. Oktober 2012 um 10:14h