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Koalitionskompromiss: Nachtragshaushalt gefordert – Nachtragshaushalt zugesagt

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Innerhalb von zwei Wochen „nach dem schwarz-gelben Kompromiss zur Abschaffung der Studiengebühren“ müsse die Staatsregierung einen Nachtragshaushalt sowie eine neue Finanzplanung vorlegen, forderte gestern der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Volkmar Halbleib. „Wir wollen auf Euro und Cent wissen, wie teuer die Wiederbelebungsmaßnahme für die schwarz-gelbe Koalition für den Steuerzahler ist, wie sie finanziert werden soll und ob die angestrebten Ziele tatsächlich erreicht werden.“ Eine Antwort erfolgte prompt durch den haushaltspolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Karsten Klein: „Das Bildungsfinanzierungsgesetz werden wir in Form eines Nachtragshaushalts in politisches Handeln umsetzen. Das ist die logische Konsequenz  des Koalitionsbeschlusses vom Samstag. Die Opposition macht viel Wind, indem sie Selbstverständlichkeiten fordert.“

Das klingt überzeugend und beruhigend und passt hinsichtlich der Durchführbarkeit zur allgemein gewonnenen Ansicht, dass das Eine-Milliarde-Euro-Paket gut durchgerechnet ist. Anders sieht es hingegen mit den Grundlagen aus, auf denen die Daten basieren. „Auf Sand gebaut“, von „der Konjunktur abhängig“ oder ähnlich lauten die an der Zukunftsfähigkeit des Kompromisses zweifelnden Kommentare. Halbleib, auch stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses, stößt sich denn auch etwa an der Schuldentilgung. Dort wolle die Staatsregierung die zusätzlichen 480 Milliarden Euro für die Tilgung aus der Rücklage entnehmen. Und zwar „nach dem Prinzip linke Tasche – rechte Tasche“. Der SPD-Fraktionsvize weist darauf hin, dass dieses Geld ab dem Jahr 2014 fehle, wenn 1,625 Milliarden Euro aus staatlichen Garantien für die Spekulationsverluste der Landesbank mit Immobilienverbriefungen fällig werden.

Grüne: 200-Millionen-Einsparung nicht auf Kosten sozialer Leistungen

Auch die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, Claudia Stamm wird sehr nachdenklich: „Söder soll nun plötzlich 200 Millionen Euro in einem Haushalt einsparen, der vor ein paar Wochen noch als ausgewogen und zukunftsorientiert gefeiert wurde. Da muss man schon genau hinschauen, wo das Geld weggeht.“ Einschnitte bei sozialen Aufgaben dürfe es jedenfalls nicht geben!

Breit gestreute Zweifel an Nachhaltigkeit der geplanten Bildungsfinanzierung

Auch aus anderen Lagern werden Zweifel angemeldet. Der Nachwuchs der Landes-FDP hatte den Kompromiss postwendend abgelehnt. JuLi-Chef Mathias Fischbach wies darauf hin, dass gerade eine politische Jugendorganisation auf eine nachhaltige Politik achten müsse. Er vermisst bei der Bildungsfinanzierung jegliche Absicherung gegen konjunkturelle Schwankungen. Und der Ring Christlich Demokratischer Studenten in Bayern unterstützt zwar das Abkommen, doch die RCDS-Vorsitzende Carmen Langhanke glaubt nicht, dass die Mittel langfristig kompensiert werden können. Das Thema Studiengebühr werde wieder auf die Tagesordnung kommen. Eine Ansicht, die man als deckungsgleich mit der Reaktion des Hauptgeschaftsführers der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossardt, bezeichnen kann.

Es ist unübersehbar, dass die Landtags-Opposition plötzlich viele ihrer alten früher von den Regierungsparteien abgelehnten Initiativen erfüllt sieht. Wenn die Freien Wähler dies nicht zu Unrecht in ihre Abschlussbilanz schreiben, steht sie ergebnisorientiert möglicherweise als erfolgreichste Oppositionsfraktion da. Ein solches Triple A hätte sie vor allem ihrem hochschulpolitischen Sprecher, Prof. Michael Piazolo, zu verdanken, der die grundlegende Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof und das spätere Volksbegehren sehr beharrlich durchgezogen hat.

Bildungsdebatte wird nicht leicht für Opposition

Aber für die Opposition könnte sich auch ein Problem auftun. Die Gratwanderung, das eine nicht nur zu wollen, sondern auf Umwegen auch erreicht zu haben, aber in der Finanzierungsdebatte der Staatsregierung Knüppel zwischen die Beine werfen zu wollen, wird schwierig. Kommt hinzu, dass der Ministerpräsidentenkandidat der größten Oppositionsfraktion, Münchens OB Christian Ude, und sein hochschulpolitischer Berater, Prof. Julian Nida-Rümelin, noch sehr viel weitgehendere Forderungen zur Bildungsfinanzierung stellen. Ihre Vorstellungen stellen sie zwar in einen sehr komplexen Rahmen, der aber ziemlich unvorbereitet in eine auch zeitlich sehr eng werdende Debatte stößt. Es ist in vielen Bereichen ein Gegenmodell zur bisherigen Bildungs- und Hochschulpolitik in Bayern. Der vorliegende CSU/FDP-Kompromiss ist für den SPD-Spitzenkandidaten nur ein Schritt in die richtige Richtung. Der Ausbau der Bildungsinvestitionen soll, so Ude, zur Leitlinie einer von ihm geführten Staatsregierung werden.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

26. Februar 2013 um 11:23h