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Fall Mollath: Zu viele offene Fragen, um Akte zu schließen

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War es der kürzeste aber auch effektivste Untersuchungsausschuss des Landtags überhaupt, wie die Opposition im Landtag gestern behauptete? Vieles spricht dafür: vor allem die Dichte an wichtigen Zeugen und Erkenntnissen in nur acht Sitzungstagen nach der Konstitution sowie zwei gestern vorgelegte getrennte Abschlussberichte mit insgesamt gut 200 Seiten plus Fragestellungen sowie Presseerklärungen und Stellungnahmen des Justizministeriums. Dazwischen erlebte die Öffentlichkeit in einem in vielerlei Hinsicht denkwürdigen Auftritt einen seit sieben Jahren unter Verschluss gehaltenen angeblich gemeingefährlichen freigesprochenen aber in die Psychiatrie überstellten „Täter“. Ein Richter muss sich nach seiner Aussage vorwerfen lassen, den Ausschuss belogen zu haben. Ähnliches gilt berechtigt oder nicht und sogar mehrfach für die Justizministerin. Die Staatsanwaltschaft scheint nur gegen einen Beklagten ermittelt und für ihn Sprechendes nicht weiterverfolgt zu haben. Aus dem Steuerressort liegt Widersprüchliches hinsichtlich getätigter Aktenvermerke zu den Strafanzeigen Mollaths auf dem Tisch. Von Gutachtern weiß man nicht so genau, inwieweit sie befangen waren oder ob sie überhaupt ihrem Auftrag in angemessener Weise nachgingen oder nachgehen konnten. Ein parallel laufendes Wiederaufnahmeverfahren zieht sich in fragwürdiger Weise in die Länge. Das Bundesverfassungsgericht hat eine inzwischen vorliegende Stellungnahme des Bayerischen Justizministeriums angefordert. Nächste Woche wird es zu einem letzten parlamentarischen Schlagabtausch in der letzten Plenarwoche dieser Legislaturperiode zur Arbeit des Untersuchungsausschusses.

Und dann? Die Opposition scheint zumindest durchgesetzt zu haben, dass die Akten erst einmal im Landtag bleiben, so dass zumindest für sie bis zum Ende der Legislatur eine direkte Zugriffsmöglichkeit beispielsweise nach einem Beschluss zum Wiederaufnahmeverfahren und sichdaraus für sie ergebenden Fragen besteht. Das ändert nichts daran, dass zu viele Fragen offen im Raum stehen. Die Opposition wollte – natürlich auch aus politischem Interesse heraus – den „Fall Mollath“, und vieles hätte dafür gesprochen, nicht der Justiz und ggf. dem Rechtsausschuss des Landtags überlassen.

Jetzt spricht vieles dafür, dass „der Fall Mollath“ nicht einfach wieder der Justiz übergeben werden kann. Dabei geht es zum einen um Mollath selbst. Hier kann man darauf vertrauen, dass das Weitere zumindest juristisch sauber abläuft. Aber mit den Fragen, wie es so weit kommen konnte und vor allem wie die Justiz und die Regierungspolitik später damit umging, damit kann man die Bayerische Justiz nicht alleine lassen. Das Vertrauen in diese erscheint in alle Bevölkerungsschichten und über die Landesgrenzen hinaus in seit Jahrzehnten nicht bekanntem Maße erschüttert. Der neu gewählte Landtag kann helfen, dieses auch im Interesse der Justiz und der darin Beschäftigten wieder aufzubauen. Dies könnte ein neu eingesetzter Untersuchungsausschuss tun oder auch eine Institution vergleichbar der die Landesbank begleitenden Kommission mit einer neu zu findenden Aufgabenstellung. Nicht nur Mollath braucht ggf. eine Betreuung „danach“.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

10. Juli 2013 um 07:50h

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