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Wiederwahl Rinderspachers: SPD lässt Muskeln spielen

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Das Gerede von der Premium-Opposition hat sich wohl erledigt.“ Das sagte er zwar nicht, aber so kann man die wenigen Worte auf den Punkt bringen, die der Fraktionsvorsitzende der SPD, Markus Rinderspacher (44) nach seiner Wiederwahl (36 Ja- und 4 Neinstimmen) im Landtag an die Presse richtete. Als stärkste Fraktion der Opposition stelle die SPD nun mehr Abgeordnete als Freie Wähler und Grüne zusammen. Die Stimmenzahl genüge auch, um selbstständig einen Untersuchungsausschuss im Landtag in Gang zu setzen. In ihrer konstituierenden Sitzung an diesem Freitag Vormittag entschied die Fraktion auch, die frühere Kulmbacher Oberbürgermeisterin Inge Aures (57) dem Plenum für das der SPD zustehende Amt der/des 1. Vizepräsidenten des Landtags vorzuschlagen. Stellvertreter Rinderspachers werden Helga Schmitt-Bussinger (55; mit 37 Stimmen), Hans-Ulrich Pfaffmann (57; 36 Sti.) und Dr. Simone Strohmayr (46; 29 Sti.). Dem Vorstand gehören qua Amt noch Generalsekretärin MdB Natascha Kohnen sowie der von Rinderspacher vorgeschlagene und mit 40 Stimmen eindrucksvoll gewählte neue Parlamentarische Geschäftsführer Volkmar Halbleib (49) an.

Der gebürtige Pfälzer Rinderspacher wurde 2008 erstmals ins Landesparlament und von der Fraktion nach dem Rücktritt von Franz Maget am 21. Oktober 2009 zum Fraktionsvorsitzenden gewählt. Schon in seiner ersten Plenarrede als Oppositionsführer gab er dem Ministerpräsidenten scharfzüngig kontra. Außerhalb des Parlaments brachte er der Staatsregierung eine erste Niederlage vor dem Verfassungsgerichtshof wegen verweigerter Auskunftspflichten bei. Dass nicht er, sondern Christian Ude als Ministerpräsidentenkandidat der bayerischen SPD antrat, wurde von Rinderspacher nie in Frage gestellt. Es dürfte letztlich seinen Plänen entgegengekommen sein. Zum einen war er zu jung, zum anderen sein Bekanntheitsgrad noch zu gering.

Rinderspacher deutlich gestärkt – aber er wird auch auf eine stärkere CSU treffen

Diese Ausgangslage hat sich auch mit der über 90 Prozent liegenden Zustimmung der Fraktion deutlich verbessert. Als unumstrittener Oppositionsführer kann er sich vorläufig zuvorderst auf die parlamentarische Arbeit konzentrieren, wobei die Devise im Verhältnis zu Grünen und Freien Wählern lauten dürfte: getrennt kämpfen, um dann ggf. vereint aber unter ganz anderen Vorzeichen als vor der vergangenen Wahl zuzuschlagen. Zum zweiten dürfte Rinderspacher Erkenntnisse aus der vergangenen Legislatur und aus diesem Wahlkampf und dessen Ergebnisse nutzen. Es hat sich gezeigt, dass der CSU nur schwer Stimmen zu nehmen sind. Deren Stammwählerschaft lässt sich auch durch „Abgeordnetenaffären“ oder ähnlichem kaum beirren, sondern belässt es dabei, einzelne Abgeordnete mehr oder weniger streng/milde abzustrafen. Vergleichbares wird auch kaum nochmals eintreten. Außerdem wird sich die Opposition im Landtag einer Regierungsfraktion gegenübersehen, die auch parlamentarisch punktet und viele Schwächen der vergangenen Legislatur ablegen wird.

Oppositionsarbeit auch außerhalb des Parlaments gewinnt an Bedeutung

Aber es hat sich im Laufe der Legislatur auch vermehrt gezeigt, wie durchschlagend außerparlamentarisch erzielte Erfolge wirken können. Bayern bietet hier seinen Bürgern weit fortgeschrittene Formen der direkten Demokratie. Auch hat der Verfassungsgerichtshof Spielräume hinsichtlich der Haushaltsabhängigkeit bei Volksbegehren erweitert. Deren sinnvolle Nutzung kann zudem vermehrt Nichtwähler einbinden. Und dies ist nach wie vor die stärkste „Partei“ im Lande. Hier liegt ein Reservoir, aus dem insbesondere die Opposition schöpfen kann, wenn sie klug damit umgeht. Allerdings tut sich dabei auch eine große Schwäche der SPD auf. Sie ist in der Fläche kaum mit Abgeordneten vertreten. Rinderspacher versuchte zwar heute ist seinem Statement einem solchen in der Tagespresse verbreiteten Eindruck entgegenzuwirken. Gelungen sein, dürfte es ihm kaum. Auf dem Lande tut sich die CSU wesentlich leichter dem Bürger nahezukommen – doch das gilt auch für die Freien Wähler und die Grünen.

Vorstand gewählt – im Ausschussbereich muss noch vieles offen bleiben

Zu der neu gewählten Fraktionsspitze um Rinderspacher lässt sich relativ wenig sagen. Halbleib ist ohne Zweifel der richtige Mann am richtigen Platz. Allerdings ist offen, wer ihm im Haushaltsausschuss als stellvertretender Vorsitzender nachfolgen soll. Der Münchner Pfaffmann gilt als hervorragender Organisator. Die Nürnbergerin Helga Schmitt-Bussinger ist eine erfahrene Abgeordnete, Simone Strohmayr aus Schwaben hingegen eine, die sich schnell als Newcomerin durchgesetzt hat. Sie alle sollen auch in die Arbeit der Arbeitskreise und der Ausschüsse hineinwirken. Wie diese wiederum besetzt werden und wer Führungsaufgaben übernimmt, will die Fraktion noch offenlassen. Das mache auch, so Rinderspacher, wenig Sinn, solange die neuen Zuschnitte der Staatsministerien nicht bekannt sind.

Interessant wird sein, wie Inge Aures ihre Rolle als Vizepräsidentin interpretieren wird. Sie hat sogleich auf die zwei bestehenden Arbeitsfelder hingewiesen, nämlich die Repräsentation des Landtags und die Verwaltung des Landtagsamtes. Nun ist Liebenswürdigkeit nicht unbedingt das Markenzeichen, unter dem Inge Aures auftritt oder auftreten musste, wiewohl sie es sehr gut sein kann. Doch ihre Tätigkeit beispielsweise im Mollath-Untersuchungsausschuss forderte durchaus eher ihre Durchsetzungsfähigkeit und Hartnäckigkeit. Was bei ihrer künftigen administrativen Tätigkeit im Bereich des Landtagsamts vielleicht gefragt ist.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

20. September 2013 um 13:57h