MAX-Online

Landtag, Kommunen, Regierung, Organisationen

Schule und Windkraft – Gemeinden nehmen CSU in die Pflicht

kommentieren

Irgendwo zwischen „ich konnte nirgends entnehmen, was wirklich Sache ist“ und „Entschuldigung, es kennt sich kein Schwein mehr aus!“ war gestern die Haltung des Gemeindetagschefs zur bayerischen Lehrer-Personalpolitik einzuordnen. Auch die Verlautbarungen der Staatsregierung in Sachen Windkraft verlieren sich nach Ansicht von Dr. Uwe Brandl zwischen der grundsätzlichen H10-Abstandsvorgabe und dem aktuellen Stand, Projekte bei „entsprechender Bürgerbeteiligung“ zuzulassen. Brandl grollt: „Die CSU ist gut beraten, Versprechen, die sie in den Raum stellt, auch einzuhalten.

Von der Schwierigkeit, mit der Wahrheit herauszurücken oder sie zu erklären

Angesichts der aktuellen Diskussion um eine vom Kultusministerium bestätigte Kürzung von 830 Lehrerstellen und den sich anschließenden verwirrenden Zahlenspielen um verbleibende und gestrichene Stellen, ob sie im Schulbereich verbleiben oder dem Bildungssystem allgemein zuzuordnen seien, will Brandl einfach wissen, „ob die versprochenen Planstellen vorhanden sind“. Dies insbesondere vor dem Hintergrund erweiterter Schul-Aufgaben von der Inklusion bis zur Ganztagsbetreuung. Es scheint schwierig zu sein je nach Sichtweise des Betrachtenden entweder mit der Wahrheit herauszurücken oder sie zu erklären.

Denn auch der anschließend gestern nachmittag von der CSU-Fraktion gefasste Beschluss wird weder dem Gemeindetag noch anderen Betroffenen wirklich weiterhelfen. Er verliert sich in der Benennung politischer Ziele und erreichter Verbesserungen. Letztlich erlaubt es dem bildungspolitischen Sprecher der Freien Wähler, Günther Felbingen, von einem weiteren „Hü und hott“ der Regierungsfraktion zu reden und auf deren frühere Ablehnung eines FW-Antrags hinzuweisen, der deutlich gefordert hatte, dass die demografische Rendite im „Schul“system verbleibt. Im Prinzip lässt sich das Ganze auf einen einfachen Nenner bringen: Zieht das Argument, dass Schulpolitik doch ein Teil der Bildung sei, oder verbleibt der Eindruck, dass angesichts der heutigen Schulsituation Lehrer gebraucht werden und versprochen wurden.

Bürgerentscheide und Unterschriftenlisten – „Ein Chaos. Prost Mahlzeit!“

Kaum weniger verwirrend ist die Situation bei der Windkraft als Teil der Energiewende. Brandl befürchtet „ein Chaos, Prost Mahlzeit“ wenn jetzt plötzlich Bürgerentscheide oder Unterschriftenlisten die Basis für den Bau von Windkraftanlagen bilden sollen. „Da laufen wir in eine Prozessflut enttäuschter Investoren oder verärgerter Windkraftgegner hinein.“ Der Gemeindetag bestehe auf einer Planungshoheit für die Kommunen. Sie müssten „per Gemeinderatsbeschluss oder durch eine entsprechende Bauleitplanung selber festlegen können, wie groß die Abstände zwischen Wohngebieten und Windrädern sind“. Inwiefern dies in ein entsprechendes Gesetz einfließt, dessen Grundzüge das Kabinett nächste Woche beschließen will, ist offen.

Auch dazu fasste die CSU-Fraktion gestern einen Beschluss. Er läuft unter dem Titel „Windräder in stärkerem Einklang mit Bürgern und Landschaften“. Insoweit werde das Bemühen der Staatsregierung unterstützt. „Die so genannte 10-H-Regelung soll grundsätzlich dafür sorgen, dass Windräder nicht gegen den Willen der Bevölkerung in der Nähe der Wohnbebauung oder in einer besonders sensiblen Landschaft errichtet werden“, so CSU-Fraktionsvorsitzender Thomas Kreuzer nach der Sitzung seiner Fraktion. Ein geringerer Abstand (H10 = das Zehnfache der Höhe des geplanten Objekts) soll dort möglich sein, „wo große Zustimmung in der betroffenen Bevölkerung herrscht.“ Wie bei anderen Festlegungen der kommunalen Bauleitplanung sei dazu ein Gemeinderatsbeschluss notwendig. Und selbstverständlich könnten solche Entscheidungen, wie andere Gemeinderatsbeschlüsse auch, durch Bürgerentscheid herbeigeführt oder geändert werden. Inwieweit damit ein von Brandl befürchtetes Chaos angerührt oder vermieden wird, muss hier offen bleiben.

CSU-Fraktion besteht auf erweitertem Vertrauensschutz

Die CSU brachte allerdings auch „zum Ausdruck“, dass bereits weit fortgeschrittene Projekte Vertrauensschutz genießen sollen. Das gelte für „weit fortgeschrittene Projekte“ oder bis zu einem noch zu beschließenden Stichtag für genehmigungsfähige Anträge. Daneben setze sich die Fraktion dafür ein, dass es keine förderrelevante Untergrenze beim Wirkungsgrad eines Windrades gibt.

Die Kommunen – das Ende der Fahnenstange

Eineinhalb Monate vor den Kommunalwahlen (16. März) könnte es jedoch eng werden für die CSU. Im durchaus erfolgreichen Lavieren zwischen Berlin, Brüssel und München ist CSU-Chef Horst Seehofer irgendwie an das Ende einer Fahnenstange gerutscht. An derem äußersten Ende angelangt, bei den Kommunen, verlangt der Gemeindetag festen Sitz. Das Rutschen wird dort auch für Partei und CSU-Landtagsfraktion zunehmend unbequem.

Hohes Vertrauen in Kommunalparlamente – Bunteres Bild erwartet

Zwar sind die Bürger laut einer vom Gemeindetag in Auftrag gegebenen Umfrage mit den Leistungen ihrer Kommunalpolitiker zufrieden und Bürgermeister und Gemeindeverwaltung genießen das größte Vertrauen von allen politischen Ebenen, doch die Kommunalparlamente sind längst nicht so schwarz eingefärbt wie beispielsweise der Bayerische Landtag. Ein Wechsel – zum Teil auch parteibezogen – findet erfahrungsgemäß auf einem runden Drittel der Chefsessel statt. Und in den Stadt- und Gemeinderäten erwartet Brandl ein viel bunteres Bild als bisher. Unabhängige Wählergruppen seien auf dem Vormarsch und damit würden oft auch mehr Einzelinteressen zulasten geschlossener Gesamtkonzepte verfolgt. Doch auch das ist „gelebte Demokratie“.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

30. Januar 2014 um 09:04h