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Kabinett: Heute Entscheidung zur Interessensvertretung für Pflegekräfte

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Die Formulierung kommt sehr harmlos daher. Mit „einer Einrichtung, die die Interessen aller Pflegekräfte in Bayern gegenüber Politik und Gesellschaft vertreten soll“, will sich der Ministerrat heute befassen. Doch das Thema birgt sehr viel Zündstoff. Und dies seit Jahren. Zwar schien Bayern wie andere Bundesländer auch, einen vorgezeichneten Weg einer Pflegekammer gehen zu wollen, doch davon war Gesundheits- und Pflegeministerin Melanie Huml abgewichen, weil eine solche Kammer „zur Zeit nicht durchsetzbar“ sei. Im Frühjahr präsentierte sie eine Lösung unter dem Namen „Bayerischer Pflegering“ – ein bayerischer Sonderweg, der angeblich von anderen in dieser Frage noch nicht festgelegten Ländern aufmerksam verfolgt werde. Doch unter einer Vielzahl maßgeblicher Verbände in Bayern stieß und stößt der „bayerische Weg“ auf heftigen Widerstand.

In der Vergangenheit hatte Humls Vorgänger, „Lebensminister“ Markus Söder, einen fertigen Referentenentwurf schon in der Schublade und Bayern hätte damit als erstes Bundesland eine Pflegekammer einrichten können, doch die FDP als damaliger Koalitionspartner legte sich quer. Eine Anhörung im Landtag zeigte ebenfalls auf, wie unterschiedlich die Frage bewertet wurde und daran hat sich nicht viel geändert. Das zeigte sich bis heute im Parlament. Nur Freie Wähler und Grüne stimmten vor zwei Wochen im Fachausschuss für einen Pro-Pflege-Kammer-Antrag der Freien Wähler. Die SPD, die in der Vergangenheit in der Frage geteilter Meinung war, spricht sich mittlerweile, auch gebunden an einen Parteitagsbeschluss, gegen eine Kammer aus. Die CSU mehrheitlich auch – allerdings mit Gegenwind in den eigenen Reihen. Zwei ihrer Abgeordneten ließen sich in der Abstimmung vertreten, zwei votierten für den Antrag der Freien Wähler. Darunter der Pflegebeauftragte der Staatsregierung, Hermann Imhof.

Einheitliche Haltung der CSU-Abgeordneten durchaus noch in Frage gestellt

Was tags darauf den Vorsitzenden in der CSU-Fraktion, Thomas Kreuzer, in Rage gebracht haben soll. Nachdem Melanie Huml in der Fraktionssitzung ihre Pläne erläutert hatte, brachte er es auf den Punkt: Wie solle die Fraktion klarkommen, „wenn sogar Ministerin und Pflegebeauftragter unterschiedlicher Meinung sind“. So wird er zitiert. Mit großer Mehrheit, so hieß es dann in einer Pressemitteilung, habe die Fraktion der Ministerin zugestimmt. Das erfragte Meinungsbild zeigte allerdings nach wie vor bestehende Skepsis auf. So sagte Landtagspräsidentin und frühere Sozial- und Gesundheitsministerin Barbara Stamm, dass sie sich die Vorschläge Humls „erst noch im Detail anschauen“ müsse. Andere Abgeordnete wie Jochen Heike, früherer Sozialstaatssekretär, sprachen von einer Sympathiebekundung für die beliebte Ministerin und Heimat“-Staatssekretär Albert Füracker bekannte, dass er sich in der Materie wenig auskenne, aber „wenn die Melanie das sagt, dann kann ich das nachvollziehen“.

Ob und inwieweit eine Skepsis auch in der CSU-Fraktion sich noch in Änderungen niedergeschlagen hat, wird sich erst nach der heutigen Kabinettssitzung bzw. dem Vorliegen eines Gesetzentwurfs zeigen. Der in der Sitzung des Pflegeausschusses abgelehnte Antrag der Freien Wähler wird ein übriges tun, denn ihr federführender Abgeordneter Prof. Peter Bauer will ihn im Plenum – voraussichtlich kommende Woche – hochziehen lassen. Gegebenenfalls werden dann die CSU-Abgeordneten in namentlicher Abstimmung vor einer größeren Öffentlichkeit Farbe bekennen müssen – und darauf werden dann insbesondere die Pflegeverbände und -organisationen achten. Die scheinen mit großer Mehrheit gegen das bislang ihnen vorliegende Huml-Modell eingestellt zu sein. So lässt die Generaloberin der Schwesternschaft München des Roten Kreuzes und Vorsitzende der Bayerischen Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Pflegeberufe (BAY.ARGE), Edith Dürr, durchblicken, dass viele Pflegekräfte und -organisationen sich einer Mitarbeit beim Huml-Modell verweigern könnten. Nicht übersehen darf man allerdings nicht, dass der Dachverband der Schwesternschaft, das BRK, die Huml-Pläne befürwortet.

Ver.di Bayern pro und Dekanekonferenz für Pflegeberufe contra Huml-Modell

Noch verwirrender vor allem für Außenstehende, muss das Verhalten von ver.di wirken. Während sich ver.di in Niedersachsen (plant eine Pflegekammer) und in Rheinland-Pfalz (führt als erstes Bundesland zum 1.1. 16 eine Kammer ein) für eine Pflegekammer ausgesprochen hat, wendet sich ver.di Bayern vehement dagegen und liegt damit auf einer Linie mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), die die Pflegearbeitgeber als Mitglied hat. Eine eindeutige Stellungnahme wiederum liegt vor von der Dekanekonferenz für die Pflegestudiengänge an den bayerischen Hochschulen. Die sieht Kernfragen der Selbstverwaltung sowie die Funktionalität beim bisher vorgesehenen Modell in Frage gestellt. – Auf weiteres kann man gespannt sein.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

30. Juni 2015 um 07:23h

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