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Terrorismus – unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – Reformationstag – Stromerzeugung aus Biomasse – Entschädigung für Misshandlung in Heimen

Terrorismusbekämpfung: Der Bayerische Ministerrat gedachte zu Beginn seiner Sitzung mit einer Schweigeminute der Opfer der Pariser Terroranschläge mit einer Schweigeminute. Anschließend unterichtete Innenminister Joachim Herrmann über die aktuelle Lage nach den verheerenden Anschlägen in Paris und die notwendigen Konsequenzen für die Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung. Die Terrorgefahr sei auch in Bayern weiterhin hoch. „Hinweise zu konkreten Anschlagsplanungen liegen uns aber nicht vor.” Bereits unmittelbar nach den Terrorattacken in Paris habe Bayern das zwischen Bund und Ländern abgestimmte ‚Maßnahmenkonzept nach terroristischen Anschlägen im Ausland‘ umgesetzt. Unter anderem wurden die Schutzmaßnahmen für gefährdete Einrichtungen und die Verfügbarkeit von Spezialeinheiten erhöht. Dazu gehöre lageangepasst auch eine erhöhte Polizeipräsenz in Zivil und uniformiert, vor allem bei Großveranstaltungen. Herrmann stellte als wichtigen Baustein die verstärkte Sicherung der bayerischen Grenzen heraus. Dazu müsse die Bundespolizei deutlich engmaschiger und wirksamer kontrollieren. Die Bayerische Polizei stehe jederzeit zur Unterstützung bereit, „notfalls können wir Aufgaben der Grenzsicherung vom Bund übernehmen“. Eine ganz entscheidende Rolle spielt nach den Worten Herrmanns eine Maximierung der Schleierfahndung. Zur Verstärkung der personellen und finanziellen Ressourcen der Sicherheitsbehörden will der Innenminister in einer der nächsten Kabinettssitzungen ein ausgearbeitetes Konzept vorlegen.

Verteilung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge: Zugestimmt wurde der Neufassung der Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze, womit rückwirkend die rechtlichen Voraussetzungen für die bundesweite Verteilung von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen auf andere Bundesländer geschaffen wurde, die seit 1. November 2015 erstmalig nach Bayern eingereist sind. Wie bei Erwachsenen erfolgt die bundesweite Verteilung der unbegleiteten Minderjährigen nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. Unbegleitete Minderjährige werden von den Kommunen nach den Standards der Jugendhilfe untergebracht. Laut Sozialministerin Emilia Müller sind in diesem Jahr schon über 12.500 unbegleitete Kinder und Jugendliche in Bayern eingereist, über 15.000 unbegleitete Minderjährige sind derzeit in Bayern insgesamt von den Jugendämtern zu versorgen. Da eine Weiterverteilung der unbegleiteten Minderjährigen in andere Länder bisher nicht möglich war, sind vielerorts die Unterbringungs- und Versorgungskapazitäten der Jugendhilfe ausgeschöpft. Das konkrete Verfahren zur Verteilung wurde mit diesen Ländern in kürzester Zeit abgestimmt. Bereits am 10. November wurden die ersten 37 unbegleiteten Minderjährigen nach Sachsen und am 11. November 53 nach Baden-Württemberg verteilt. In dieser Woche werden weitere 160 Jugendliche folgen. In Bayern kommen besonders viele unbegleitete ausländische Minderjährige an, da der Freistaat an den beiden Hauptfluchtrouten liegt. Die Zugangszahlen sind in 2015 exponentiell angestiegen.

500. Reformationsjubiläum: Das auf einen Dienstag fallende 500. Reformationsjubiläum am 31. Oktober 2017 soll – einmalig – mit einem gesetzlichen Feiertag begangen werden. Ein entsprechender Entwurf für die dazu notwendige Änderung des Feiertagsgesetzes wird jetzt dem Landtag zugeleitet. Damit folgt Bayern der Entscheidung anderer Bundesländer, in denen der Reformationstag kein alljährlicher gesetzlicher Feiertag ist.

Stärkung der Stromerzeugung aus Biomasse: Der Ministerrat hat beschlossen, im Bundesrat eine Entschließung zur Stärkung der Stromerzeugung aus Biomasse im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2016 einzubringen. Hintergrund ist die notwendige Stabilisierung und der weitere Ausbau der Bioenergie als verlässliche und flexible Stromquelle. Mit dem Vorschlag einer Regionalquote für die Ausschreibung erneuerbarer Energien will Bayern zudem eine bessere regionale Steuerung des Zubaus an regenerativen Energien erreichen. Aktuell, so Energieministerin Ilse Aigner, trage die Bioenergie in Bayern 9,3 Prozent zur bayerischen Bruttostromerzeugung bei. Mit den Vergütungssätzen im aktuellen EEG und ohne Einbeziehung in die in der EEG-Novelle geplanten Ausschreibungen sei ein weiterer Ausbau der Bioenergie nicht möglich. Vielmehr drohe mit Ablauf der 20-jährigen Vergütungsperiode ab 2021 ein sukzessiver Rückbau. Bayern will die Bundesregierung zudem auffordern, eine regionale Quote bei der Ausschreibung erneuerbarer Energien vorzusehen, um auch zukünftig einen auf Deutschland besser verteilten Zubau von Erneuerbare-Energie-Anlagen zu gewährleisten.

Fonds „Heimerziehung“: Das Kabinett hat in der heutigen Sitzung einer Vereinbarung von Bund, Ländern und Kirchen zugestimmt, mit der die Mittel des Fonds „Heimerziehung in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1949 bis 1975“ von bisher 120 auf insgesamt 302 Millionen Euro deutlich aufgestockt werden. Der Fonds war im Jahr 2012 eingerichtet worden, um Kinder, die bis Mitte der 1970er Jahre in Heimen misshandelt wurden, bei der Bewältigung des erlittenen Leids und Unrechts zu unterstützen. Die Fondsmittel werden zu je einem Drittel vom Bund, den westdeutschen Ländern sowie der Katholischen und Evangelischen Kirche aufgebracht. Der Freistaat Bayern wird sich insgesamt mit rund 18,3 Millionen Euro an dem Fonds beteiligen. Davon wurden bereits rund 10,9 Millionen Euro eingezahlt. Über 2.800 Betroffene haben sich bisher bei der Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder in Bayern gemeldet. Bislang konnten 16,8 Millionen Euro ausgezahlt werden.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

17. November 2015 um 21:35h