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Landeserziehungsgeld abgesegnet – starke Bedenken in Fachwelt und Opposition

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Nachdem das Bundesverfassungsgericht ein von der CSU durchgesetztes Betreuungsgeld des Bundes gekippt hatte, wird nun mit einem jetzt beschlossenen Gesetzentwurf der Weg für die Fortführung eines Betreuungsgeldes als Landesleistung freigemacht. Damit sollen rückwirkend zum 1. Januar auf Antrag 150 Euro monatlich an Eltern ausgezahlt werden, wenn sie ihre ein- bis zweijährigen Kinder nicht in einer Krippe betreuen lassen. Im Freistaat hatten zuletzt 73 Prozent der anspruchsberechtigten Eltern das Bundesbetreuungsgeld in Anspruch genommen. Voraussetzung für den Bezug der Landesleistung ist u.a. das die Eltern die altersentsprechenden Früherkennungs-untersuchungen durchführen lassen. Der Entwurf wird nun dem Landtag zur Beratung zugeleitet.

In einer vorherigen Verbandsanhörung hatte zwar eine Mehrheit unter den teilnehmenden Verbänden starke Bedenken gegen diese Landesleistung angemeldet, Sozialministerin Emilia Müller nahm darauf allerdings im Kabinettskommunique keinen Bezug, sondern beschränkte sich darauf, dass dem Anliegen einiger Verbände dadurch Rechnung getragen wurde, dass wie im früheren Bundeserziehungsgeld ab dem 15. Lebensmonat ein Parallelbezug von Betreuungsgeld und ElterngeldPlus ermöglicht wird. Dies war im urprünglichen Gesetzentwurf des Ministeriums nicht vorgesehen.

DGB: „bildungspolitisch eine Rolle rückwärts“ – Grüne: Ideologie statt Familienpolitik

Der DGB Bayern erneuerte seine Bedenken. Die stellvertretende Vorsitzende Dr. Verena Di Pasquale bezeichnete das Landesbetreuungsgeld als gleichstellungspolitisch falschen Weg und „bildungspolitisch eine Rolle rückwärts“. Anstatt endlich verlässliche Strukturen zu schaffen, um allen Kindern die gleichen Chancen auf frühe Bildungsteilhabe zu ermöglichen, würden mit einer Bargeld-Prämie Anreize geschaffen, auf die Bildungsangebote für Kinder zu verzichten. „Bayern hält daran fest, eine staatliche Leistung für die Nichtinanspruchnahme einer staatlichen Leistung zu zahlen. Das ist absurd.“ Das Geld sei besser in den Ausbau und die Qualität der Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur gesteckt.

Auch SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher forderte, sich vom „absurden Betreuungsgeld“ zu verabschieden. Den Eltern gehe es in allererster Linie darum, Familie und Beruf besser miteinander zu vereinbaren: „Und genau hier sind ausreichende Angebote an Kitas und Krippenplätzen die beste Unterstützung für die Eltern.“ Benötigt würden vor allem in den Ballungsräumen noch viel mehr Kitaplätze, und auch eine Ausweitung der Betreuungszeiten in den frühen Morgenstunden und in den Abend hinein sowie in den Ferienzeiten würde den Familien direkt helfen. Während die Staatsregierung aus der hohen Inanspruchnahme eine allegemeine Zustimmung ableitet, verweist Rinderspacher auf eine aktuelle representative Umfrage der TNS Infratest im Auftrag der SPD-Landtagsfraktion. Danach lehnten die Menschen in Bayern mit großer Mehrheit die Zahlung eines Landesbetreuungsgeldes ab. Fast zwei Drittel (63 Prozent) der Befragten sprächen sich dafür aus, das Geld besser in den Ausbau von Kitas zu investieren. Nur 28 Prozent unterstützten das Vorhaben der CSU-Staatsregierung, Familien eine Prämie für die Nichtnutzung von Kitas zu bezahlen.

Die frauenpolitische Sprecherin der Freien Wähler, Eva Gottstein, bringt es auf den Punkt, die CSU wolle wieder einmal stur mit dem Kopf durch die Wand: „Obwohl nur drei von elf Sozialverbänden in Bayern die Einführung eines Landesbetreuungsgeldes befürworten, hat das Kabinett heute die Weiterführung des Betreuungsgeldes als Landesleistung beschlossen. Es stellt sich daher die Frage, warum sich die Staatsregierung von Experten beraten lässt, um dann alle Bedenken zu ignorieren.“ „Keinen familienpolitischen, sondern lediglich einen ideologischen Hintergrund“ erkennt die Grünen-Familienpolitikerin Verena Osygan denn auch in diesem über die Bedenken der Fachverbände hinweg gefassten Beschluss.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

24. November 2015 um 21:42h

Abgelegt in Landespolitik,Soziales

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