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Bayern reagiert auf Rückgang der Asylbewerberzugänge

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In den vergangenen Wochen ist die Zahl der Grenzübertritte sowie der Direktzugänge von Asylsuchenden in den bayerischen Aufnahmeeinrichtungen deutlich zurückgegangen. Kamen im Januar noch fast 75 000 Asylbewerber nach Bayern, waren es im Februar 41 600 und im März noch rund 6600. Aufgrund dieser Entwicklung hat der Ministerrat gestern eine Anpassung der bayerischen Asylbewerberunterbringung diskutiert. Danach sollen Asylbewerber künftig länger in den Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht werden, und zwar bis zu 6 Monate. Dies beschleunige die Verfahren, da die Asylbewerber dort für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) besser greifbar sind. Beim Ausbau und Betrieb von Erstaufnahmeeinrichtungen könne zudem verstärkt auf kostenlos zur Verfügung stehende Bundesliegenschaftenzugegriffen werden (+ 14 000 Plätze). Mit diesem Umsteuern in der Flüchtlingspolitik könnte Geld eingespart und damit vor allem die bayerischen Kommunen entlastet werden.

Darüber hinaus stehen auch bestehende Unterkünfte auf dem Prüfstand. Sozialministerin Emilia Müller denkt dabei etwa an die Schließung von Notunterkünften oder den Ersatz bestehender Objekte durch Plätze in Kasernen. Bei der sogenannten Anschlussunterbringung soll in Zukunft wieder verstärkt auf Gemeinschaftsunterkünfte statt auf dezentrale Unterbringung gesetzt werden. Innenminister Joachim Herrmann verwies darauf, dass die Anstrengungen des Freistaates beim Ausbau des sozialen Wohnungsbaus fortgesetzt werden müssen, weil die Zahlen anerkannter Asylberechtigter jetzt weiter ansteigen werden.

SPD und Grüne sehen Integrationsbemühungen gefährdet

SPD und Grüne im Landtag reagierten bestürzt und sparten nicht mit Kritik insbesondere an einer verlängerten Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen, denn, so die sozialpolitische Sprecherin der SPD Angelika Weikert: „Umso länger Flüchtlinge in Erstaufnahmeeinrichtungen verharren, desto schwieriger gestaltet sich ihre Integration.“ Denn in den meisten dieser Einrichtungen gebe es keine Angebote für Sprachkurse oder Angebote zur Arbeitsaufnahme.“ Die Kommunen hingegen hätten sich gewissenhaft auf Integrationsmaßnahmen vorbereitet. Die dort vorhandenen dezentralen Unterbringungs-möglichkeiten seien größtenteils in den Kommunen vor Ort anerkannt und sollten auf jeden Fall weiterhin ein wichtiger Teil des Unterbringungskonzepts der Staatsregierung bleiben.

Auch die asyl- und integrationspolitische Sprecherin der Landtags-Grünen Christine Kamm stellt in ihrer Kritik auf vertane oder gefährdete Chancen bei der Integration ab. Verlängerte Aufenthalte in Gemeinschaftsunterkünften bedeuteten einen „gewaltigen Rückschritt in den Integrationsanstrengungen“, dieser größten Herausforderung für unsere Gesellschaft. „Die Unterbringung in Massenunterkünften zermürbt aufgrund der Enge und der fehlenden Rückzugsmöglichkeiten. Besonders dramatisch ist die Situation für Familien, Frauen und Kinder. Es ist schwierig für Menschen, die in Massenunterkünften leben müssen und mit Sachleistungen versorgt werden, aktive und mündige Bürgerinnen und Bürger unserer Gesellschaft zu werden.“

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

12. April 2016 um 20:14h