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Rettungsdienste: Helferkreis für Erstattungsansprüche soll erweitert werden

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Ein Lohnersatzanspruch gegenüber der Gemeinde sei bei ihm daheim bei der Freiwilligen Feuerwehr geradezu verpönt, meinte einmal in einer einschlägigen Landtagsdebatte (15. April 2015) der CSU-Abgeordnete Peter Tomaschko. Der schöne zugrundeliegende Gedanke hielt und hält wohl auch noch mancherorts die Gemeinden zusammen. Doch im allgemeinen und heutzutage spielen sich Rettungseinsätze unter anderen Bedingungen und auch in anderen Arbeits-Welten ab. Dem trägt auch ein weiterer Gesetzentwurf Rechnung, der gestern von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann dem Kabinett vorgestellt wurde, von diesem gebilligt und nun den Verbänden zur Anhörung zugeleitet wird. Demnach soll der Kreis derer, die im Einsatzfall Lohnfortzahlung beanspruchen können, erweitert werden. Und zwar diejenigen, die von einer Integrierten Leitstelle als sog. nachrückende Kräfte oder zu einem Einsatz wie der Vermisstensuche gerufen werden.

Lücke geschlossen – Grenzziehung zum Ehrenamt verändert

Der genaue Text wurde noch nicht veröffentlicht, und es dürfte noch einige Fallstricke geben. Das wird die Anhörung und später die Diskussion im Landtag ergeben. Mit dem Gesetz würde eine Lücke geschlossen aber auch die Grenzziehung zum Ehrenamt verändert. Den Anfang machten die Freiwilligen Feuerwehren, die bei ihrem öffentlichen oder privaten Arbeitgeber eine Lohnfortzahlung beanspruchen konnten. Mit dem Bayer. Rettungsdienstgesetz vom April 2013 wurden ihnen die Rotkreuzhelfer, die Verletzte versorgen, gleichgestellt. Es gab damals schon Überlegungen, den Kreis zu erweitern, doch es scheiterte schon an der Gesetzessystematik (beschränkter Anwendungsbereich) des vorliegenden Entwurfs. Insbesondere die SPD im Landtag gab jedoch keine Ruhe und verfolgte das Anliegen weiter. Ihr folgten später die Freien Wähler mit eigenen, zum Teil noch weiter gehenden Anträgen, während die Grünen eher im Hintergrund Gespräche mit den Verbänden wie dem Roten Kreuz suchten. Einen zusätzlichen Anlass gab die 2015 einsetzende stäker werdende Anzahl von Flüchtlingen. Warum, so der SPD-Abgeordnete Dr. Paul Wengert bei der Begründung eines Dringlichkeitsantrags (17/5792) im Innen-/Kommunalaussschuss am 15. April des Vorjahres (s.o.), sollen diejenigen, die nach einem Schadens- oder Notfallereignis die Zelte aufstellen oder die Gulaschkanonen füllen, schlechter gestellt werden?

Kritische Beurteilung der Entscheidungsgrundlagen der Integrierten Leitstellen

Tomaschko CSU) hatte damals eingewandt, dass solches, also ein Lohnersatzanspruch, von den Betroffenen gar nicht gewollt sei. Sein Hinweis auf die – gewollte – ehrenamtliche Tätigkeit und die schwierige Grenzziehung mündete in die Frage, wo das enden solle. Am nächsten Tag kämen diejenigen, die traumatisierten Personen Trost oder Hilfe geben/spenden wollen/sollen. Der CSU-Abgeordnete verwies auf das Katastrophenschutzgesetz, das Ersatzansprüche im Katastrophenfall oder bei der Alarmierung durch die Integrierte Leitstelle regelt. Doch dort, so Wengert wiederum, liege der Hase im Pfeffer, nämlich in einer oft ungleichen Behandlung durch unterschiedliche Sichtweisen der Disponenten in der Leitstelle. Ob und inwieweit die Frage jetzt gelöst oder geklärt ist, erscheint durchaus als noch offen. Die Anträge der SPD und der Freien Wähler (5959) nach einer Rettungshelfergleichstellung wurden jedenfalls damals abgelehnt. Der der Freien Wähler übrigens auch von der SPD als zu weitgehend.

Freie Wähler – Ehrenamt nicht abschaffen, sondern mehr wertschätzen

Vor allem unter dem Eindruck des Zugunglücks von Bad Aibling kam es am 7. April dieses Jahres zur Vorlage mehrer Dringlichkeitsanträge, die vom Plenum an den federführenden Innen-/Kommunalausschuss verwiesen wurden. Der behandelte am 13. April einen Dringlichkeitsantrag der SPD (10772), der einen Bericht darüber forderte, in wie vielen Fällen es seit Inkrafttreten des Rettungsdienstgesetzes 2013 es zu Alarmierungen durch die Leitstellen gekommen ist und wie hoch die erfolgten Erstattungen für die Freistellungen waren. Des weiteren solle berichtet werden, wie hoch die zu erwartenden Kosten wären, wenn der Kreis derer, die Erstattungsansprüche stellen können, erweitert werde. Auch solle ein Zeitplan für einen entsprechenden Gesetzentwurf genannt werden. Die Freien Wähler stellten einen Antrag (10799) auf Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Ausweitung der Freistellungs-, Entgeltfortzahungs- und Erstattungsansprüche ehrenamtlicher Rettungskräfte, womit, so heißt es vorsorglich in der Begründung, das Ehrenamt keineswegs abgeschafft, sondern besonders wertgeschätzt und gewürdigt werden solle. Schon vorher hatten die Freien Wähler einen Antrag eingebracht, der nach der Freistellungspraxis bayerischer Ministerien und nachgeordneter Behörden fragte. Dies vor dem Hintergrund, dass der öffentliche Dienst doch mit gutem Beispiel vorangehen solle und zum anderen Berichte über eine restriktive Handhabung kursierten, die noch hinter der von privaten Arbeitgebern zurückstünden. Der FW-Abgeordnete Joachim Hanisch bezeichnete dies in seiner Antragsbegründung als „zögerliche Bereitstellung“ der öffentlichen Arbeitgeber. Eine Fage, die allerdings im weiteren parlamentarischen Verlauf keine große Rolle spielte. Die CSU brachte auch einen Antrag zur Frage geltend gemachter Anspüche ein und wollte zusätzlich geprüft sehen, „ob eine maßvolle Ausweitung der Retterfreistellung auf ehrenamtliche Einsatzkräfte im Umfeld des Rettungsdienstes geboten erscheint“.

SPD: Ziel einer Gleichstellung lässt sich nicht unter Haushaltsvorbehalt stellen

Die Debatte verlief in etwa auf dem Niveau des Vorjahres, allerdings unter dem wesentlichen Aspekt, dass die CSU ihren Prüfantrag gestellt hatte. Damit, so Jürgen Mistol von den Grünen, sei Bewegung in die Sache gekommen. Der CSU-Antrag wurde denn auch einstimmig angenommen. Die der Freien Wähler von der CSU gegen die geschlossene Opposition abgelehnt. Zum ebenfalls einstimmig angenommenen Antrag der SPD war es allerdings eine Woche später (21. April) im Haushaltsausschuss zu einem heftigen Disput gekommen. Denn die CSU-Mitberichterstatterin Mechthilde Wittmann wollte den zweiten Absatz des SPD-Antrags unter Haushaltsvorbehalt stellen. Nicht zu Unrecht sah sie wohl in der Forderung nach einem Zeitplan eine Art Präjudizierung. Aus Sicht der SPD jedoch lässt sich Ziel einer Gleichstellung nicht mit einem Haushaltsvorbehalt vereinbaren (Vokmar Halbleib). Da sie einer dahingehenden Umformulierung des Antrags nicht zustimmte, kam es anschließend zu einer Ablehnung des Antrags durch die CSU.

Das ist vorläufig der parlamentarische Stand. Man kann gespannt darauf sein, wo genau im Rettungswesen die Grenzen zwischen ehrenamtlicher Tätigkeit und bestehendem Ersatzanspruch gezogen werden sollen.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

15. Juni 2016 um 07:59h