MAX-Online

Landtag, Kommunen, Regierung, Organisationen

„Vereinigung der bayerischen Pflege“ ab heute im Parlament

kommentieren

Worum geht es? Die Problembeschreibung des Gesetzentwurfs geht ausführlich darauf ein. Demnach stellen die beruflich Pflegenden die größte Berufsgruppe im deutschen Gesundheitswesen dar. In Bayern sind es über 130000 examinierte Pflegekräfte (zum Vgl. 80000 Ärzte und Ärztinnen). Hinzu kommen statistisch nicht erfasste Pflegekräfte ohne die genannte Ausbildung, etwa Pflegefachhelferinnen und -helfer mit ein- oder zweijähriger Ausbildung oder angelernte Pflegekräfte. Sie alle sind, anders als Ärzte, Apotheker oder auch Kindertherapeuthen, nicht in Kammern (Pflichtmitgliedschaft) sondern in privatrechtlichen Berufsverbänden organisiert. Nach deren Angaben liegt der Organisationsgrad verhältnismäßig niedrig, und zwar für examinierte Pflegekräfte bei ca. 10 Prozent. Etwa 20 Prozent der Pflegekräfte sind gewerkschaftlich organisiert.

Ziel: eine starke Stimme für die Pflege

Den Pflegekräften soll nun über diese lose Verbandsstruktur hinaus eine starke Stimme gegeben werden, und zwar, wie es der heute in Erster Lesung zu behandelnde Gesetzentwurf der Staatsregierung vorsieht, in Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Allerdings mit deutlichen Unterschieden zur Kammer-Form. Und darum geht im wesentlichen der Streit in der nun schon jahrelangen Diskussion. Es gab Anhörungen im Landtag, es gab Mitgliederbefragungen und auch einen runden Tisch der Staatsregierung. Der frühere „Lebens“minister“ Dr. Markus Söder war dafür. Auch die meisten anderen Bundesländer wählten diese Organisationsform bzw. tendieren dazu. Das gleiche gilt für die meisten einschlägigen Berufsverbände, aber eben nicht für alle. Und der Streit geht wie bei BRK oder auch bei ver.di bis tief in die Organisationen hinein. Noch während letzte Woche das Kabinett über den Gesetzentwurf beriet, machten sich vor der Staatskanzlei Tausende für die Kammerlösung stark. Eine Lösung, der Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml schon vor über einem Jahr als Alternative den sogenannten Pflegering entgegengestellt hatte. Der Entwurf, der u.a. eine sehr umstrittene freiwillige Mitgliedschaft vorsieht, kam in die Verbandsanhörung, an der sich allerdings wichtige Gruppen aus Protest nicht beteiligten.

CSU mehrheitlich gegen Kammerlösung – doch Fragezeichen bleiben

Ab heute hat der Landtag das Heft in der Hand. Die CSU schien ursprünglich sehr geteilter Meinung. Es gab vorsichtige Abwägungen durch den Sprecher für Gesundheit und Pflege, Bernd Seidenath, doch zuletzt sprach sich aus ihren Reihen im wesentlichen nur noch der Pflegebeauftragte der Staatsregierung, Hermann Imhof, für eine Kammerlösung aus. Nach wie vor unwägbar bleibt die Stimme des früheren Ministers Dr. Thomas Goppel. Er führt wichtige Verbände an, einschlägig in diesem Fall die Seniorenvertretung der CSU. Aus Goppels Mund stammt die Bemerkung (gegenüber MAX) „wenn die das sagen, dann ist was faul“. Gemünzt war dies auf die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), deren Mitglied „Arbeitgeberverband Pflege“ strikt gegen eine Kammerlösung ist. In späteren Abstimmungen zeigte sich Goppel allerdings fraktionstreu, verbunden jedoch mit persönlichen Erklärungen, die sein Verhalten relativierten und ihm eine endgültige Entscheidung mit Blick auf die ausformulierten Inhalte des Gesetzentwurfs offen hielten.

Freie Wähler und Grüne pro und SPD gegen Kammerlösung

Die Opposition ist sich nicht einig. Die Freien Wähler mit Dr. Peter Bauer und die Grünen mit Ulrich Leimer kämpfen vehement für eine Kammerlösung und können ihre Fraktionen hinter sich wissen. In der SPD-Fraktion gab es vor Jahren noch ein uneinheitliches Bild. Das hat sich vor allem nach einem entsprechenden Parteitagsbeschluss geändert. Und Karin Sonnenholzer, Vorsitzende des Gesundheits-/Pflegeausschusses im Landtag sowie stv. Vorsitzende des Landesgesundheitsrats, konnte seitdem auf ihre Fraktion in ihrer ablehnenden Haltung zu der Kammerlösung zählen. Allerdings hatte die streitbare und fachlich sehr versierte langjährige Abgeordnete in der Debatte zur Regierungserklärung von Ministerin Huml am 19. Mai letzten Jahres auch einen Pflock eingeschlagen: „Wir wollen, dass in diesem Pflegering definitiv die Pflegenden das Sagen haben, nicht etwa andere Berufsgruppen.“ Ob und inwieweit sich die „Vereinigung der bayerischen Pflege“ daran messen kann, werden die künftigen Debatten im Landtag zeigen.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

18. Oktober 2016 um 10:57h

Abgelegt in Allgemein,Landespolitik,Soziales

Schlagwörter: