Kabinett: Ringen um reine Luft
„Um die Luftreinheit in Bayerns Großstädten zu verbessern, setzt die Staatsregierung auf ein umfassendes Maßnahmenpaket und erteilt pauschalen Fahrverboten für Diesel-Fahrzeuge eine Absage.“ So vage und unbestimmt wie die einleitende Zielvorgabe des Kommuniques der Staatsregierung zur Luftreinhaltung bzw. -reinigung sind sowohl die beschriebenen Maßnahmen als auch die ablehnende Haltung zu Alleingängen von besonders Betroffenen. Fast folgerichtig wird denn auch auf Mitte Juli abschließend zu treffende Entscheidungen verwiesen, wenn Gespräche mit der Wirtschaft und den Kommunen stattgefunden hätten.
Dass ein solches mit dem Oberbürgermeister der mit einem „Diesel-Fahrverbot“ lieb-äugelnden Landeshauptstadt schon stattgefunden hat, ist bekannt. Ein Zusammentreffen zwischen den Spitzen der in Bayern ansässigen Automobilkonzerne und Ministerpräsident Seehofer samt beteiligten Ressortchefs ist für heute anberaumt. Von diesem kann oder könnte eine wichtige Signalwirkung ausgehen. Alles andere hängt ggf. davon ab, inwieweit man einer freiwilligen Selbstverpflichtung eines Industriezweigs traut, der offensichtlich schon gesetzliche Grenzen lediglich als zu überwindende Hürde betrachtet (hat).
Als weitere geplante Maßnahme neben dieser angepeilten „Verbesserung der Flottenwerte bei Diesel-PKW“ – wie es schön formuliert wird – werden im beschlossenen Paket aufgeführt: Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs, Maßnahmen zur intelligenten Verkehrssteuerung, Förderung der Elektromobilität in Innenstädten sowie Ausbau des Radverkehrs. Altbekanntes und Wiederholtes aus früheren Kabinettsbeschlüssen.
SPD: reine Symbolpolitik der Staatsregierung
Die SPD-Landtagsfraktion weist denn auch die Vorschläge der Staatsregierung zur Lösung des Stickoxid-Problems als reine Symbolpolitik und völlig ungeeignet zurück. An eine kurzfristige Senkung der Stickoxid-Belastungen sei gar nicht zu denken, meint der SPD-Umweltpolitiker Florian von Brunn. „Es werden ja nur wolkige Allgemeinplätze verbreitet, aber keine einzige konkrete Maßnahme oder konkrete Zielvorgaben definiert.“ Von Brunns Vertrauen in angekündigte Beschlussfassungen für Mitte Juli reicht offenbar nicht weit. SPD-Verkehrsexperte Bernhard Roos betont, dass freiwillige Vereinbarungen angesichts des Drucks von EU und anhängigen Gerichtsurteilen das völlig falsche Instrument seien. Dabei seien Fahrverbote aber die absolute Ultima Ratio. Die Industrie soll den Schuss zwar hören, aber vorsichtshalber setzt Roos einen Schalldämpfer auf.
Grüne: saubere Luft zum Atmen ins Zentrum politischen Handelns
Klar in der Aussage die Grünen. Landessprecher Eike Hallitzky. „In Deutschland sterben jährlich doppelt so viele Menschen an Abgasen aus Fahrzeugen als bei Unfällen auf Straßen. Saubere Luft zum Atmen sollte als Selbstverständlichkeit im Zentrum des politischen Handelns stehen. Kurzfristig brauche es Fahrverbote. Sie verbessern unmittelbar die Atemluft für hunderttausende Menschen. Und sie machen den Automobilherstellern den nötigen Druck, ihre Fahrzeuge schadstoffärmer zu bauen und die alten Autos für die Besitzer kostenfrei nachzurüsten.