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Landtag, Kommunen, Regierung, Organisationen

Vorschau: Heute im Landtag (Dienstag, 9. Juli)

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Thema verfehlt“ oder „Gibt es nichts Wichtigeres heute“ könnte man sich oft fragen, wenn man erfährt, was die Landtagsfraktionen als Themen für die „Aktuelle Stunde“ des Landtags vorschlagen. Solches findet sich umgekehrt oft in den meist eine Woche vorgeplanten normalen Tagesordnungen der Ausschüsse. Wie heute nachmittag, wenn es um Seenotrettung oder auch die Findung eines EU-Komissionspräsidenten geht. Daneben stehen Themen, die nur wenige betreffen, diese aber sehr hart – Beispiel „seltene Krankheiten“.

EU-Kommissionspräsidentschaft: Ermunterung“ der EU-Parlamentarier für „selbstbewusste und selbstbestimmte Personalentscheidung“

Mit Business as usual kann man den Auftakt der heutigen Tagesordnung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten bezeichnen. Die Abgeordneten führen ein Informationsgespräch mit Karl-Heinz Lambertz, dem Präsidenten des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR), einer beratenden Einrichtung der EU, die sich aus lokal und regional gewählten Vertretern aller 28 Mitgliedsländer zusammensetzt. Tagesaktueller und emotionaler wird es beim darauf folgenden Antrag der SPD „EU-Demokratie stärken: Ja zum Spitzenkandidatinnen- bzw. Spitzenkandidatenprinzip (Drs. 18/2882). Dazu sollten sich die Abgeordneten des Landtags bekennen und ihre KollegInnen des Europaparlaments ermuntern, eine selbstbewusste und selbstbestimmte Personalentscheidung für die EU-Kommissionspräsidentschaft zu treffen.

Menschenrettung und Interessensschutz

Seenotrettung ist kein Verbrechen“ – „Keine Solidarität mit Verbrechern!“: Damit ist auf den Punkt gebracht, wenn heute Nachmittag zwei Anträge zur Seenotrettung aufgerufen werden ((auch wenn es dem Autor schwerfällt, sie hier wenn auch nur formal irgendwie gleichwertig nebeneinanderzustellen)). Die SPD fordert, dass sich der Landtag mit der Crew der Sea-Watch 3 und deren in Italien festgenommenen Kapitänin Carola Rackete erklärt (Drs. 18/2867). Die Ereignisse haben diesbezüglich den Antrag etwas überholt, doch darauf wird es in der Debatte weniger ankommen, sondern um die grundsätzliche Forderung der SPD, dass der Landtag feststellen soll, dass die Sea-Watch 3 wie vergleichbare Nichtregierungsorganisationen Seenotrettung auf der Grundlage des Völkerrechts und internationalen Seerechts durchführen. Demnach seien Schiffsführer auf hoher See verpflichtet, bei Seenot ohne schuldhaftes Zögern Hilfe zu leisten. Dem gebührten Dank, höchste Anerkennung und Respekt. Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich bei den EU-Mittelmeeranrainerstaaten dafür einzusetzen, dass Search- and Rescue-Schiffe wie die Sea-Watch 3 europäische Häfen ungehindert ansteuern und aus ihnen wieder auslaufen können. Auch Suchflüge in der Seenotrettungszone seien zu unterstützen.

Die AfD hat explizit dazu einen Antrag nachgereicht „Rechtsstaat schützen – Keine Solidarität mit Verbrechern!“ (Drs. 18/2935)Der Landtag solle zur Seenotrettung als wichtige Pflicht der Seefahrer stehen, was auch beinhalte, den Geretteten in den nächsten, sicheren Hafen zu bringen, jedoch nicht die Überfahrt und Aufnahme in EU-Länder. Es sei aus diesem Grunde aufs Schärfste zu verurteilen, wenn Schiffsbesatzungen sich über geltendes Recht und aktuelle Rechtsprechung hinwegsetzen, um den EU-Bürgern ihre Ideologie aufzuzwingen und sich in Schleppermanier betätigen. Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Deutschland sich nicht in die juristischen Angelegenheiten anderer Staaten einmischt und Kriminelle nicht zu Helden hochstilisiert. Stattdessen soll die Bundesregierung unsere Verbündeten konsequent bei der Strafverfolgung unterstützen, sofern dies gewünscht wird.

Bericht zu Aufgabenerfüllung des Landespersonalausschusses

Im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes berichtet die Vorsitzende des Landespersonalausschusses, Dr. Sigrid Schütz-Heckl, über die Tätigkeit der Institution im vergangenen Jahr. Dies berührt u.a. die einheitliche und gerechte Durchführung der beamtenrechtlichen Vorschriften bei allen öffentlichen Dienstherren im Freistaat Bayern. Dies gilt vor allem für für Entscheidungen über die Einstellung und Beförderung von BeamtInnen,bei der alle sachfremden Einflüsse ausgeschlossen werden sollen. Der Landespersonalausschuss berät außerdem die kommunalen und staatlichen Dienststellen bei laufbahnrechtlichen Fragen, klärt die Erfolgsaussichten von Anträgen an den LPA, ist bei der Erstellung sachdienlicher Anträge behilflich und führt die Auswahlverfahren für die Ausbildungsberufe in der öffentlichen Verwaltung und der Justiz sowie für die Studiengänge an der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern durch.

Gespannt sein kann man auch auf die Vorstellung des LGL-Jahresberichts 2018 im Ausschuss für Gesundheit und Pflege. Dabei bezieht sich Präsident Dr. Andreas Zapf auf die gesundheitlichen Themen, mit denen sich das Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit befasst hat.

Kind mit „seltener Erkrankung“ – Weiterbehandlung im Erwachsenenalter

Mit sogenannten seltenen Erkrankungen hat sich der Ausschuss in der letzten Zeit schon öfter befasst. Ein gemeinsamer Antrag von CSU und Freien Wählern (Drs. 18/2613) befasst sich nun mit dem Thema Transition, also des Übergangs der Behandlung von Kindern zu einer adäquaten Gesundheitsversorgung im Erwachsenenalter. In Deutschland leiden etwa 4 Mio. Menschen an einer seltenen Erkrankung (EU-Definition: wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind). Wie die Antragsteller in ihrer Antragsbegründung erläutern, fehlen allerdings für die meisten seltenen Erkrankungen strukturierte Transitionsprogramme vom Jugendalter in die Erwachsenenmedizin einschließlich passender Anlaufstellen, Spezialambulanzen, Notfall-versorgungen und Aufnahmestationen in Kliniken. Die Frage der Transition sei jedoch von fundamentaler Bedeutung. Denn etwa 80 Prozent der seltenen Erkrankungen sind genetisch bedingt oder mitbedingt. Die meist im Kindesalter manifesten Erkrankungen haben heute unter verbesserter Diagnostik und Therapie eine höhere Lebenserwartung. Einige der kinderneurologischen Erkrankungen sind in der Erwachsenenmedizin bisher wenig bekannt, wie zum Beispiel spezielle Muskelerkrankungen oder seltene Stoffwechselerkrankungen. Mit Vollendung der Volljährigkeit jedoch wissen PatientInnen nicht mehr, wo sie für eine spezielle Behandlung hingehen sollen. Die Spezialisten sind Kinderärzte, die Erwachsene aber nicht mehr behandeln dürfen. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass Medikamente eins zu eins von Erwachsenen auf Kinder ohne kontrollierte Studien übertragen werden. Eine reine Berechnung gilt da als Grundlage. Fazit: Ein patientengerechter Übergang der Behandlung von Kindern mit seltenen Erkrankungen zu einer adäquaten Gesundheitsversorgung im Erwachsenenalter ist gegenwärtig nicht gewährleistet.

An dieser Stelle setzt der Antrag an. Im Jahr 2017 war das Zentrum für Seltene Erkrankungen Erlangen (ZSEER) als fachübergreifende interdisziplinäre Einrichtung des Universitätsklinikums Erlangen und der Medizinischen Fakultät im gegründet worden, und ist vor allem ein Portal für Patienten sowie für behandelnde Ärzte mit dem Ziel der Verbesserung der Diagnostik und Therapie von seltenen Erkrankungen. Nun – so der Antrag – solle dort die Einrichtung einer übergeordneten Koordinationsstelle zum Thema Transition unterstützt werden. Das Thema Transition sei eine Querschnittsaufgabe. In Erlangen betrifft Transition alle Spezialzentren (B-Zentren) des Zentrums für Seltene Erkrankungen wie beispielsweise das Zentrum für Neuromuskuläre Erkrankungen, für Seltene Epilepsien oder für Seltene Entwicklungsstörungen. Wichtig ist daher, alle die Transition betreffenden Bereiche in einer übergeordneten Koordinationsstelle bzw. zentralen Anlaufstelle innerhalb des ZSEER zu bündeln und zu koordinieren. Im Fall eines Zuschlags soll die Staatsregierung sich zudem dafür einsetzen, dass das Klinikum Erlangen mit den Kostenträgern verhandelt, um eine Mitfinanzierung der Stellen zu erreichen.

Veraltete Wohnungsraumförderbestimmungen – Entschlackung der Bauordnung

Im Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr berichtet das zuständige Ministerium über die Wohnungsraumförderbestimmungen 2012. Die Grünen hatten eine dahingehende Anpassung beantragt, dass die Bindungsdauer für Sozialwohnungen verbindlich auf 40 Jahre festgelegt wird, im Fall einer vorzeitigen freiwilligen Rückzahlung der Darlehen die Bindungen frühestens mit Ablauf der planmäßigen Bindungsdauer enden und dass für die Höhe der Beträge im Rahmen der Zusatzförderung bis zum Ende der Bindungsdauer eine Dynamisierung, d.h. eine automatische Anpassung an die Mieten- und Einkommensentwicklung, festgelegt wird.

Die Durchführung einer Expertenanhörung zur Novellierung und Entschlackung der Bayerischen Bauordnung (Drs. 18/2364) fordert die FDP. Ziel ist die Gewinnung praxisnaher Einblicke und Erfahrungen, was dazu beitragen soll, dass schneller, günstiger und insbesondere mehr gebaut wird. Gefragt wird beispielsweise nach konkreten Vorschlägen, um die BayBO mit ihrem gesamten Anhang (inkl. aller Verordnungen) in ihrer Komplexität zu reduzieren und praxistauglicher zu gestalten. Und auch welche elche Auswirkungen solche auf den Wohnungsmarkt, die planenden und freien Berufe und die gesamte Bau- und Immobilienwirtschaft hat. Jedes Jahr, so führt die FDP in der Antragsbegründung auf, müssten allein in Bayern 70.000 Wohneinheiten fertiggestellt werden, um den Bedarf zu decken. Auch wenn die Anzahl an fertiggestellten Wohnungen kontinuierlich zunehme, würde die Zielmarke in den Jahren 2017 und 2018 um jeweils 10.000 verfehlt. Um den Neubaubedarf zu befriedigen, müsse der Wohnungsbau erleichtert und beschleunigt werden.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

09. Juli 2019 um 10:29h

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