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„Winnerland Bayern“ – strategische Zukunftsausrichtung in der Welt

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Das bayerische Kabinett hat gestern eine ausgesprochen wuchtige – um im Jargon der Staatsregierung zu bleiben – Weichenstellung für eine strategische Zukunftsausrichtung bei der Präsenz Bayerns in der Welt beschlossen. Die zentralen Interessen als eigenständig sichtbarer Akteur sollen nicht nur in Deutschland und der Europäischen Union, sondern international kraftvoll vertreten werden. Das dazu verbreitete Kommunique schloss sich einem anderen Kabinettsbeschluss an, nämlich zur digitalen Zukunft Bayerns. Dessen Endausrichtung hatte Ministerpräsident Horst Seehofer vorgegeben: „Wir wollen, dass Bayern und seine Menschen mit dem Masterplan zu Gewinnern der digitalen Revolution werden.“ Ins Bild einfügen kann man eine dritte Meldung, diesmal aus dem Wirtschaftsministerium, die die oben erwähnte Weichenstellung in die Praxis umleitet: Staatssekretär Franz Josef Pschierer: „Wir wollen Bayern als innovativen und leistungsstarken Partner auf dem aserbaidschanischen und georgischen Markt platzieren.“

Pschierer ist gestern mit einer großen Wirtschaftsdelegation nach Aserbaidschan und Georgien abgereist. „Im ersten Quartal 2017 hat der bayerische Außenhandel erneut deutlich zugelegt. Die Exporte sind um 7,4 Prozent gestiegen. Auch die bayerischen Exporte nach Aserbaidschan und Georgien folgen diesem Trend“, betont der Wirtschaftsstaatssekretär, und sogar ganz deutlich im Unterschied zur bundesweiten Entwicklung. „Verstärkte Beteiligung bayerischer Unternehmen an staatlichen Investitionsprojekten“ oder so ähnlich beschreibt die Pressemeldung des Ministeriums die Ziele der Reise in Länder, die beide hinsichtlich der Einhaltung von Menschenrechten und Pressefreiheit kritisiert werden. Georgien beispielsweise wird oft als „defekte Demokratie“ mit eingeschränkter Gewaltenteilung eingeordnet. In Aserbeidschan, auf Platz 162 von 180 in Sachen Pressefreiheit eingeordnet, sollte im vergangenen Jahr ein privater Fernsehsender abgeschaltet werden, weil er angekündigt hatte, ein Interview mit dem in den USA lebenden türkischen Oppositionellenführer Gülen auszustrahlen – „im Interesse der strategischen Beziehungen zur Türkei“ wie die Rundfunk-Aufsichtsbehörde damals begründete.

Auf solches muss in einer Pressemeldung des Wirtschaftsministeriums vielleicht nicht unbedingt verwiesen werden. Aber in einem langen, einer solchen Wirtschaftsreise den Rahmen vorgebenden Kommunique einer Kabinetts? An dessem Tisch sitzen zwar kein Menschenrechtsminister oder eine Staatssekretärin für Belange der Pressefreiheit, aber es sind durchaus Ressorts vertreten, die dazu den Finger heben könnten. Erkennbar wird hierzu nichts aus dem Kommunique, das ja eine Botschaft sein soll. Und diese ist eindeutig ausgerichtet. Neben Wirtschafts- auch neue politische Repräsentanzen in Kiew und in Tel Aviv unter Federführung der Staatskanzlei sind zweifellos sinnvoll. Die Intensivierung der Zusammenarbeit mit den östlichen Nachbarn, Ausbau der Präsenz im arabischen Raum, Eröffnung neuer Wirtschafts-Repräsentanzen in West-China, im Iran und in Südkorea – all das wird dynamisch erläutert und soll ebenso vorangetrieben werden.

Ganz abgesehen davon was das kostet, ob und wie es im Staats-Haushalt untergebracht oder sonst wie finanziert wird – was stört, gar abstößt ist der Ton. Als ob keine Vorsicht hinsichtlich des in Rede stehenden deutschen Exportüberschusses angebracht, als ob keine Kritik in Sachen Staatsegoismus in der Welt wären – Bayern trump(f)t auf.

Written by Helmut Fuchs

Mai 31st, 2017 at 8:41 am