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Energiewende: CSU-Pläne geraten in heftige Kritik

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Die heute den Klausurberatungen des Vorstands der CSU in Kloster Andechs zugrunde liegenden Pläne und Papiere sind wie erwartet auch auf heftige Kritik gestoßen. Moniert werden fehlende konkrete Aussagen zum Abschalten der einzelnen Atomkraftwerke oder Revisionsklauseln, die vielen Plänen ein „Hintertürchen öffnen“. Zu letzterem versichert allerdings CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, dass solche geplante ständige Überprüfungen des Ausstiegswegs nur der Umsetzung des Energiewechsels dienten. Ziel sei die endgültige Stillegung von Isar 1 und das Abschalten der weiteren vier bayerischen Atommeiler Zug um Zug bis 2022. Bis zum endgültigen Ausstieg habe Sicherheit weiter oberste Priorität auch unter Einbeziehung notwendiger sicherheitstechnischer Nachrüstung. Das heute vom CSU-Vorstand abzusegnende Konzept kommt am Dienstag kommender Woche auf die Tagesordnung des bayerischen Kabinetts. Dort stößt es auf zu erwartenden Widerstand der FDP unter Wortführung des zuständigen Fachministers

Koalitionsfrage – Handeln gegen eigene Überzeugung – Weiter wie bisher

Die FDP hat sich insbesondere zum Wiederausstiegsdatum weit aus dem Fenster gelehnt und auch ihre Bataillone mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) gesammelt: Tenor – ein Ausstieg aus der Kernkraft ist bis 2022 nicht möglich ohne Schaden für Bayern sowie deren Wirtschaft. Und zwar verbunden mit deutlich höheren Strompreisen für die Verbraucher, der Nichteinhaltung von Klimaschutzzielen und notwendiger Zulieferung von Atomkraft aus dem Ausland. Bleibt die FDP bei ihrer Haltung, steht die Koalition auf der Kippe. Gibt sie nach, stellt sich die Frage, ob ein gegen seine Überzeugung handelnder Minister für das Ressort noch tragbar ist. Jeder Kompromiss lässt befürchten, dass die weitere Arbeit in Exekutive und Parlament weiter so geführt wird wie bisher.

Nun ist es nicht so, dass die FDP politisch mit ihren Warnungen vor übereiltem Handeln und damit verbundenen Nachteilen alleine steht. Zuletzt hat sich der Bayerische Landkreistag in seiner Jahresversammlung Mitte dieser Woche als weiterer Warner positioniert. Präsident Jakob Kreidl forderte „sauber durchdachte Konzepte“ und Nachhaltigkeit gehe vor Schnelligkeit. Bruchstellen zum Konzept der CSU werden auch an Einzelbeispielen erkennbar. So wenn er entscheidende Veränderungen des Landschaftsbilds durch Windkraftanlagen ablehnt. Das ist Wasser auf die Mühlen lokaler Windkraftgegner und trägt keineswegs dazu bei, die Bevölkerung – wie auch in CSU-Papieren beschworen – auf dem Weg in eine neue Energiezeit mitzunehmen.

FW-Glauber: „Auf einen weiteren Debattierclub kann ich gut verzichten.“

Andererseits fehlt es nicht an anderen Positionen, die dem „CSU-Konzept“ Brauchbarkeit und/oder Umsetzungswillen absprechen. Der energiepolitische Sprecher der Freien Wähler im Landtag, Thorsten Glauber, wirft beispielsweise dem Konzept der CSU-Landtagsfraktion – welches im Rahmen eines Kompromisses mit Basis für die heutigen Beratungen ist – vor, weit von einer wirklichen Energiewende entfernt zu sein. „Mut und Innovation“ sähen anders aus. Auf dieser Basis brauche man sich etwa in einem Energieausschuss gar nicht an einen Tisch zu setzen. „Auf einen weiteren Debattierclub kann ich gut verzichten.“

SPD-Generalsekretärin Kohnen empfiehlt CSU Nachsitzen in Andechs

Die Generalsekretärin der Bayerischen SPD, MdL Natascha Kohnen, empfiehlt der CSU „Nachsitzen“ in Andechs. Dort solle diese ihre Hausaufgaben erledigen und den Bürgerinnen und Bürgern „klare Antworten auf zentrale Fragen“ liefern. Doch eher sei zu befürchten, dass es Seehofer abermals nicht schaffe, sich gegen Bremser innerhalb der eigenen Reihen durchzusetzen. Dies widerspricht zwar einer verbreiteteren Einschätzung von außen, doch Kohnen glaubt/behauptet munter weiter, dass der Regierungschef gegenüber der Landtagsfraktion den Kürzeren gezogen habe. Inhaltilich verweist sie auf weitere bestehende Unsicherheiten und Unwägbarkeiten, was das Abschalten einzelner bayerischer AKW angeht oder auch die Revisionsklauseln. Als Forderung wiederholt sie das Anliegen der SPD nach mehr Geld für die Energiewende. Gerade nach den sprudelnden Steuermehreinnahmen müsse ein entsprechender Nachtragshaushalt gestaltet werden.

Grüne: „keine Konsenslinie“ – CSU hechelt Entwicklung hinterher

Die Landtags-Grünen verweisen erst einmal auf Grundsätzliches. Das Kompromissdatum 2022 bleibe deutlich hinter dem alten rot-grünen Atomkonsens zurück. Jetzt, so der energiepolitische Sprecher Ludwig Hartmann, lege die CSU nicht nur zwei Jahre drauf, sondern öffne mit ihren Revisionsklauseln noch jede Menge Hintertürchen“. „Technisch gesehen“ ist für Hartmann eine deutlich schnellere Energiewende möglich. Den Kompromiss zwischen Seehofer und Landtagsfraktion bezeichnete er als bloßes „parteiinternes Befriedungspapier“. Auch die Grünen-Landesvorsitzenden Theresa Schopper und Dieter Janecek können für sich „keine Konsenslinie“ für den Ausstieg aus der Atomenergie erkennen. Entgegen dem Anschein, den Seehofer erwecken wolle, stellen sie fest: Die CSU „hechelt der Entwicklung mühsam hinterher. Sie tue sich schwer mit der Revolution, die ihr Vorsitzender aus taktischen Gründen verordnet habe.

BN: Bevölkerung ist mehrheitlich bereit, die Herausforderungen anzunehmen

Der Bund Naturschutz in Bayern begrüßte zwar ein etwas schnelleres Tempo, kritisierte aber den geplanten Weiterbetrieb von AKWs bis 2022. Die CSU müsse die Lehren aus dem Atomdesastern in Fukushima und Tschernobyl ziehen und „im Interesse der Zukunftsfähigkeit Bayerns endlich über ihren Schatten springen und den Sofortausstieg aus der Atomenergie beschließen, appellierte BN-Landesvorsitzender Prof. Hubert Weiger. Weitere elf Jahre mit den Risiken eines Atomunfalls und einer Verstrahlung weiter Landesteile seien weder ethisch vertretbar noch der Bevölkerung aufzubürden. Diese sei mehrheitlich bereit, „die Herausforderungen einer ehrlichen, ökologischen Energiewende anzunehmen.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

20. Mai 2011 um 12:12h