Archive for the ‘Umwelt’ Category
Heute, 27.2., im Landtag: Strassenersterschließungsbeiträge, der Wolf in Bayern u.a.
Die Straßenausbaubeitragssatzung in Bayern ist zwar abgeschafft – doch zuletzt bargen die „Strebs“, also die Erhebung von Straßenersterschließungsbeiträgen für Uralt-Straßen, erhebliches Verunsicherungspotential für betroffene Straßenanrainer. Um hier Rechtssicherheit für Bürger und Bürgermeister zu schaffen, haben sich Freie Wähler und CSU auf ein neues Verfahren geeinigt: Ab sofort können Gemeinden im Zeitraum 2018 bis 2021 entstandene Strebs-Beiträge nach eigenem Ermessen erlassen. Einzelheiten dazu wollen Vertreter der beiden Fraktionen heute in einer gemeinsamen Pressekonferenz mitteilen (12 Uhr; PK-Raum des Landtags).
Fachgespräch zum Wolf in Bayern im Agrarausschuss
Auch heute tagen nicht alle der üblichen Mittwochausschüsse. Ein einigermaßen umfangreiches Arbeitspensum hat lediglich der Landwirtschaftsausschuss vor sich (9:15 – 13 Uhr; Konferenzsaal). Auf der Tagesordnung steht ein Fachgespräch zum Thema “Betroffenheit der Bäuerinnen und Bauern durch den Wolf”. Verbände wie der Alpwirtschaftliche Verein oder Vertreter der Schafhalter sind zu dieser Anhörung eingeladen. Hinzu kommen Fachbeamte aus den von der Thematik betroffenen Behörden, also vor allem aus dem Umwelt- und dem Landwirtschaftsministerium, zu Gehör. Das Problem – der Wolf wird seit 2006 in Bayern nachgewiesen – stellt sich zumindest dem Laien als überschaubar dar. Denn bekannt wurden im Vorjahr nur wenige Vorfälle, bei denen fünf Schafe und drei Kälber vom Wolf gerissen worden waren. Pro Tier wurden fast 3000 Euro als Entschädigung gezahlt – von den Landwirtschaftämtern natürlich. Auch die Anzahl der Wölfe in Bayern ist überschaubar. Neben meist durchziehenden Jungtieren gibt es einige ständig dort lebende Wolfspaare z.B. auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr oder im Bayerischen Wald. Wenn Schutzmaßnahmen wie Zäune nicht greifen, dürfen – als letztes Mittel – verhaltensauffällige Wölfe abgeschossen werden.
Beschäftigungssituation in Staatsforsten – Ombudsstelle für Handelspraktiken
Danach stehen einige (Dringlichkeits-)Anträge auf der Tagesordnung. Die Grünen wollen einen Bericht zur „Prekäre(n) Situation für Forstabsolventen“ (Drs. 18/307). – Sie begründen den Antrag damit, dass die Staatsregierung offenbar plane, von ihren bisherigen Versprechungen und Ankündigungen abzurücken und im Doppelhaushalt 2019/2020 keine zusätzlichen Stellen und mehr finanzielle Mittel für das Waldumbauprogramm 2030 und den Waldpakt 2018 mit den forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen bereit zu stellen. Mit der Folge, dass weitaus weniger Stellen als versprochen und notwendig in der Forstverwaltung eingesetzt werden konnen. Zur grundsätzlichen Frage, inwieweit dies zutrifft, stellen die Grünen konkrete Einzelfragen zur Beschäftigungssituation und den Planungen im Staatswald sowie zur Gewinnerwartung der Bayerischen Staatsforsten.
In einem weiteren Antrag fordern die Grünen eine Ombudsstelle für faire Handelspraktiken (Drs. 18/154), und zwar für die Beratung, rechtliche Aufklärung, den Informationsaustausch und Mediation für landwirtschaftliche Betriebe, Erzeugerorganisationen und Verarbeitungs- und Vermarktungs-unternehmen, um zu mehr Fairness entlang der Wertschöpfungskette in der Lebensmittelerzeugung zu gelangen. Denn entlang dieser Wertschöpfungskette herrsche zwischen der Landwirtschaft, den Verarbeitern und dem Handel ein Ungleichgewicht, da in der Regel die zwar vielen, aber doch sehr individuellen Betriebe der konzentrierten Macht der Handelskonzerne relativ hilflos gegenüberstehen. Folge: Unfaire Handelspraktiken wie verspätete Zahlungen, Leistungsgebühren, kurzfristige Stornierungen, einseitig und rückwirkende Vertragsänderungen und vieles mehr.
Bayerische Humusstrategie – mehrjähriger Energiepflanzenanbau
Auch die SPD hat zwei Anträge eingebracht. Der erste hat zum Ziel, dass „Die Fruchtbarkeit unserer Böden erhalten und effektiver Klimaschutz gewährleistet werden“, und zwar mit einer „bayerischen Humusstrategie“ (Drs. 18/204). Das heißt insbesondere: freiwillige Anhebung des Grundwasserstands von drainierten Moorböden, Demonstrationsnetz zu humusmehrenden Bewirtschaftungsweisen, Förderprogramme im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen. Denn, so die SPD erläuternd, unsere Böden bestehen aus drei Komponenten: Humus (organische Bodensubstanz), Bodenleben und Mineralteilchen. Der Humus ist essenziell für die Fruchtbarkeit der Böden, die Speicherung von Nährstoffen und die Schaffung eines optimalen Bodengefüges, welches für die Speicherung von Wasser von entscheidender Bedeutung ist. Darüber hinaus stellt Humus eine bedeutende Kohlenstoffsenke dar.
Mit dem zweiten Antrag fordert die SPD eine „Förderung des mehrjährigen Energiepflanzenanbaus (zu) installieren“ (Drs. 18/284), und zwar bis zum Beginn der neuen Förderperiode nach dem Jahr 2020. Darüber hinaus sollen Landwirte bayernweit über die bisherigen Ergebnisse der Forschungsarbeiten im Bereich des mehrjährigen Energiepflanzenanbaus informiert werden, um die Vorzüge dieser Bewirtschaftungsform besonders in sensiblen Gebieten darzustellen. Begründung: Durch den Anbau von mehrjährigen Energiepflanzen werden dauerhaft und nachhaltig hohe Biomasseerträge erzielt. Ökologisch gesehen bieten mehrjährige Energiepflanzen viele Vorteile, so ist der Pestizideinsatz gegenüber konventionellen einjährigen Kulturen sehr gering und die Gefahr der Erosion fast vollständig auszuschließen. Darüber hinaus bieten viele Kulturen wie beispielsweise die Durchwachsene Silphie oder Wildpflanzenmischungen, ein enormes Nahrungspotenzial für Insekten.
Der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen (9:15 Uhr; Saal 3) behandelt mehrere Antrags-Mitberatungen u.a. zu bezahlbarem Wohnraum, dem Familiengeld auch für alle Eltern, die ein Kind zur Pflege aufgenommen haben, sowie zur Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Bayern. Der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst folgt einer Informations-Einladung von Staatsminister Bernd Sibler in sein Ministerium.
Heute, 26.2., im Landtag : Aktuelle Stunde: AfD will Abschaffung der GEZ-Gebühren, Klimaschutz
Die Fraktion der AfD, erstmals seit ihrer Landtagszugehörigkeit vorschlagberechtigt für ein Thema der Aktuellen Stunde wählte zum Thema der Aktuellen Stunde im Landtag: „Meinungsvielfalt statt Medienmanipulation: GEZ-Zwangsbeiträge abschaffen.“ Weitaus tagesaktueller ist der zweite die Tagesordnung bestimmende Punkt, nämlich der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen CSU und Freie Wähler, der auf eine Änderung der Bayerischen Verfassung abzielt. Nämlich die Aufnahme des Klimaschutzes, ähnlich wie der Naturschutz allgemein oder auch zuletzt die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Bayern als von der Bayerischen Verfassung vorgegebenes Ziel. Nun kann die (einfache) Landtagsmehrheit nicht allein einen solchen Gesetzentwurf durchsetzen, denn für die für eine Verfassungsänderung notwendige Zweidrittelmehrheit braucht sie Stimmen aus der Opposition. Falls sie damit Erfolg hat, muss über die Verfassungsänderung noch per Volksentscheid abgestimmt werden.
FDP: Treppenwitz, wenn Grüne und SPD gemeinsam mit AfD gegen Klimaschutz stimmen
Als CSU und Freie Wähler zur Sondierung an die Oppositionsfraktionen herantraten, war schnell klar, dass Grüne, SPD und FDP hinter dem Grundanliegen stehen. Nur die AfD verweigerte sich, da sie einen bestehenden Klimawandel abstreitet. Das wurde denn auch beispielhaft in der Mitberatung des Gesetzes im Umweltausschuss (14. Feb.) sehr deutlich. AfD-Redner Prof. Dr. Ingo Hahn bezeichnete den Begriff „Klimaschutz“, als eine Art Freibrief, um den Bürger mit Klimaschutzmaßnahmen zu gängeln oder ihm immer noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen. Die Liberalen machten schnell deutlich, dass sie den Gesetzentwurf der Regierungsmehrheit unterstützen würden. Ihr Vorsitzender Martin Hagen bezeichnete es in der Ersten Lesung als Treppenwitz, wenn Grüne und SPD gemeinsam mit ausgerechnet der den Klimawandel ableugnenden AfD gegen das Gesetz stimmen würden. Doch so weit dürfte es kommen.
Grüne und SPD hatten früh gefordert, das Grundanliegen mit konkreten im Gesetz aufgeführten Maßnahmen zu unterfüttern. Doch CSU und Freie Wähler reagierten weder auf Anregungen noch machten sie eigene Vorschläge. Aus ihrer Sicht sollte das Gesetz schnell verabschiedet und der notwendige Volksentscheid gemeinsam mit den Europawahlen im Mai durchgeführt werden. Über Inhalte und Maßnahmen zur Verwirklichung des Klimaschutzes auf bayerischer Ebene solle man später reden und diese mit dem von der Bundesregierung angekündigten Klimaschutzgesetz abstimmen.
„Klimaschutz ist nicht nur ein Wort“
Grüne und SPD argumentierten – zuletzt in der gestrigen Pressekonferenz „Klimaschutz ist nicht nur ein Wort“ – jedoch anders. Die Aufnahme des Wortes Klima sei nur eine Worthülse. Eine, so Grünen-Vorsitzender Ludwig Hartmann, von der sich der ansteigende Meeresspiegel bestimmt nicht beeindrucken lasse. Reine Absichtserklärungen, wie von CSU und Freien Wählern vorgebracht, genügten nicht. Man müsse „Nägel mit Köpfen machen.“ Und zwar jetzt. Über einen entsprechenden gemeinsamen Gesetzentwurf könne man den Volksentscheid zusammen mit dem im Herbst zu erwartenden Entscheid zum Artenschutz herbeiführen. Schon zu Letzterem hätten gerade 1,8 Millionen Menschen in Bayern deutlich gemacht „wir wollen eine konkret andere Politik“. Und, so Hartmann, „wir haben in Bayern eine richtig gute Debatte – die Leute sind bereit“.
Terminus „gleichwertige Lebensverhältnisse“ in die Verfassung wirkungslos
Die SPD, so ihr Vorsitzender Horst Arnold, habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, weil die SPD das Anliegen ja grundsätzlich unterstütze. In seiner ausführlichen Begründung erinnerte Arnold u.a. daran, dass die Aufnahme lediglich des Terminus „gleichwertige Lebensverhältnisse“ in die Verfassung nichts gebracht habe. Und es habe jetzt im Vorfeld der heutigen Zweiten Lesung und Abstimmung über den Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen bei Sachthemen „nicht annähernd eine Annäherung“ gegeben. Tatsächlich hatte sich dies deutlich gezeigt bei der Beratung eines kürzlich eingebrachten Gesetzentwurfs der SPD mit geforderten sozialen Elementen bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Klimaschutz (31.Jan. 1. Lesung). Dem waren die CSU (Erich Beißwenger) zuvorderst mit der Aufzählung von bisherigen Leistungen der Staatsregierung in Sachen Klimaschutz und die Freien Wähler mit einer bemerkenswerten Feststellung zum Stellenwert des Klimaschutzes begegnet: Manfred Eibl meinte: Klimaschutz erreichen ja, und zwar seitens der Freien Wähler mit großer Dynamik – „aber in Einklang mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Bayern“. Das Protokoll verzeichnet Beifall von CSU und Freien Wählern.
Heute Pressekonferenz der CSU vor Landtags-Plenum
Für heute Vormittag 11 Uhr hat der Vorsitzende der CSU-Fraktion, Thomas Kreuzer, zum Pressestammtisch eingeladen. Eine klare Darstellung der eigenen Position vor Beginn der Plenarsitzung (14 Uhr) ist zu erwarten. Der Gesetzentwurf von CSU und Freien Wählern dürfte gegen 15.15 Uhr aufgerufen werden.
Klimaschutz: Bald Verfassungsrang in Bayern
Der Klimaschutz soll in Bayern Verfassungsrang erhalten. Eine entsprechende Initiative wurde gestern mit einem Beschluss des Ministerrats eingeläutet. Darin wird vorgeschlagen, den Schutz des Klimas in die Bestimmungen zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in Art. 141 Abs. 1 Satz 4 der Bayerischen Verfassung einzufügen. Umweltminister Thorsten Glauber und Innenminister Joachim Herrmann sollen hierüber umgehend Gespräche mit den Landtags-fraktionen aufnehmen mit dem Ziel, durch eine parteiübergreifende Mehrheit im Bayerischen Landtag eine rasche Verfassungsänderung zu ermöglichen. Änderungen der Verfassung erfordern eine Zweidrittelmehrheit im Landtag und eine Entscheidung des Volkes. Dies könne nach Vorstellungen der Staatsregierung bereits gemeinsam mit den Europawahlen am 26. Mai 2019 durchgeführt werden.
Opposition mit Vorbehalten
Erste Reaktionen aus dem Landtag ließen nicht lange auf sich warten. Die Grünen als nunmehr stärkste Oppositionsfraktion zeigen sich gesprächsbereit. „Wie immer“, wenn es um den Klimaschutz gehe, wie Vorsitzender Ludwig Hartmann betonte. Aber ein Verfassungsrang für Klimaschutz entbinde Ministerpräsident Markus Söder weder von Aufgaben, Klimaschutz voranzutreiben, noch könne ihm dies als Ablass dienen. Die Aufnahme könne nur sinnvoll sein, wenn Bayern wirklich zum Vorbild und Vorreiter in Sachen Klimaschutz wird: „Dazu gehören der komplette Umstieg auf erneuerbare Stromerzeugung bis zum Jahr 2030, erneuerbare Wärmekonzepte für alle Gebäude und eine ökologische Verkehrspolitik, die uns nicht die Luft zum Atmen raubt; mit Vorfahrt für Busse, Bahnen und Fahrräder.“
Andere Vorbehalte bringt der Fraktionschef der SPD Horst Arnold vor. Solange die CSU-FW-Regierung etwa den Luftreinhalteplan nicht umsetze, sei auch eine Verfassungsänderung nur fadenscheinig. „Es ist zwar erfreulich, dass die schwarz-orange Staatsregierung mittlerweile zumindest in Ansätzen verstanden hat, dass Klimaschutz richtig und wichtig ist. Aber wenn sie gleichzeitig nach wie vor Maßnahmen für saubere Luft in München nicht umsetzen will, obwohl der Bayerische Verwaltungsgerichtshof diese schon 2014 in einem Urteil gefordert hat, ist eine Verfassungsänderung nur heuchlerisch.” Man könne nicht auf der einen Seite das Klima schützen wollen und auf der anderen Seite starrsinnig Vorgaben vom Verwaltungsgerichtshof ignorieren, die die Menschen schützen sollen. „Insbesondere dann, wenn vom Gericht verhängte Zwangsgelder ohne Wimpernzucken aus dem Staatssäckel bezahlt werden”, betont Arnold.
Flächenfraß und Frauenmangel dürften Koalitionsgespräche begleiten
„Asyl“ und „Innere Sicherheit“ hätten eine Aufnahme von Koalitionsgesprächen verhindert, stellte Ministerpräsident Markus Söder fest. An der Ökologie hätte es nicht mal gelegen. Gleichzeitig widersprach Söder der Darstellung der Grünen, der CSU hätte es an Mut gefehlt; die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit den Freien Wählern wäre eine Entscheidung der Vernunft gewesen. Gleichzeitig führte er an, dass zur Entscheidung beigetragen habe, dass damit zwei Parteien in Bayern regieren würden, die nicht von Berlin aus gesteuert würden. Die Grünen hatten festgestellt, der CSU habe es an Mut gefehlt, „das Beste aus beiden Welten“ zusammenzubringen. Read the rest of this entry »
Afrikanische Schweinepest – Präventive Tierseuchenbekämpfung
Das bayerische Kabinett hat gestern ein Gesamtpaket zur Prävention gegen die Afrikanische Schweinepest (ASP) beschlossen. Bayern ist bislang verschont geblieben, erste Nachweise gibt es jedoch in der Tschechischen Republik. Bei der Afrikanischen Schweinepest handelt es sich, so Umweltministerin Ulrike Scharf, um eine hochansteckende Tiererkrankung, die nicht auf den Menschen übertragbar ist. Sie stelle aber eine ernstzunehmende Bedrohung auch für die Hausschweine in Bayern dar. Gegen eine mögliche Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest in den Freistaat setzt die Staatsregierung auf eine gemeinsame Präventionsallianz mit Landwirten und Jägern, und zwar mit einem bayernweit koordinierten und zielgerichteten Vorgehen von Behörden und Verbände – besonders in der Nähe der Grenzgebiete zu Tschechien. Das Maßnahmenpaket umfasst deshalb auch mehrsprachige Aufklärungskampagnen, gezielte
Kontrollen der Veterinärbehörden und weitere Schritte zur Senkung des Einschleppungsrisikos wie Hygienemaßnahmen. Als ein wichtiges Element zur Seuchenprävention setzen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium auf eine Reduktion der hohen Wildschweindichte in Bayern und die Kooperation mit den Jägern. Für das Erlegen von bestimmten Wildschweinen sollen Jäger eine zusätzliche Vergütung in Höhe von 20 Euro erhalten. Insgesamt stehen für das Anreizprogramm bis Ende 2018 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. Im Sinne eines Frühwarnsystems werden außerdem verendet aufgefundene Wildschweine auf ASP-Viren untersucht. Auch hierfür gibt es eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 20 Euro pro Tier.
Zum Thema lagen u.a. auch Berichtsanträge der SPD (18272, 18273) vor und Freie Wähler Fraktionschef Hubert Aiwanger verwies auf einen erst jüngst von der CSU-Mehrheit abgelehnten Dringlichkeitsantrag (HIER ) der Freien Wähler hin, dessen Inhalte jetzt im wesentlichen im Maßnahmenpaket der Staatsregierung enthalten sind. Aiwangers Fazit: „Die größten Versäumnisse bei der Wildschweinbejagung haben der Staat und die CSU selbst zu verantworten.“
Kabinett schließt Reform zur Lebensmittelüberwachung ab
Im Zuge der Reform der staatlichen Veterinärverwaltung und Lebensmittelüberwachung in Bayern übernimmt die neu geschaffene Kontrolbehörde von den Landratsämtern und den elf kreisfreien Städten ohne eigenes Veterinäramt die Zuständigkeit für die Überwachung so genannter komplexer Betriebe einschließlich Vollzug und Kontrolle. Diese wurden in der gestern vom Kabinett beschlossenen Verordnung definiert. Im Fokus stehen so genannte komplexe Betriebe, also Großbetriebe, die überregional tätig sind. Ein solcher liegt dann vor, wenn der Betrieb als wesentlicher Marktteilnehmer für die stetige Versorgung von mindestens 1,5 Millionen Menschen ausgelegt ist, beispielsweise große Schlacht- oder Fleischzerlegungsbetriebe und Molkereien. Auch für überregional tätige Betriebe, die bestimmte Lebensmittel oder Bedarfsgegenstände herstellen, etwa große Hersteller von Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder, große Mälzereien oder Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln, wird die zentrale Kontrollbehörde zuständig sein. Das gleiche gilt für alle Geflügelgroßbetriebe mit 40.000 und mehr Plätzen. Durch die Reform werden bayernweit bis zu 800 Betriebe unter die Zuständigkeit der neuen Kontrollbehörde gestellt. Diese Betriebe werden ab November 2017 von der neuen Kontrollbehörde für
Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen über die Zuständigkeitsänderung informiert. Damit verbleibt bei den Kreisverwaltungsbehörden die ganz überwiegende Zahl der Betriebe, darunter lokal und regional tätige Metzgereien, Bäckereien oder Hofläden. Der Hauptsitz der neuen Behörde wird in Kulmbach sein und die Betriebe in den fränkischen Regierungsbezirken sowie der Oberpfalz abdecken. Erding wird zweiter Dienstsitz für die südlichen drei Regierungsbezirke sowie die Grenzkontrollstelle am Flughafen München. Das zugrunde liegende Reformgesetz war am 6. Juli 2017 vom Landtag beschlossen worden und tritt am 1. August 2017 in Kraft. Eine Evaluierung der Reform soll nach zwei Jahren erfolgen.
Kabinett: Ringen um reine Luft
„Um die Luftreinheit in Bayerns Großstädten zu verbessern, setzt die Staatsregierung auf ein umfassendes Maßnahmenpaket und erteilt pauschalen Fahrverboten für Diesel-Fahrzeuge eine Absage.“ So vage und unbestimmt wie die einleitende Zielvorgabe des Kommuniques der Staatsregierung zur Luftreinhaltung bzw. -reinigung sind sowohl die beschriebenen Maßnahmen als auch die ablehnende Haltung zu Alleingängen von besonders Betroffenen. Fast folgerichtig wird denn auch auf Mitte Juli abschließend zu treffende Entscheidungen verwiesen, wenn Gespräche mit der Wirtschaft und den Kommunen stattgefunden hätten.
Dass ein solches mit dem Oberbürgermeister der mit einem „Diesel-Fahrverbot“ lieb-äugelnden Landeshauptstadt schon stattgefunden hat, ist bekannt. Ein Zusammentreffen zwischen den Spitzen der in Bayern ansässigen Automobilkonzerne und Ministerpräsident Seehofer samt beteiligten Ressortchefs ist für heute anberaumt. Von diesem kann oder könnte eine wichtige Signalwirkung ausgehen. Alles andere hängt ggf. davon ab, inwieweit man einer freiwilligen Selbstverpflichtung eines Industriezweigs traut, der offensichtlich schon gesetzliche Grenzen lediglich als zu überwindende Hürde betrachtet (hat).
Als weitere geplante Maßnahme neben dieser angepeilten „Verbesserung der Flottenwerte bei Diesel-PKW“ – wie es schön formuliert wird – werden im beschlossenen Paket aufgeführt: Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs, Maßnahmen zur intelligenten Verkehrssteuerung, Förderung der Elektromobilität in Innenstädten sowie Ausbau des Radverkehrs. Altbekanntes und Wiederholtes aus früheren Kabinettsbeschlüssen.
SPD: reine Symbolpolitik der Staatsregierung
Die SPD-Landtagsfraktion weist denn auch die Vorschläge der Staatsregierung zur Lösung des Stickoxid-Problems als reine Symbolpolitik und völlig ungeeignet zurück. An eine kurzfristige Senkung der Stickoxid-Belastungen sei gar nicht zu denken, meint der SPD-Umweltpolitiker Florian von Brunn. „Es werden ja nur wolkige Allgemeinplätze verbreitet, aber keine einzige konkrete Maßnahme oder konkrete Zielvorgaben definiert.“ Von Brunns Vertrauen in angekündigte Beschlussfassungen für Mitte Juli reicht offenbar nicht weit. SPD-Verkehrsexperte Bernhard Roos betont, dass freiwillige Vereinbarungen angesichts des Drucks von EU und anhängigen Gerichtsurteilen das völlig falsche Instrument seien. Dabei seien Fahrverbote aber die absolute Ultima Ratio. Die Industrie soll den Schuss zwar hören, aber vorsichtshalber setzt Roos einen Schalldämpfer auf.
Grüne: saubere Luft zum Atmen ins Zentrum politischen Handelns
Klar in der Aussage die Grünen. Landessprecher Eike Hallitzky. „In Deutschland sterben jährlich doppelt so viele Menschen an Abgasen aus Fahrzeugen als bei Unfällen auf Straßen. Saubere Luft zum Atmen sollte als Selbstverständlichkeit im Zentrum des politischen Handelns stehen. Kurzfristig brauche es Fahrverbote. Sie verbessern unmittelbar die Atemluft für hunderttausende Menschen. Und sie machen den Automobilherstellern den nötigen Druck, ihre Fahrzeuge schadstoffärmer zu bauen und die alten Autos für die Besitzer kostenfrei nachzurüsten.
Agrarminister sieht „Leuchtturmprojekt der Agrarforschung“
Die Staatsregierung hat Eckpunkte für die Errichtung einer Zweigstelle der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Ruhstorf an der Rott beschlossen. Dort soll, laut Landwirtschaftsminister Helmut Brunner, ein Forschungs- und Innovationszentrum aufgebaut werden, „das bundesweit einmalig ist und das Strahlkraft weit über die bayerischen Grenzen hinaus entwickelt“. Ruhstorf solle zu einer Zukunftswerkstatt und zu einem Impulsgeber für den gesamten Agrarsektor in Bayern und darüber hinaus werden.”
Die neue Zweigstelle werde noch stärker auf die Herausforderungen der Zukunft ausgerichtet und ihre Forschung noch besser mit den künftigen Anforderungen der Praxis in Einklang gebracht. Der damit einhergehende strukturelle Umbau der Landesanstalt für Landwirtschaft sieht vor, dass die insgesamt sieben landwirtschaftlichen Lehr-, Versuchs- und Fachzentren sowie die acht Versuchsstationen in einen unabhängigen Staatsbetrieb ausgegliedert werden. Ziele sind eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, die Nutzung von Synergieeffekten und frei werdende personelle Kapazitäten. Statt zwei soll es dann künftig drei Forschungsstandorte geben: In Freising und Grub bei München stehen Pflanzenbau und Tierhaltung im Vordergrund. In Ruhstorf soll ein Innovationszentrum für die Landwirtschaft mit den Arbeitsschwerpunkten Ökosystemforschung, Digitalisierung und neue Technologien, neue Einkommensstandbeine und Wissenstransfer entstehen. Auf Basis der gestern beschlossenen Eckpunkte wird das Landwirtschaftsministerium in den kommenden Monaten ein detailliertes Verlagerungs- und Errichtungskonzept erarbeiten. Das Kabinett hatte im Juli 2016 auf der Kabinettsklausur in St. Quirin beschlossen, aus strukturpolitischen Gründen in den nächsten zehn Jahren 200 Arbeitsplätze nach Ruhstorf zu verlagern.
Heftiger Streit um Landesentwicklungsprogramm
Das Kabinett hat gestern Teilfortschreibungen des Landesentwicklungsprogramms beschlossen. Das LEP, das, man erinnere sich, schon von der CSU/FDP-Regierung möglichst zügig verabschiedet und damit möglichst aus dem Wahlkampf 2013 herausgehalten werden sollte, ist nach wie vor hart umstritten und daran dürfte sich nach den gestrigen Entscheidungen nichts ändern. Während Heimatminister Dr. Markus Söder von „mehr Freiheit für die Kommunen und Verbesserungen für den Naturschutz“ sprach, fanden Landtagsopposition und Verbände überwiegend harsche Worte der Kritik. Hauptstreitpunkte sind Aufweichungen des sogenannten „Anbindegebots“ und Änderungen des Alpenplans. Ersteres erleichtert vor allem Gewerbeansiedlungen außerhalb geschlossener Ortschaften, letzteres verstoße gegen internationale Regelungen zum Alpenschutz und gebe „grünes Licht“ für die umstrittene Skischaukel am Riedberger Horn. Aber auch andere Änderungen zum LEP, die jetzt, erst drei Tage nach Abschluss der in das LEP vom Grundsatz her einfließenden Einwendungsfrist, vom Kabinett abgesegnet wurden, stehen in der Kritik.
„Wir wollen kein Bayern der zwei Geschwindigkeiten.“ Dem steuere die Staatsregierung mit der Heimatstrategie entgegen, versicherte Heimatminister Söder zur Fortentwicklung des LEP. Geschaffene Freiräume, mehr Entwicklungschancen für den ländlichen Raum, Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen – so lauten die Schlagworte. Auch für Ballungsräume erwüchsen Vorteile: „Die Fortentwicklung schafft Beschleunigung im ländlichen Raum und entlastet und entzerrt die Ballungsräume. Wir bringen Wohnen und Arbeiten näher zusammen.“ Konkret verwies Söder auf die Reduktion von Umweltbelastungen durch weniger Verkehr in den Städten infolge eines sinkenden Pendleraufkommens, den reduzierten Ausbaubedarf bei der Infrastruktur und die Entlastung der Wohnungsmärke in den Ballungsräumen.
Feststellungen des Ministeriums zu den einzelnen Änderungen
Das Zentrale-Orte-System sichert eine flächendeckende, wohnortnahe Daseinsvorsorge für ganz Bayern. Das bisherige System bedarf einer Weiterentwicklung. Insgesamt sollen 59 Gemeinden nach dem neuen System aufgestuft werden. Für bestehende Mittel- und Oberzentren wird es einen „Bestandsschutz“ geben. Neu festgelegt werden sollen drei Metropolen mit insgesamt sechs Gemeinden (München; Nürnberg/ Fürth/ Erlangen/ Schwabach und Augsburg), zwölf Oberzentren (mit 18 Gemeinden) und 16 eigenständige Mittelzentren (mit 26 Gemeinden); neun Gemeinden werden bestehenden Mittelzentren neu zugeordnet.
Durch Anhebung des Strukturindikators auf 90 % und neuen Berechnungen mit aktuellem Zahlenmaterial wird der Raum mit besonderem Handlungsbedarf (RmbH) im Landesentwicklungsprogramm nochmals erweitert. Der RmbH erfasst bayernweit nun 33 Landkreise einschließlich neun kreisfreier Städte und 150 Einzelgemeinden außerhalb dieser Kreise. Die Zuordnung zum RmbH ist insbesondere für die Konditionen in verschiedenen Förderprogrammen wichtig. Bei der Breitbandförderung etwa haben Fördergemeinden die Chance auf einen erhöhten Fördersatz. Der Strukturindikator für die Einstufung als RmbH setzt sich aus fünf Einzelkriterien zu Demographie und Ökonomie zusammen: Bevölkerungsprognose, Arbeitslosenquote, Beschäftigtendichte, verfügbarem Einkommen der privaten Haushalte und Wanderungssaldo junger Menschen.
Um die Ansiedlung von Gewerbegebieten gerade in ländlichen Teilräumen zu befördern und dort neue Arbeitsplätze zu schaffen, enthält das Landesentwicklungsprogramm eine Lockerung des Anbindegebots (an gewachsene Siedlungsgebiete/Orte). Künftig gelten Ausnahmen auch für Gewerbe- und Industriegebiete an Ausfahrten von Autobahnen und vierstreifigen Straßen sowie Gleisanschlüssen, interkommunale Gewerbe- und Industriegebiete und große Freizeit- und Tourismusprojekte. Einzelhandel bleibt bei den Gewerbe- und Industriegebieten ausgeschlossen, um den innerstädtischen Einzelhandel nicht zu gefährden. Daneben gibt es Änderungen im Verfahrensrecht: in grenznahen Gebieten soll eine bessere Reaktion auf die Praxis der Gebietsausweisung jenseits der Grenze möglich sein. Außerdem können die Bedürfnisse strukturschwacher Gemeinden noch stärker berücksichtigt werden. Der Minister trat hierzu auch Befürchtungen eines erhöhten Flächenverbrauchs entgegen. „Die Lockerung des Anbindegebots erhöht nicht den Flächenverbrauch, sondern lässt lediglich andere Orte für die Flächeninanspruch-nahme zu. Interkommunale Lösungen können sogar den Flächenverbrauch reduzieren.“
Bislang gab es in Bayern keine klaren Regeln für den Mindestabstand von Höchstspannungsleitungen zu Wohngebäuden oder Schulen. Vorgesehen ist nun, dass zum Schutz des Wohnumfeldes künftig innerhalb von Ortschaften ein Mindestabstand von 400 Metern von Höchstspannungsleitungen zu Wohngebäuden oder Schulen gelten soll. Außerhalb von Ortschaften soll ein Mindestabstand von 200 Metern gelten. Außerdem wird ein neuer Grundsatz im Landesentwicklungsprogramm festgelegt, dass es künftig keine Überspannungen von Siedlungen mehr geben soll. Wo bestehende Freileitungen über Siedlungen ersetzt werden, sollen diese aus dem Ort herausgelegt werden. Damit kann auch beim Ersatz bestehender Leitungen eine massive Verbesserung für die Bevölkerung erreicht werden.
Zur Eröffnung von Entwicklungsmöglichkeiten der Gemeinden Obermaiselstein und Balderschwang soll der Alpenplan im Landesentwicklungsprogramm geändert werden. Ziel ist eine punktuelle Änderung, um die geplante Skiverbindung am „Riedberger Horn“ landesplanerisch zu ermöglichen. Danach sollen die relevanten Flächen in der Zone C am Riedberger Horn der Zone B zugeordnet werden. Um den Eingriff so kleinräumig wie möglich zu gestalten, soll die Änderung auf das zwingend Erforderliche und damit auf rund 80 Hektar beschränkt werden. Gleichzeitig sollen im Gebiet der begünstigten Gemeinde Balderschwang zwei naturschutzfachlich wertvolle Kompensationsgebiete am Bleicherhorn sowie am Hochschelpen mit einer Fläche von insgesamt rund 304 Hektar in die Zone C aufgenommen werden. „Im Ergebnis erweitern wir die Zone C sogar um rund 224 Hektar hochwertigster Flächen – das ist eine deutliche Verbesserung für den Naturschutz“; so der Heimatminister.
In zwei transparenten Beteiligungsverfahren wurden zu den Teilfortschreibungen I und II Kommunen, Verbände, Behörden und Öffentlichkeit angehört. Diese Verfahren sind abgeschlossen. Nach Auswertung der Stellungnahmen ist jetzt die Beschlussfassung des Ministerrats über die zusammengefasste Teilfortschreibung erfolgt. Jetzt wird die LEP-Teilfortschreibung dem Landtag zu dessen Zustimmung zugeleitet.
SPD-Expertin: „Falsche Akzente gesetzt“ – „Zersiedelung der Landschaft befeuert“
Dem Parlament stehen hierzu hart geführte Auseinandersetzungen bevor – dazu bedarf es keiner hellseherischen Fähigkeiten. Wie von Anfang an kritisierte die SPD-Wirtschaftsexpertin Annette Karl falsche Akzente beim Landesentwicklungsprogramm. „Durch die massive Ausweitung der zentralen Orte verteilt Minister Söder nur Titel ohne Mittel. Die Orte werden zwar formal aufgewertet, das bringt sie allerdings kein Stück weiter. Was es stattdessen bräuchte, wäre die Garantie, dass die Orte durch die Aufwertung auch ihre neuen Aufgaben erfüllen können. Dafür benötigen sie eine ausreichende finanzielle Ausstattung und nicht nur einen hübschen Titel!” Dass Gewerbe- und Industriegebiete zukünftig auch an Autobahnausfahrten und vierspurigen Straßen entstehen können, trage zur Versiegelung der Böden bei. „Außerdem können durch eine weitere Änderung des Landesentwicklungsprogramms lärmende Freizeiteinrichtungen wie Go-Kart-Bahnen oder Schwimmbäder mitten in der Natur entstehen. Die Zersiedelung der Landschaft wird befeuert und der bayerische Kultur- und Naturraum verändert sich. Schon heute sind 40 Prozent der Gewerbeflächen in Bayern ungenutzt.” Und dass Söder im Zusammenhang mit der beabsichtigten Skischaukel am Riedberger Horn von Verbesserungen für den Naturschutz spreche, sei „der blanke Hohn!”.
Freie Wähler: Ist bald ganz Bayern „Raum mit besonderem Handlungsbedarf“?
Vor allem zwei Punkte werden von den Freien Wählern als „völlig misslungen“ kritisiert. Alexander Muthmann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Sprecher für Regionalplanung: „Anstatt beim ZOS ((Zentrale Orte System)) einen großen Wurf zu machen und dieses zu entrümpeln, werden einfach nur 59 weitere Orte aufgestuft. Von den 2056 Gemeinden in Bayern gilt damit jede zweite als ‚Zentraler Ort‘. Allein daran wird ersichtlich, dass dieses ‚Prädikat‘ mit der Gießkanne anstatt anhand objektiver Kriterien vergeben wird“, stellt Muthmann weiter fest. Auch die zusätzliche Ausweitung des RmbH sei eher nach Gutdünken geschehen als mittels klar nachvollziehbarer Tatsachen. „Ich hätte mir von Minister Söder gewünscht, dass er gute Strukturpolitik für die Zukunft Bayerns macht. Stattdessen versucht er, sich mit möglichst vielen Geschenken für möglichst viele Kommunen seinen Weg in die Staatskanzlei zu erkaufen. Die zahlreichen Fördergebiete erlauben viele Fotos beim Übergeben von Förderbescheiden. Leider bleibt die Entwicklung des Freistaats dabei auf der Strecke. Ich hoffe, dass bald nicht ganz Bayern Raum mit besonderem Handlungsbedarf ist“, erklärt Muthmann.
Grüne: Miserabler Tag für Umwelt- und Alpenschutz in Bayern
Der ungezügelte Flächenfraß und die Zerstörung unserer Natur und Kulturlandschaft werden weiter befeuert, stellt der Fraktionsvorsitzende der Grünen Ludwig Hartmann fest und resümiert: „Heute ist ein miserabler Tag für den Umwelt- und Alpenschutz in Bayern.“ Die Aufweichung des Anbindegebots komme einem Dammbruch beim Naturschutz gleich. So werde ein Wettlauf der Kommunen um großflächige Gewerbeansiedelungen in Gang gesetzt. Dreist sei auch das Zurechtbiegen des bewährten Alpenplans letztlich ausschließlich für wirtschaftliche Interessen einzelner Allgäuer Skiliftbetreiber. „Über 4000 Einwendungen im Beteiligungsverfahren wurden schlicht ignoriert – ein beispiellos undemokratisches Vorgehen!“ Diesem Umweltfrevel am Riedberger Horn mitten im Lebensraum der gefährdeten Birkhühner wollen die Grünen nicht tatenlos zusehen. „Der Heimatzerstörer Söder kann sich auf starken parlamentarischen und außer-parlamentarischen Widerstand gefasst machen. Ich prophezeie: Das ist noch nicht durch!“
Maly: Staatsregierung verpasst Chance, das Zentrale-Orte-System neu zu justieren
Auch kommunale Spitzenverbände sparten nicht an Kritik. Städtetagschef Dr. Ulrich Maly „Die vorgesehenen Höherstufungen Zentraler Orte sind im derzeitigen System begründet. Wir bedauern, dass die Staatsregierung sich nicht ernsthaft mit einer Neujustierung der Einstufungskriterien zur Stärkung und Konsolidierung des Zentrale-Orte-Systems auseinandergesetzt hat.“ Maly sprach von einer nach 2013 (der ersten Teilreform) erfolgten „Inflation Zentraler Orte“. Wenn von 2056 bayerischen Gemeinden jede Zweite das Etikett „Zentraler Ort“ trägt, werde offenkundig, dass die ursprünglich damit verknüpfte Steuerungsfunktion ins Leere geht.“ Damit werden aber diejenigen Zentrale Ort geschwächt, denen tatsächlich eine zentralörtliche Funktion zukommt, wie insbesondere das Vorhalten wichtiger Einrichtungen und die Versorgung des Umlands mit einer Vielzahl von Leistungen. Die Schwächung von Zentralen Orten bedeutet aber auch die Schwächung ihres Umlandes, so dass der Raum und seine Kommunen insgesamt geschwächt werden. Auch die Erweiterung des Ausnahmekatalogs des Anbindegebots stößt auf deutliche Kritik des Städtetags. Die Neu-Definition von Teilräumen mit besonderem Handlungsbedarf sei zwar grundsätzlich sinnvoll, doch die Ausweitung der Teilräume mit besonderem Handlungsbedarf alleine mache noch keine Strukturpolitik. Entscheidend ist, ob die Förderung dieser Teilräume mit Leben erfüllt wird. Hierfür müssten dann auch die notwendigen Mittel bereitgestellt werden.
Gemeindetag: „Mäßig begeistert“ – grundsätzliche Überarbeitung erhofft
Seitens des Bayerischen Gemeindetags zeigte man sich „nur mäßig begeistert“. Präsident Dr. Uwe Brandl stellte fest, dass sich sein Verband eine grundsätzliche Überarbeitung des LEP erhofft habe. „Einige Inhalt sind überholt, andere schränken die kommunale Planungshoheit unangemessen ein.“ Das ZOS sei vor dem Hintergrund der demografuschen Entwicklung nicht mehr zeitgemäß und sollte grundsätzlich überdacht werden. Die Einführung der Metropole als neue Kategorie im LEP dürfe nicht dazu führen, dass spezielle finanzielle Zuweisungen zu Lasten der übrigen Räume an die Metropolen erfolgen. Die Zuordnung strukturschwacher Gemeinden in Teilräume mit besonderem Handlungsbedarf sei zwar grundsätzlich sinnvoll, doch mit seinen Erläuterungen dazu weist der Gemeindetag auch auf eine gewisse Oberflächlichkeit der Kabinettsbeschlüsse hin. Denn wenn nunmehr fast die Hälfte aller bayerischen Gemeinden wirtschafts-strukturelle oder sozialökonomische Nachteile aufweisen sollen, könne das Ziel, wirklich finanziell benachteilige Gemeinden zu fördern, kaum erreicht werden. Das zeige sich bei der undifferenzierten Aufnahme ganzer Landkreise. Zum Anbindegebot untermauerte der Gemeindetag seine Sichtweise: dieses sei und bleibe ein Kernstück jeder vernünftigen Bauleitplanung einer Kommune. Doch ohne staatliche Vorgaben, die massiv in die Entscheidungshoheit der Gemeinden eingriffen.
Bund Naturschutz sieht „Scheinbeteiligung“ der Verbände
Für den Bund Naturschutz Bayern ist die gestrige Entscheidung „ein politischer Skandal und bedeutet einen Paradigmenwechsel im seit 40 Jahren bewährten Alpenschutz in Bayern“. Die geplante Skischaukel am Riedberger Horn verstoße massiv gegen internationales Recht. Der BN wird weiterhin mit allen legalen Mitteln für den Schutz des Riedberger Horns kämpfen, um den drohenden Bergrutsch der Landesplanung zu stoppen, kündigte Landesvorsitzender Prof. Hubert Weiger an. Auch die Lockerung des Anbindegebots stößt auf massive Kritik. Sie sei dazu geeignet, „die Reste intakter bayerischer Kulturlandschaft dem ruinösen Wettbewerb der Kommunen um Gewerbeansiedlungen zu opfern“, kommentierte Richard Mergner, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz die Pläne Söders zur Heimatstrategie 2020. „Es droht eine Amerikanisierung der Landschaft, mit vielen neuen Gewerbegebieten auf der Grünen Wiese und Siedlungsbändern entlang von Autobahnen und großen Bundesstraßen.“ Der BUND Naturschutz habe zum LEP eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben. „Die durchgeführte Scheinbeteiligung leistet der Politikverdrossenheit Vorschub“, so Mergner.
Elementarschäden: Bürger sollen sich selbst versichern
Die Staatsregierung ermuntert BürgerInnen, sich selbst gegen Elementarschäden bei Naturkatastrophen zu versichern. Begleitend hat Wirtschaftsministerin Ilse Aigner mit der Versicherungsbranche, den kommunalen Spitzenverbänden, den Kammern der gewerblichen Wirtschaft, den Verbänden der bayerischen Kreditwirtschaft und den Verbänden der privaten Wohnungseigentümer eine gemeinsame Vereinbarung ausgearbeitet. Ziel ist, die Immobilieneigentümer in Bayern für die Gefahren und Risiken von Elementarschadenereignissen zu sensibilisieren sowie über die Möglichkeiten und die Notwendigkeit eines umfassenden Versicherungsschutzes zu informieren. Bestandteil dieser Vereinbarung ist die Ankündigung der Staatsregierung, Anpassungen bei den Finanzhilfen nach Naturkatastrophen vorzunehmen. Ab dem Stichtag zum 1. Juli 2019
werden keine finanziellen Unterstützungen in Form von Soforthilfen mehr gewährt, wenn die eingetretenen Schäden versicherbar waren. Unbeschadet davon bleiben Härtefallregelungen im Einzelfall. Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder verwies auf die gerade bei den Hochwasserschäden der letzten Jahre geleisteten Hilfen. Staatliche Hilfen bei Naturkatastrophen sollten aber nicht dazu führen, dass bewusst vom Abschluss von Elementarschadenversicherungen bgesehen und stattdessen auf den Staat vertraut wird, sagte Söder weiter. Es sei nicht Aufgabe des Staates, als eine Art „Ersatzversicherer” zu fungieren, zumal ein Versicherungsschutz gegen Elementargefahren in über 99 Prozent der Fälle zu tragbaren Prämien möglich sei. Für die meisten Hausbesitzer koste der Versicherungsschutz unter 100 Euro im Jahr.