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Städtetag: auch bei gut gemeinten Gesetzen an Umsetzung denken

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Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Doch OB Hans Schaidinger muss noch einmal tief Luft holen, um am Ende seiner Amtszeit als Bayerns Städtetags-Vorsitzender seinen Unmut über zwar gut gemeinte aber in der Ausführung zumindest nicht durchdachte Gesetze loszuwerden. Dieses Mal betrifft es gleich zwei von der Politik in Berlin und München den kommunalen Verwaltungen zugeschasste Aufgabenbereiche. Natürlich begrüße auch die Kommunalpolitik das Bildungs- und Teilhabepaket im Rahmen von Hartz IV oder Inklusion an Schulen. Doch der Gesetzgeber solle sich auch überlegen, wie beispielsweise solche Leistungen Kinder aus benachteiligten Familien erreichen oder wie die Teilhabe behinderter Kinder am normalen Schulunterricht finanziert werden soll. Der Druck laste auf den Kommunen – der Staat mache sich aus dem Staub.

Warum werden die jetzt im Hartz-IV-Bildungs- und Teilhabepaket nicht abgerufen? Weil der normale Hartz-IV-Empfänger die Diskussion nicht so verfolgt, wie die Politik sich das wünscht.“ Nicht jeder verstehe, dass man beispielsweise „wegen eines Flötenkurses für seine Kinder einen Antrag bei einer Behörde stellen“ müsse. Dem Praktiker Schaidinger sieht man den Ärger über so viel Realitätsferne an. Andererseits würde der Rechtsweg bei den kleinsten verweigerten Leistungen voll ausgeschöpft. Aus der guten Absicht, Kindern aus einkommensschwachen Familien eine bessere Förderung zukommen zu lassen, sei ein „bürokratisches Monster“ entstanden. „Wir wollen, dass das Paket ankommt“, sagt Schaidinger, aber der entstandene Aufwand müsse eben auch bezahlt werden, und zwar von Bund und Land. „Wir müssen verlangen, dass wir nicht die Leidtragenden sind.“ Schaidingers Fazit: Viel Aufwand für wenig Leistung – da müsse evaluiert und dringend nachgebessert werden.

Inklusion an Schulen: Gesetz noch nicht in Kraft – schon droht Verfassungsklage

Noch harscher – immerhin stellt er eine Klage beim Verfassungsgericht in den Raum – geht der Städtetags-Chef das Thema Inklusion an Schulen an. Während im Landtag noch eitel Freude und Sonnenschein über einen von allen Fraktionen gemeinsam erarbeiteten Gesetzentwurf (8100) zur Teilhabe von behinderten Kindern am normalen Schulunterricht herrscht, wirft Schaidinger Fragen zu den sich stellenden Problemen für die Kommunen auf. Diese stünden zur Forderung der EU-Konvention zu Rechten Behinderter und „wollen“ die Eingliederung von behinderten Kindern in die Regelschule. Was sie nicht wollen, ist, dass sie alleine für eine behindertengerechte Nachrüstung von Schulgebäuden und anderes aufkommen müssen. Der notwendige Auftrag komme vom Gesetzgeber. Dieser klare Fall von einer in der bayerischen Verfassung seit 2004 verankerten Konnexität („wer anschafft, der zahlt“) werde dadurch umgangen, dass die Eltern eines behinderten Kindes mit dem Aufnahmeantrag nicht wie man denken sollte zum Rektor (Kultusministerium, staatliche Aufgabe) sondern zum Bürgermeister (Kommune als Sachaufwandsträger) gehen müssen. Dessen Gemeinde würde dann verantwortlich für bauliche Veränderungen bis hin zu Beförderungskosten.


“Das Thema hat eine Reihe von hochbrisanten Aspekten“


Schaidinger widerspricht vorsorglich der Darstellung, die Schulen seien eh behindertengerecht ausgebaut. Wo, vor allem in älteren Schulgebäuden, gebe es die notwendigen Aufzüge? Außerdem erinnerte der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags an die in den vergangenen Jahrzehnten von Staat, Gemeinden und Verbänden aufgebauten Förderschulen., die jetzt zum Teil leer stehen werden. Das Thema, so Schaidinger, „hat eine Reihe von hochbrisanten Aspekten“. Am Gesetzentwurf selbst sind noch Änderungen möglich. Am Donnerstag nächster Woche kommt es im Senatssaal des Landtags zu einer großen Verbandsanhörung. Experten aus 65 zugeladenen Organisationen werden Meinungen und Stellungnahmen vor dem Bildungsausschuss ausbreiten. Dieser will dann eine Woche später, am 28. Mai federführend über den Gesetzentwurf beraten.

Written by Helmut Fuchs

Mai 13th, 2011 at 10:11 am