MAX-Online

Landtag, Kommunen, Regierung, Organisationen

Archive for the ‘Unirahmenvertrag Urheberrecht’ tag

Hochschulen: Neuer Rahmenvertrag zum Urheberrecht – Chaos vorprogrammiert?

without comments

Die Anträge von CSU und SPD standen schon auf der Tagesordnung des Wissenschaftsausschusses in der vergangenen Woche. Sie werden nun gemeinsam mit den beiden kurzfristig zum Thema gestellten Anträgen von Freien Wählern und Grünen am Mittwoch in einer eigenen eigentlich nicht vorgesehenen Sitzung des Ausschusses in der das laufende Jahr abschließenden Plenarwoche vor Weihnachten aufgerufen. Denn zum Jahresende läuft ein Unirahmenvertrag zum Urheberrecht aus. Diese zwischen den Bundesländern und der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) geschlossene Vereinbarung regelt bislang eine pauschalierte Vergütung für die Nutzung von Schriftwerken für die Lehre. Dies wurde vom Bundesgerichtshof in einer Entscheidung kritisiert. Zur Ermittlung des Vergütungsanspruchs sei eine Einzelerfassung aller urheberrechtlich geschützten Dokumente, welche Studierenden und Forschenden zur Verfügung gestellt werden, notwendig.

Eine dem folgende Anschlussvereinbarung zwischen der Kultusministerkonferenz (KMK) und der VG Wort vom 6. Oktober diesen Jahres (Unis zahlen 0,008 Euro pro Seite, Student und Semester) wird von der weit überwiegenden Mehrheit der Hochschulen als zu aufwendig und nicht durchführbar abgelehnt. Auch die Hochschulverbände Universität Bayern e.V. und Hochschule Bayern e.V. lehnen die Vereinbarung wegen des unverhältnismäßig hohen Aufwands für die Lehrenden ab.

Rückschritt ins analoge Zeitalter?

Das drohende Chaos scheint mithin vorprogrammiert. Eine große Mehrheit der Universitäten hat angekündigt, den Rahmenvertrag einfach zu boykottieren. Im Wochentakt wurden von ihnen aus allen Teilen der Bundesrepublik entsprechende Beschlüsse gefasst. Denn mit Jahresbeginn könnten Professoren ihren Studenten nur noch Literaturlisten zur Verfügung stellen. Kopieren aus Lehrbüchern bei oft nicht ausreichend zur Verfügung stehendem Material verbunden mit dem hohen Verwaltungsaufwand – das sei nicht praxistauglich, so das wohl einhellige Urteil. Untermauert würde dies auch durch die Ergebnisse und Erkenntnisse eines Probelaufs an der Uni Osnabrück (WS 2014/15). Studierenden-organisationen sehen dies ähnlich. Drohe doch an den Hochschulen ein Rückschritt ins analoge Zeitalter.

Arbeitsgemeinschaft soll kurzfristig neue Lösung finden

In dieser eskalierenden Situation hat nun am vergangenen Freitag die Kultusministerkonferenz auf Arbeitsebene die Gründung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit der VG Wort und der Hochschulrektorenkonferenz angekündigt, die noch vor Toresschluss eine einvernehmliche Lösung entwickeln soll. Auch die VG Wort hatte im Vorfeld deutliche Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Landtagsfraktionen in Beurteilung der Situation weitgehend einig

Aus dieser sich ändernden Sachlage heraus erklären sich die etwas unterschiedlichen und nicht unbedingt aktuellen Forderungen der vier Landtagsfraktionen, doch in der Beurteilung der Sachlage sind sie sich – das zeigen die Antragsbegründungen – einig. Die CSU fordert in ihrem frühen Antrag vom 30. November ganz allgemein die Staatsregierung auf, sich für die Erfassung digital zur Verfügung gestellter Lehrmaterialien einzusetzen, welche urheberrechtliche Ansprüche bei vertretbarem Aufwand für die Lehre verbindet. Die SPD will in ihrem Antrag vom 5. Dezember über den Sachstand und mögliche Folgen unterrichtet werden. Die Freien Wähler (Antrag vom 6. Dezember) fordern in ihrem geforderten Bericht im Prinzip dasselbe wie CSU und SPD wollen aber auch angesichts der sich abzeichnenden Entwicklung eine laufende „zeitnahe“ Unterrichtung des Ausschusses. Und die Grünen gehen in ihren Forderung vom 7. Dezember schon etwas mehr ins Detail. In ihrem Einsatz für Neu- und Nachverhandlungen solle sich die Staatsregierung für die Prüfung der Frage einsetzen, ob repräsentative Einzelerhebungen als Kompromiss zwischen Pauschal-zahlungen und Einzelabrechnungen möglich sind. Darüber hinaus geben die Grünen als Ziel eine Reform des Urheberrechtsgesetzes aus, die den Belangen von Wissenschaft, Forschung und Bildung stärker Rechnung trägt als bisher.

Zugrunde liegen: Antrag CSU. Elektronische Semesterapparate: Urheberrechte schützen, Bürokratie vermeiden! (Drs. 17/14508) , Antrag SPD. Digitale Lehre an bayerischen Hochschulen sichern. (Drs. 17/14639) , Antrag Freie Wähler. Zeitgemäße Studienbedingungen nicht verhindern: Digitale Lehre und Forschung unterstützen! (Drs. 17/14665) , Antrag Grüne. Unirahmenvertrag zum Urheberrecht reformieren – Digitalisierung der Lehre nicht ausbremsen (Drs. 17/14666) .

Written by Helmut Fuchs

Dezember 12th, 2016 at 2:44 pm