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Die Macht am Rhein ist vergeben: In Bayern wird’s noch spannender

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Rot-Grün wird enger zusammenrücken, für die CSU wird es ungemein schwieriger, die FDP steht vor internen Entscheidungen, die Piraten halten Kurs und für die Freien Wähler stellt sich ein ganz eigenes Problem. Auch für die bayerischen Parteien setzt das Ergebnis der NRW-Wahl seine Punkte: Eckpunkte, Wendemarken oder was auch immer. Mit Sachthemen wird man vermutlich nur noch bis zur Niedersachsenwahl im Januar punkten können. Danach werden sich Parteien und Politiker vor allem um eins kümmern – um sich selbst.
Horst Seehofer wird nervös. Dass er dermaßen vehement noch am Wahlabend die Umsetzung der Energiewende in Berlin und namentlich bei Minister Röttgen wieder einforderte, dürfte auch mit Blick auf das noch schwieriger gewordene Verhältnis zu seinem Koalitionspartner in Bayern geschehen sein. Schleswig-Holstein und NRW haben auch der bayerischen FDP den Erfolgsweg gewiesen: Standfestigkeit, Eigenprofilierung – auch auf Kosten des Regierungspartners. Der Bayerische Ministerpräsident braucht auch und gerade in der Energiepolitik einen politischen Erfolg. Klare Handlungsvorgaben erleichtern ihm da die Arbeit bei einem noch renitenteren Energieminister. Martin Zeil war in dieser Frage immer Skeptiker, Warner und auch Bremser. Seine Ressortzuständigkeit wird er sich kaum weiter beschneiden lassen. Da stellte sich vorher die Koalitionsfrage. Dass sie von ihr herbeigeführte Neuwahlen nicht unbedingt fürchten muss, haben die Liberalen auch in NRW gelernt.

Kubicki, Lindner, ? – wen bieten Bayerns Liberale dem Wähler an?

Für die Liberalen in Bayern stellen sich aber noch andere Fragen. Beide letzte Wahlen haben gezeigt, dass es für die FDP auf eine Führungspersönlichkeit ankommt, mit der sich der Wähler identifizieren kann. Kann dies das als Wirtschaftsmotor Bayern verkaufte Modell Martin Zeil sein? Reicht das? Oder entscheidet sich die FDP wieder dafür, noch mehr oder ganz auf die Landesvorsitzende zu setzen? Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte sie aus einer Talsohle wieder in den Landtag geführt. Das haben FDP-Mitglieder nicht vergessen. Genauso wenig wie viele potentielle Wähler vergessen haben dürften, dass sie als frühere Justizministerin aus Überzeugungsgründen von ihrem Amt zurückgetreten war. Und ein vergleichbares Thema hat sie mit der Datenvorratsspeicherung auch – dank des Brüsseler Aufschubs vermutlich bis zu den Wahlen. Das Problem könnte sein, dass dies mit einer durchaus problembehafteten Stärkung des liberal-bürgerlichen Flügels verbunden ist. Was die Wirtschaftsliberalen in der Partei ungemein stört. Zudem hat sich gezeigt, dass die FDP mit einem sozialliberalen Kurs auch gut fährt.

Regierungsbündnis im Freistaat – die Angebotspalette ist bunter geworden

SPD und Grüne in Bayern haben ohne Zweifel Auftrieb gewonnen. Rotes Liebäugeln mit einer Großen Koalition im Freistaat dürfte weniger Fürsprecher gewinnen. Die Angebotspalette auf der Suche nach einem dritten Koalitionspartner wurde bunter. Die FDP kann man da nicht länger ausschließen. Hannelore Kraft hat die Piraten mit deren Einstufung als “normale Partei“ geadelt und damit auch in den Kreis möglicher Koalitionspartner erhoben. Ein Jahr ist eine lange Zeit, in der die Bereitschaft hierfür wachsen kann, und zwar beiderseits.

Freie Wähler – Führungsproblem beim Tanz auf zwei Hochzeiten

Das macht die Angelegenheit für die Freien Wähler gefährlich. Möglicherweise werden sie nicht mehr zur Regierungsbeteiligung gebeten, sondern müssen bitten. Auch deshalb stehen sie vor einer Zerreißprobe. In der Landtagsfraktion ist eine interne Auseinandersetzung um die bildungspolitische Sprecherin Eva Gottstein längst nicht beendet. Die oberbayerische Bezirksvorsitzende will nicht wie von vielen gefordert oder gewünscht ihren Platz für den Bezirksvorsitz für Florian Streibl räumen. Der Sohn des früheren Ministerpräsidenten braucht diesen jedoch auch, um sich mehr Gewicht zu verleihen. Auch im Sinne der Fraktion und der Freien Wähler. Denn die FW brauchen dringend ein zweites vorzeigbares Gesicht für die anstehenden Doppelwahlen in Berlin und Bayern. Vorsitzender mult. Hubert Aiwanger ist nicht teilbar, Macht schon.

Wenn die Freien Wähler überhaupt Aussicht auf Erfolg für einen Einzug in den Reichstag haben wollen, muss ihr Bundesvorsitzender bundesweit unterwegs und präsent sein. Wie schwer dies ist, zeigte auch der Wahlkampf in NRW. Dort trat Aiwanger beispielsweise im Rahmen bundesweiter Veranstaltungen am 5. Mai in Detmold auf. Zentrales Thema: „Klappt den Rettungsschirm zu!“ Hinten rausgekommen sind vorläufig etwa 0,1 Prozent. Eine solche Zahl ist natürlich Wasser auf die Mühlen der vielen internen Kritiker, die gegen eine Beteiligung an Bundestagswahlen waren und sind. Fast zwangsläufig, so heißt es aus der Fraktion, mache Gottstein als neue Gegnerin der Berlin-Beteiligung gegen Aiwanger und Streibl Stimmung. Dass die Landesvereinigung der Freien Wähler in NRW in dem knappen Jahr seit Neugründung kaum Möglichkeiten zur Profilierung hatte, spielt da keine Rolle. Es zeigt aber auch die Vielfalt an Aufgaben für Aiwanger auf.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

14. Mai 2012 um 12:04h

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