MAX-Online

Landtag, Kommunen, Regierung, Organisationen

Auf dem Prüfstand im Wirtschaftsausschuss: Mehr Genossenschaftswesen in die Energiepolitik

kommentieren

Wind verkaufen ist wie Land verkaufen“ – mit diesem etwas rätselhaften Satz leitet der CSU-Landtagsabgeordnete Dr. Bernd Weiß die Begründung seines Antrags zur Sicherung regionaler Wertschöpfung bei regenerativen Energien ein. Dieser soll am Donnerstag dieser Woche im Wirtschaftsausschuss des Landtags aufgerufen werden. Was ist flüchtiger als der Wind und was bodenständiger als der Grund auf dem man steht, denkt man zuerst. Doch, so heißt es in der Antrags-Begründung weiter, der „plakative Satz“ bringe auf den Punkt, wie Wertschöpfungsmöglichkeiten in unseren ländlichen Regionen verschenkt würden, und Geld, das den ländlichen Regionen und den Menschen dort zugutekommen könnte, in große Fondgesellschaften und zu internationalen Investoren abfließe.

Dies ist wie alles weitere in der Landtags-Drucksache 16/13757 eingängig formuliert. Dass es von einem staatlicherseits berufenen Notar stammt, gibt dem Anliegen noch etwas Würze bei. Aber nicht nur dies. Weiß war 2008 von Ministerpräsident Horst Seehofer zum Innenstaatssekretär vorgeschlagen worden. Er galt durchaus als Hoffnungsträger. Reden von sich machte Weiß in der Folge allerdings dadurch, dass er seinem Mentor bald die Stirn bot und nach einem Jahr Amtszeit das Patent zurückgab. Ein einmaliger Vorgang, von der die einen sagten, die Unabhängigkeit als Notar habe Weiß das Kreuz gestärkt. Andere kannten ihn als unabhängigen Kopf, der sich nicht wie einen Schuljungen behandeln lassen wollte. Und von solcher Behandlung durch Seehofer war das Kabinett gerade in jenen Tagen nicht weit entfernt.

Wechselt Weiß zu den Freien Wählern? – Inhaltliche Nähe ist vorhanden

Um den Abgeordneten Weiß wurde es bald still. Sein misslungener Versuch, für den nächsten Bundestag aufgestellt zu werden, erreichte kaum die Landeshauptstadt. Ähnliches galt für die Ankündigung, er wolle auch nicht mehr für den Landtag kandidieren. Schlagartiges Interesse weckten erste Meldungen in der vergangenen Woche, Weiß wolle zu den Freien Wählern wechseln. Dies wurde von ihm bislang nicht bestätigt. Seitens der Freien Wähler stehen ihm – ein Austritt aus der CSU vorausgesetzt – die Türen offen. Nahe liegt, auch die inhaltlichen Voraussetzungen einer Prüfung zu unterwerfen. Der vorliegende Antrag gibt eine Gelegenheit hierzu.

In diesem wird die Staatsregierung aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass die Wertschöpfungsmöglichkeiten im Bereich der regenerativen Energien als tragende Säule des Entwicklungskonzeptes für den ländlichen Raum etabliert werden. Daraus sollen hierfür angemessene örtliche Strukturen, insbesondere im Rahmen von Genossenschaftsmodellen oder anderen Geschäftsmodellen mit der Möglichkeit einer unmittelbaren Bürgerbeteiligung entstehen können. Diese Sätze könnten in all ihrer Unverbindlichkeit auch die Freien Wähler so formuliert haben.

Das Geld des Dorfes dem Dorfe“ gilt auch in der Energieerzeugung

Diese Zielrichtung der Freien Wähler war schon nach den letzten Landtagswahlen in ersten geführten Unterhaltungen mit Alexander Muthmann, dem wirtschaftspolitischen Sprecher, und insbesondere Thorsten Glauber, dem Energieexperten der Fraktion, deutlich geworden. Sie manifestierte sich später in einer Reihe von Anträgen und ganz besonders außerparlamentarisch mit einer regionalen Energieoffensive. Vor Ort diskutierten die Abgeordneten der Freien Wähler über Monate hinweg mit kommunalen Mandatsträgern und weckten dabei auch das Interesse der Bürger für den ursprünglichen Raiffeisen-Gedanken „Das Geld des Dorfes dem Dorfe“ auch in der Bewirtschaftung der Energiefrage.

Was den Weiß-Antrag noch interessanter macht, ist die Begründung, die dem Antrag in seinem gesellschaftlichen Ansatz – dem Genossenschaftsgedanken – das Fundament gibt, und darüber hinaus mit dem Beispiel „Rhön-Grabfeld“ dessen praktizierte Ausformung anbietet. Einer der Kernsätze darin lautet, dass im Ergebnis der Anleger, der sich an der Genossenschaft beteiligt und Windräder errichtet, eine sehr ordentliche Rendite erhält. Jedoch nicht die überzogenen Renditen, die zum Teil bei Fondgesellschaften ausgeschüttet würden.

Stärkung des Genossenschaftswesens – Gesellschaftlicher Auftrag

Alles in allem stellt sich hier ein gesellschaftlicher Auftrag dar, wie ihn beispielsweise ähnlich auch der völlig unterschätzte von der Staatsregierung einberufene ehemalige Zukunftsrat gesehen hat. Viel hat man davon seitens der Staatsregierung nicht gehört und es findet sich auch nicht wieder in dem was zur Zeit – sehr rudimentär – an Landesplanung auf dem Kabinettstisch liegt. Auf Energiefragen bezogen hat daran allerdings die vom Landtag eingesetzte Energiekommission gearbeitet. Deren Fortbestand steht oder stand nach der Vorlage des Zwischenberichts und dem hochgeputschten Wirbel darum auf der Kippe. Doch letztlich, so sagt Glauber von den Freien Wählern heute dazu, werde es darauf ankommen, ob und inwieweit die Vorschläge in den Haushaltsberatungen ihren Niederschlag finden.

Ähnliches gilt für den jetzt dem Wirtschaftsausschuss vorliegenden Antrag zur regionalen Wertschöpfung regenerativer Energien. Berichterstatter mit der diesem obliegenden Begründung ist der CSU-Abgeordnete Tobias Reiss. Dieser wiederum ist Vorsitzender der Energiekommission und hatte in den Beratungen Präferenzen für mehr Bürgerbeteiligung an den Gewinnen aus regenerativen Energien erkennen lassen. Es wird sehr darauf ankommen, inwieweit die CSU in der Behandlung des Antrags noch Rücksichten auf die FDP nimmt oder nehmen kann. Während die Liberalen in dieser Frage kaum den Blick auf ihre Klientel vor Ort richten müssen, droht der CSU dort die Basis wegzubrechen.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

15. Oktober 2012 um 16:53h