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Umbau der Energiesysteme: Stadtwerke wollen es richten

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Während Bundes- und Bayerische Staatsregierung nach der Reaktorkatastrophe in Japan nach europäischen Lösungen rufen, gibt es schon seit längerem die Tendenz, eher nach innen gerichtet die Energieversorgung sicher zu stellen. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hat sich nun auf Bundes- und Landesebene zu Wort gemeldet. Ihre Verlautbarungen gehen eine Einschätzung über Stand und Möglichkeiten der Versorgung auf lokaler und regionaler Ebene. Hinzu kommt ein Appell an die Politik.

VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck weist in einer Pressemitteilung vom 15. März auf aus Sicht seines Verbands entscheidende Webfehler des im vergangenen Herbst von der Bundesregierung verkündeten Energiekonzepts hin. Weder seien „die Zukunftsfähigkeit noch die gesellschaftliche Akzeptanz der verschiedenen Erzeugungsalternativen ausreichend geprüft“ worden. Außerdem wäre nicht bedacht worden, „wie sich die Laufzeitverlängerung auf die Strukturen der Energieerzeugung auswirkt“. Ein nun und schon damals längst überfälliger Dialog mit allen gesellschaftlich relevanten Gruppen sei verpasst worden.

Sahen sich die Stadtwerke dadurch vor großen Rechtsunsicherheiten mit einer damit verbundenen Investitionszurückhaltung, so sehen sie nun durch eine Abschaltung der Kernkraftwerke und dem Aussetzen der Laufzeitverlängerung die Chance, diese Webfehler „im Sinne eines nachhaltigen Klimaschutzes und eines modernen zukunftsgerichteten Energiesystems“ zu beheben. Das sind Formulierungen, wie sie einem fast schon schmerzhaft in den Ohren klingen, und man wartet zwangsläufig darauf, was die Stadtwerke denn nun einbringen wollen in die von Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigte Expertengruppe (Sondergipfel) – sofern der VKU, wovon er ausgeht, dieser angehört.

Grundsätzlich sehen die Stadtwreke die Chance, dezentrale Erzeugungsformen wie „effiziente Erneuerbare-Energien-Anlagen, Kraft-Wärme-Kopplungs- und emissionsarme Kondensationskraftwerke zu stärken. Zahlenmäßig drückt sich das so aus: alleine die Kraftwerkskapazitäten von 4597 MW, die sich bei kommunalen Unternehmen aktuell im Bau oder im konkreten Genehmigungsverfahren befänden, reichten aus, um die Leistung der alten (jetzt abzuschaltenden) Kernkraftwerke kurz- bis mittelfristig zu ersetzen. Von kommunalen Unternehmen geplant seien weitere Kraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 3300 MW – wenn, so Reck, „der ordnungs- und wirtschaftspolitische Rahmen dafür stimmt“.

Das lenkt natürlich den Blick auf die Politik. Die wird sich natürlich fragen lassen müssen, ob und inwieweit sie angesichts der verkündeten „Brücken-Technologie“ sich auf dieser erst einmal gemütlich eingerichtet hat oder und/oder tatsächlich versucht (hat) das andere Ufer – sprich alternative Energien – zu erreichen. Blickt man nach Bayern, so stellt man fest, dass Energieminister Martin Zeil – jetzt – die anderen Ressorts aufgerufen hat, Vorschläge zu machen.

Darüber hinaus ist, darauf weist VKU Bayern-Vorstandsmitglied Dieter Gerlach (Geschäftsführer der Aschaffenburger Versorgungs GmbH) hin, im Koalitionsvertrag der Staatsregierung die Stärkung kommunaler Energieversorgungsstrukturen vereinbart. Es sei nun Zeit dies umzusetzen. Beispielsweise durch entsprechende Gewichtung in der vom Bayerischen Wirtschaftsministerium gestarteten Studie „Energieprognose Bayern 2050“. Das Ende der „Brücken“ müsse erkennbar werden. Nicht fortgesetzt werden dürfe die Konzentration auf zentrale Erzeugungstechnologien. So dringlich der VKU-Appell – so wenig zumindest erkennbar ist bisher eine entsprechende Reaktion oder Handlungsweise seitens der Staatsregierung.

Abgeschafft werden müssten „bürokratische Exzesse in der Regulierung“ fordert Götz-Ulrich Luttenberger, Geschäftsführer der Städtischen Überlandwerke in Coburg. „Die Stadtwerke brauchen aber noch klarere politische Unterstützung, um zwischen Regulierung und Erzeugungsoligopol und mit neuen Technologien das Tempo des Umbaus zu erhöhen“, meint Dr. Kurt Mühlhäuser, Chef der Münchner Stadtwerke und Vorsitzender der VKU Landesgruppe Bayern. Die Politik müsse dabei „mit mehr als nur vier Unternehmen“ reden. Auch die breite Unterstützung der Bevölkerung werde gebraucht, appelliert Mühlhäuser an anderer Stelle. Da stellt sich auch die Frage, ob es nur „politisch bedingt“ ist, wenn, wie der Vorstandsvorsitzende der N-ERGIE in Nürnberg Herbert Dombrowsky beklagt, bayernweit die Potentiale der Windenergie weitgehend brach liegen.

Zahlen: Zur Zeit verfügen die Stadtwerke über eine Kraftwerkskapazität von 13998 Megawatt (Netto-Leistung), was 9,2 Prozent der in Deutschland installierten Kraftwerksleistung von 152700 MW entspricht; die oben genannten 4597 Megawatt an bundesweiten Kapazitäten der im Bau oder konkreten Genehmigungsverfahren befindlichen Kraftwerkskapazitäten unterteilen sich in: 33 Prozent zum Ausbau erneuerbarer Energien; insgesamt investieren die Stadtwerke 8,26 Milliarden Euro, was einem Plus der kommunalen Stromerzeugung von 32 % entspricht. (Quelle VKU).

Der Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) ist die Interessenvertretung der kommunalen Versorgungs- und Entsorgungswirtschaft in Deutschland. Sitz des 1949 gegründeten Verbandes ist Berlin. Neben einer Geschäftsstelle in Köln ist der VKU auch mit einem Büro in Brüssel vertreten. Die im VKU organisierten 1400 Mitgliedsunternehmen sind vor allem in der Energieversorgung, der Wasser- und Abwasserwirtschaft sowie der Abfallwirtschaft und Stadtreinigung tätig. (Quelle VKU, Homepage)

Hinweis auf Termin der Freien Wähler im Landtag am Montag, 21. März, 18:30 Uhr (siehe “Aktuelle Termine”

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

17. März 2011 um 08:05h