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Streit um Stromkosten erhitzt den Landtag

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Werden die Stromkosten für Verbraucher und Kleinbetriebe wegen der erweiterten Privilegierung von Großabnehmern höher, ist bzw. wie ist dies zu rechtfertigen und wie soll sich die Bayerische Staatsregierung dazu verhalten? Diese Fragestellungen beschäftigten die Abgeordneten in der letzten Sitzung des Landtags vor den Weihnachtsferien. Sie diskutierten und stimmten ab über einen Dringlichkeitsantrag (16/10686) der SPD, der die Staatsregierung aufforderte, beim Bund gegen entsprechende, ab Januar geltende Umlagepläne vorzugehen. In der Debatte wurden die unterschiedlichen Sichtweisen von einzelnen Wirtschaftsministerium sehr deutlich. Im Ergebnis wurde die SPD-Initiative abgelehnt.

SPD sieht Gleichgesinnte unter CSU-Kommunalpolitikern

Der umweltpolitische Sprecher der SPD, Ludwig Wörner, deutete in der Begründung des Antrags auf die konkreten Folgen. Ein CSU-Oberbürgermeister habe sich in der Staatszeitung darüber beklagt, dass bei derzeit floriender Wirtschaft eine hohe Entlastung der Industrie zu Lasten der kleinen Betriebe und Privatfirmen erfolge. Gleichzeitig werde es ihm unmöglich gemacht, Preissenkungen an die Bürger weiterzugeben, weil seinen Stadtwerken hierfür die Mindereinnahmen aus der Industrie fehlten.

Schuld ist die „Besondere Ausgleichsregelung“ nach dem Erneuerbare Energie Gesetz (EEG). Diese Regelung deckelt die EEG-Umlage für stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes. Durch eine ab Januar geltende weitere Senkung wird der Kreis der Nutznießer erweitert. Damit, so Wörner, werde der Preis für Kleinbetriebe und Privathaushalte weiter in die Höhe getrieben. Das sei unsozial. Für den SPD-Politiker ist damit auch eine gefährliche Entwicklung verbunden, denn es werde „eine Stimmung gegen die Energiewende“ erzeugt. Für Wörner gewinnt Otto Normalverbraucher den Eindruck, er zahle allein für eine Bevorzugung erneuerbarer Energien.

Erwin Huber sieht von SPD angerührte „Giftmischung“

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CSU-Fraktion, Erwin Huber, bezeichnete es als „Giftmischung“ was Wörner da angerührt hat. Nun, den Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses verbindet eine herzliche Feindschaft mit dem Gewerkschafter Wörner. Mit seiner ideologischen Orientierung sei er für ihn ein rotes Tuch, sagte Huber an späterer Stelle. Doch Huber, u.a. auch früherer Wirtschafts- und Energieminister, wies auch darauf hin, dass diese Privilegierung von Großunternehmen 2004 von der rot-grünen Koalition eingeführt worden sei. Die letzten sieben Jahre habe sich Wörner nicht aufgeregt, sondern jetzt „wo eine Verbesserung für den Mittelstand“ erfolge. Denn durch die erweiterte Privilegierung werde der industrielle Mittelstand, der ebenfalls dem internationalen Wettbewerb unterliege, mit einbezogen. Das sichere und schaffe, ganz im Sinne von Rot-Grün damals, weitere Arbeitsplätze.

Beyer (SPD): Politik muss sich Sinnvolleres einfallen lassen

Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, Dr. Thomas Beyer, sprang Wörner zumindest teilweise bei. Das Grundproblem bleibe. Nämlich, dass nur ein Teil des Mittelstands entlastet werde. Da und deshalb sei die Politik aufgerufen, sich etwas Sinnvolleres einfallen zu lassen. Seine Fraktion, so kündigte er an, werde sich die Zahl der betroffenen Betriebe aus der Statistik ab Januar trennscharf genau ansehen. Dies um festzustellen, wo Entlastungseffekte eintreten und wo nicht. Denn einig sei man sich in der Notwendigkeit des Erhalts von Arbeitsplätzen.

Freie Wähler: Handwerk wird zu Preiserhöhungen gezwungen

Thorsten Glauber von den Freien Wählern stellte Hubers Deutung von Wirtschaftsfreundlichkeit sehr in Frage. Sei es wirtschaftsfreundich den einen Teil zu Lasten des anderen zu entlasten? Einen Effekt stellte Architekt Glauber als sicher heraus. Das unterprivilegierte Handwerk werde die Mehrkosten auf die Preise aufschlagen. Damit würden die Privatleute zweimal zur Kasse gebeten. Mehrzahlung in die EEG-Umlage und teurere Handwerksgüter. Die Freien Wähler sähen keinerlei Notwendigkeit die Regelungen zu erweitern.

Grüne: Statt Chance und Zwang zur Anpassung erhält Industrie Planungssicherheit

Der Energieexperte Ludwig Hartmann unterstellte Huber, dass diesem das EEG von Anfang an ein Dorn im Auge gewesen sei. Jetzt suche er einen weiteren Weg, um dem Bürger das EEG madig zu machen. Ursprüngliches Ziel des EEG sei gewesen, den Unternehmen ein Zeitfenster zu geben, um effizienter mit Strom und Energie umzugehen. Und zwar verbunden mit einem stufenweisen Abbau der privilegierten Betriebe. Die jetzige Bundesregierung mache genau das Gegenteil. Alle Fraktionen im Haus wollten die Energiewende. Da sei es selbstverständlich, die Kosten auf alle Schultern zu verteilen. Deshalb gehe der SPD-Antrag genau in die richtige Richtung.

Thalhammer (FDP) geißelt verfehlte Subventionspolitik

Tobias Thalhammer (FDP) erinnerte an die drei in Einklang zu bringenden Ziele der Energiewende: Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit. Rot-Grün beabsichtige eine Energiewende „auf Kosten unserer bayerischen Wirtschaft“. Rot-Grün betreibe Subventionspolitik. Schwarz-Gelb schaffe Anreize. Sollten die Produktionskosten von Unternehmen aufgrund einer verfehlten Subventionspolitik steigen, würden die Kosten „auf den Warenkorb“ umgelegt. Das würde vor allem Niedrigverdiener etc. treffen. Dies zur sozialen Komponente der Energiepreise. Der SPD-Antrag sei aus nahezu jedem Grund abzulehnen. Thalhammer erntete viel Gegenargumente von Rot-Grün und sehr viel relativierende Zustimmung von Huber.

Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel (FDP) fasste sich kurz. Sie dankte Huber. Zehn Prozent der bayerischen Arbeitsplätze befänden sich in der stromintensiven Industrie und bezahlbarer Strom sei ein großer Standortfaktor in ayern.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

20. Dezember 2011 um 11:53h