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FDP braucht weder Volksbefragung noch Koalitionsbruch zu fürchten

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Gegen Seehofers „Wendigkeit“ setzt die FDP auf „Beharrlichkeit“. Es blieb und bleibt den Liberalen nichts anderes übrig, und es ist konsequent. Wie sonst soll man mit einem Partner umgehen, der mit oder ohne Absprache seine Meinungen und Positionen wechselt wie andere Leute das Hemd. Wer da immer mitzieht, wird unglücklich. Was für Partnerschaften, Familien oder auch in der Wirtschaft gilt, zählt auch in der Politik und insbesondere in einer Koalition. Und weitaus mehr noch für die in dieser festgeschriebenen Positionen. Honoriert wird ein solches wahlweise von Nachgiebigkeit bis Duckmäusertum bezeichnetes Verhalten schon gar nicht.

In einer für den großen Partner ungewohnten und ungeliebten Koalition musste die CSU früh begreifen, dass sich auch der Kleinere beispielsweise wie früh geschehen in einer Verfassungsfrage durchsetzen kann und muss. Reaktionen wie die Verordnung einer Präsenzpflicht bei Kabinettssitzungen erschienen dagegen als etwas billig. Mittlerweile tourt jedoch Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel bei solchen Gelegenheiten durch die Oberpfalz. Vor einem Jahr etwa setzten Erklärungen ein, dass der Koalitionsvertrag fast abgearbeitet sei. Was an den festgeschriebenen Positionen wie eben auch die Beibehaltung der Studiengebühr nichts änderte. Die FDP gab früh zu erkennen, dass sie mit einer Koalitionszusage in den nächsten Wahlkampf ziehen wolle. Motto: Erfolgreiche Koalition in einem erfolgreichen Bayern – wobei der Schwerpunkt auf die Wirtschaftseckdaten gesetzt wurde.

Brüche in der Politik traf FDP weniger als die CSU

Die CSU nahm es gut gelaunt zur Kenntnis. Erste Brüche wurden erkennbar, nachdem die CSU in wichtigen Positionen wie der Energie-/Atompolitik oder auch der Bundeswehr einen Totalschwenk vollziehen musste. Hinzu kamen Querelen wie um die Personalie zu Guttenberg. Mit der unter Horst Seehofer frisch wiedergewonnenen Selbstsicherheit war es dann endgültig vorbei, als Christian Ude als Herausforderer auftrat. Dies alles traf zwar auch die FDP, aber eben nicht so hart. Vor allem gelang es den Liberalen wesentlich besser, klarere Positionen zu beziehen. Dies fiel ihr auch leichter, weil sie ja nicht auf eine breite Zustimmung und Mehrheit blicken mussten.

Kontinuität in der wirtschaftspolitischen Grundhaltung

Diese Haltung, dieses kontinuierliche Vertreten von Positionen dürfte beim kommenden – ob kurzem oder langem – Wahlkampf eine tragende Rolle spielen. Es wird beispielsweise erkennbarer werden, wie stringent Marin Zeil seine marktwirtschaftlichen Positionen gegenüber Seehofer verteidigte. Es muss ja nicht allen gefallen haben, wie der Wirtschaftsminister die Quelle-Mitarbeiter in Gleichbehandlung zu anderen dem freien Markt überlassen wollte. Oder später Zeils Umgang mit der Schlecker-Krise. Setzt man sich heute mit dem FDP-Frakionschef Thomas Hacker an einen Tisch, so zählt einem dieser genüsslich auf, dass gut die Hälfte von den Schleckermitarbeitern wieder in Lohn und Brot stehen etc. Und auch das ungeliebte Kind, die Landesplanung, wird von Hacker verteidigt. Zwar kann man das von ihm und Zeil und und von Seehofer vorgegebene übergeordnete Ziel der Deregulierung als Schlagwort akzeptieren. Die echte parlamentarische und die mit dem Bürger und den Verbänden notwendige Auseinandersetzung darüber steht noch aus.

Studiengebühr: von Heubisch kontinuierlich mit Argumenten verteidigt

Inhaltlich mehr in den Focus geraten wird auch das Thema an dem die Koalition jetzt zu zerbrechen droht. Die Studiengebühr gilt als antiquiert. Doch es gibt auch sehr gute für sie sprechende Argumente. Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch hatte sie in einem grundlegenden Interview mit der Süddeutschen (11.2.2009) nochmals verteidigt als sie in Hessen zur Disposition stand und später dort auch abgeschafft wurde. Heubisch wies auf die erfolgte Erweiterung der Sozialklausel und auch mit Blick auf Gerechtigkeit auf die Kosten einer Meisterausbildung hin.

Im Vordergrund steht jedoch die mit der Studiengebühr angeblich gewonnene Zunahme an Qualität der studentischen Ausbildung. Verfolgt man – beispielsweise – die laufende Debatte um das Bayerische Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz, so hört man dort, dass die Grünen ein kostenloses letztes Kindergartenjahr mit dem Argument ablehnen, dass man das Geld besser in die Qualität stecken soll. Zudem sicherten die Sozialklauseln, dass auch Bedürftige ihre Kinder In den Kindergarten schicken könnten. Solche Vergleich hinken zumeist, wie auch der zur Meisterausbildung. Aber sie zeigen auch, dass das Problem der Kostentragung von Bildung und Ausbildung grundsätzlicher betrachtet und angepackt werden könnte. Abgesehen davon, dass die FDP – siehe das heutige Interview mit Heubisch wiederum in der SZ – zu den Vorteilen der Studiengebühr in die Offensive gehen und in der zwangsläufig aufkeimenden inhaltlichen Debatte zumindest Gehör finden wird.

Auch FDP-Kabinettsmitglieder letztlich Teil der Fraktion

Natürlich ist die FDP keineswegs in ihren Reihen so geschlossen, wie es anhand des hier Aufgezeigten den Anschein haben könnte. Nach wie vor gibt es eine starke Orientierung auch bei den bayerischen Liberalen zu mehr Bürgerrechten auch zu Lasten von weniger Marktfreiheit. Und jeder hörte und hört noch heute, dass es Abweichler in der Landtags-Fraktion in Sachen Studiengebühr gibt. Fraktionschef, Hacker – der zunehmend zur zentralen Figur wurde – ließ sie laut werden aber hielt die Fraktion insgesamt bislang auf Linie. Das gilt offenbar auch für die FDP-Mitglieder der Staatsregierung. In der Unterhaltung mit Hacker läuft auf Nachfrage seine Definition des Umgangs mit ihnen darauf hinaus, dass er sie nicht – mehr – daran erinnern müsse, dass auch diese Mitglieder der Fraktion seien.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

16. November 2012 um 15:26h

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