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Studiengebühren: Teil-Schwenk der CSU könnte zu interessanter Diskussion führen

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Da hat sich einer verzockt und rät beim Nachtarocken den Mitspielern, besser in die Karten zu schauen. Horst Seehofers angeblich am Dienstag im Kabinett empfohlene Lektüre des FDP-Wahlprogramms ist mehr als ein Zugehen auf die FDP. Es ist ein Rückzug von einer so nicht mehr haltbaren Position, und dies dürfte auch vom Bürger so verstanden werden. Den Liberalen kann es recht sein. Ob es sich in Wählerstimmen für sie auszahlt, steht auf einem anderen Blatt. Die auch offensichtlich von wichtigen Teilen der CSU gestützte „Empfehlung“ läuft darauf hinaus, ehemalige Studierende nach ihrem Einstieg ins Berufsleben anteilig zu den Kosten ihres Studiums heranzuziehen. Eine Diskussion über ein solches im Prinzip schon bestehendes Modell könnte eine interessante Diskussion eröffnen.

Studienkostenanteil erst nach Aufnahme der Berufstätigkeit fällig

Vor den Landtagswahlen 2008 hatten sich die Liberalen in Bayern dafür ausgesprochen, dass ehemalige Studenten mit einem Teil ihres Einkommens für ihre Studienkosten nachträglich aufkommen. Ein Vorschlag, den CSU und FDP allerdings in den späteren Koalitionsgesprächen zugunsten der bestehenden vom früheren Ministerpräsidenten Edmund Stoiber auf den Weg gebrachten Studiengebühren fallen ließen. Das Ergebnis findet sich im Koalitionsvertrag, auf den sich die FDP jetzt beruft. Einer nicht einmal mit dem Versuch einer Abstimmung unter Koalitionspartnern belasteten Änderung, nämlich der gänzlichen Abschaffung von Studiengebühren, stimmten die Liberalen nicht zu.

Wesentliche Teile der CSU nach wie vor im Prinzip für Studiengebühre

Von solch sicherem Terrain aus konnte die FDP und mit diesen eine zunehmend kopfschüttelnde Öffentlichkeit mit ansehen, wie sich die CSU in einer kaum mehr nachvollziehbaren Diskussion über einen Koalitions-Abbruch verhedderte. Dabei wurde auch offensichtlich, dass das Meinungsbild innerhalb der großen Regierungsfraktion keineswegs so einheitlich war, wie dargestellt. Wieso auch!? Noch ein Jahr zuvor, hatte sie geschlossen für die Beibehaltung der Studiengebühr gestimmt. Allerdings, so räumen Fraktionsmitglieder im Gespräch ein, in Teilen nur, weil man nicht wieder eine der Volten des Ministerpräsidenten einfach nachvollziehen wollte. Doch wesentliche Teile der Fraktion, wie der in dieser Frage als erste Adresse zu nennende hochschulpolitische Sprecher und Vorsitzende des Fachausschusses im Landtag, Oliver Jörg, standen hinter der Studiengebühr und sehen bis heute wenig Grund, in der Sache selbst ihre Meinung zu ändern.

Diese Kräfte in der CSU sehen – innerhalb des bestehenden Bildungssystems in Bayern – offenbar in dem jetzt auf den Tisch liegenden Vorschlag eine Art Königsweg, den sie gemeinsam mit für die CSU wesentlichen Kräften gehen könnten. Diese reichen von der Katholischen Bischofskonferenz bis zum RCDS. Geeint sieht man sich damit mit der FDP in dem von dieser vorgetragenen Gerechtigkeitsargument. Dieses mündet in die griffige Formulierung, dass man einer Krankenschwester wohl kaum die Finanzierung des Studiums ihres späteren Chefarztes zumuten könne. Einer Lösung für das zweite wesentliche Argument für die Studiengebühr, nämlich die durch diese ermöglichte Verbesserung der Qualität des Studiums, ist man was deren aktuelle Finanzierung angeht noch nicht nahe getreten.

Diese Frage berührt auch das das Volksbegehren zur Abschaffung der Studiengebühren zulassende Urteil des Verfassungsgerichtshofs. Diese Zulassung unterlag der Begründung, dass nicht in unzulässiger Weise der Staatshaushalt selbst, sondern nur vergebene Mittel im Rahmen des Einzeletats vom Volksbegehr berührt seien. Eine Lösung kann ebenfalls nur auf einen Erfolg des jetzigen FDP-Ressortministers Wolfgang Heubisch zulaufen.

Chance auf grundlegende öffentliche Auseinandersetzung über Bildungspolitik

Eine Diskussion darüber, und vor allem wenn wie zu erwarten oder gut möglich sie im Rahmen eines Volksentscheids, bei dem als Alternative ein Entwurf des Landtags zur Wahl steht, eröffnet auch weiere Möglichkeiten. Nämlich eine auch öffentliche Auseinandersetzung und das sich Beschäftigen mit Wert und Qualität von Bildung an sich und wann Mittel dafür am effektivsten einzusetzen sind. Die Liberalen haben sie eher unbemerkt schon eröffnet. Bei ihrem Landesparteitag am vergangenen Wochenende stellten sie thematisch die frühkindliche Bildung in den Vordergrund. Landtagsfraktionschef Thomas Hacker hatte dazu Tage zuvor im Gespräch mit MAX schon die Vorstellungen seiner Fraktion umrissen und insbesondere hervorgehoben, dass der Einsatz staatlicher Mittel am sinnvollsten zu Beginn von Bildung einzusetzen seien.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

22. November 2012 um 17:19h

Abgelegt in Allgemein,Bildung,Landespolitik

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