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Amerikahaus, Acatech und staatliche Lotterie: „Ein verheerendes Management“ – hier und anderswo!?

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Der SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahlen, OB Christian Ude, und die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Isabelle Zacharias, stehen sicher nicht allein mit ihrer Kritik, in der sie Ministerpräsident Horst Seehofer „ein verheerendes Management“ im Zusammenhang mit dem Amerikahaus vorwerfen. Aus ihrer Sicht hebt sich der Vorgang in seinem „tollpatschigen“ Umgang sogar besonders hervor in einer Reihe von in solcher Art vorangetriebenen Staatsprojekten. Die beiden SPD-Politiker nennen Beispiele und Begründungen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Kritik nicht sogar zu kurz greift.

Eigentlich sei es „ja zu begrüßen, dass Horst Seehofer in immer kürzeren Abständen eigene Positionen räumt und kleinlaut die Haltung der Landtagsopposition übernimmt“. Ude und Zacharias führen u.a. auf die Energiepolitik, die G 8-Reform, die Studiengebühren und den Autobahn-Südring. Doch bei dieser 180-Grad-Wende am Karolinenplatz – wo sonst, wenn nicht an einem solchen Ring – ist es aus Sicht der SPD dem Regierungschef nach zweijähriger Rechthaberei gelungen, gleich mehrere Institutionen zu beschädigen, „ohne irgendetwas zu erreichen“.

Überhöhte Spesen werden schnell vergessen – weggenommene Geschenke nicht

Der Vorwurf der SPD, dass „die wissenschaftliche Lobby-Organisation Acatech in eine aussichtslose Kontroverse hineingejagt (wurde), die diese Institution mit vielen Anfeindungen belastet“, ist nicht von der Hand zu weisen. Der Begriff wird zumindest in den Augen vieler Münchner lange negativ besetzt bleiben. Irgendwelche vom Bundesrechnungshof monierte überhöhte Hotelabrechnungen ihres Spitzenmanagements werden schnell vergessen sein. Nicht aber die etwas verquere Vorstellung, Acatech hätte den Münchnern ein liebgewonnenes Geschenk der Amerikaner wegnehmen wollen.

Dass die Mitarbeiter der Staatlichen Lotterieverwaltung ihr schönes Domizil am Karolinenplatz räumen müssen, dürfte größere öffentliche Akzeptanz finden. Es handelt sich schlicht um eine Behördenverlagerung, die, davon kann man ausgehen, so gestaltet wird, dass die Mitarbeiter sie er- und vielleicht mittragen können. Um das Wort „sozialverträglich“ zu vermeiden, hinter dem sich alles und jeder verstecken kann. Wirklich überraschend kommt die Verlagerung jedenfalls nicht. Zumindest mussten die Mitarbeiter damit rechnen.

War und ist es sowieso Zeit für grundlegende Änderungen am „Amerikahaus“?

Ude und Zacharias stellen auch fest, dass „das Bayerisch-Amerikanische-Zentrum im Amerikahaus durch Seehofers Rauswurf-Pläne zutiefst verunsichert und wirtschaftlich schon jetzt schwer geschädigt worden ist“. Tatsächlich war bekannt geworden, dass Vereinbarungen wegen der unsicheren Zukunft gekündigt wurden. Doch in den aufkommenden Ärger mischen sich Hinweise auf sowieso grundlegend notwendige Änderungen in Arbeit und/oder Trägerschaft der Institution. Ist „das Amerikahaus“ zu betulich, zu behäbig geworden, arbeitet es nicht mehr wirtschaftlich oder zeitgemäß – was immer das auch heißen mag? Aufschluss könnte zumindest partiell der Bayerische Oberste Rechnungshof geben, wenn er denn ggf. erfolgte abgeschlossene Prüfungen veröffentlicht. Einen vernünftigen Weg, und das ist das positiv Bemerkenswerteste an diesem Vorgang, scheint die CSU-Landtagsfraktion, beschritten und gewiesen zu haben. Allerdings ist noch unklar, wie weit deren erarbeitetes Papier mit neuen Aufgaben und Zielen für die Institution gediehen ist.

Mehrzweckhalle oder Raum für Visionen

Insofern erscheint es als unsinnig, wie im Kabinettsbeschluss vorgesehen, eine bauliche Änderung am Amerikahaus benutzerneutral in Angriff zu nehmen. Es handelt sich keineswegs um den Bau einer Mehrzweckhalle. Man sollte meinen, die Aufgabe mit damit verbundenen Zielen und vielleicht sogar Visionen stünden im Vordergrund. Bauliche Vorgaben – über notwendig Bestehendes hinaus – könnten nur zu hier unnötigen Beschränkungen des Gestalterischen führen. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Und man wird das Gefühl nicht los, dass mit dem Kabinettsbeschluss eine ältere falsche Entscheidung nur übertüncht werden soll, damit diese relativiert oder nachträglich irgendwie gerechtfertigt erscheint.

Augsburg: Kaum mehr überschaubarer Aktionismus nach Eintrag ins Goldene Buch

Dies erinnert auch an einen anderen Vorgang zu Beginn von Seehofers Amtszeit als Ministerpräsident. Sein Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Augsburg, dass die Uniklinik kommen werde, hatte ähnliche Züge und Folgen. Hie wie da stand der Regierungschef nicht vor rauchenden Trümmern, sondern traf eine vom Zeitdruck unbelastete und von jeglicher Ressortzuständigkeit losgelöste Entscheidung. Beide Male traf es übrigens Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch und damit eines von der FDP geführten Ressorts – was ja auch Anlass zu vertiefenden Überlegungen gibt.

In Augsburg jedenfalls setzte damals nach Seehofers Eintrag ein kaum mehr überschaubarer Aktionismus ein. Institute wurden gegründet, Aufgaben verteilt etc. Alles irgendwie eingebettet zwischen die Empfehlungen des Wissenschaftsrats, den örtlichen und klinischen Notwendigkeiten sowie Seehofers Versprechen. Ob das Ganze sinnvoll war, inwieweit die Beteiligten glücklich mit der Lösung sind, ob auch Geld verschwendet wurde – dies alles entzieht sich längst einer allgemeinen Beurteilungsmöglichkeit. Solches sollte dem „Amerikahaus“ erspart bleiben.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

06. Dezember 2012 um 09:48h