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Ein Bubenstreich – mit Folgen

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Es war und ist ein interessanter und auch landesplanerisch wichtiger Antrag, der am Donnerstag im Umweltausschuss des Landtags den Querelen innerhalb der Regierungsfraktionen und einer handstreichartigen Reaktion des Ausschussvorsitzenden vorläufig zum Opfer fiel. Der von der FDP eingebrachte Antrag mit dem Ziel, im Bundesnaturschutzgesetz auf eine gesetzliche Gleichstellung der Realkompensation mit dem Ersatzgeld bei naturschutzrechtlichen Eingriffsregelungen hinzuwirken, wurde zwar abgelehnt, doch es ist abzusehen, dass die Liberalen ihn auch noch auf die Tagesordnung des Landwirtschaftsausschusses und vermutlich auch des Plenums bringen werden. Solches hat der FDP-Berichterstatter Tobias Thalhammer schon angekündigt und die Angelegenheit dürfte auch den Ältestenrat und möglicherweise den Koalitionsausschuss beschäftigen.

Thalhammer hatte bekanntlich die CSU und namentlich den Ministerpräsidenten mit seiner konsequenten Haltung im Studiengebührenstreit verärgert, weshalb ihn Horst Seehofer am Mittwoch Abend eher intern, aber durch eine Indiskretion bekannt geworden mit einem „Dipferl-Scheißer“ verglich. Am Donnerstag Morgen bekam Thalhammer die Rache der CSU-Fraktion zu spüren. Nach seiner Berichterstattung zum Antrag und der Mitberichterstattung durch den Freie Wähler-Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn ergriff der stellvertretende Ausschussvorsitzende Dr. Otto Hünnerkopf (CSU) das Wort. Zwar sei seine Fraktion daran gebunden, mit der FDP zu stimmen, doch da statt der zwei im Ausschuss vertretenen FDP-Abgeordneten mit Thalhammer nur einer anwesend sei, könne er nicht erkennen, ob bei den Liberalen Einigkeit in der Sache herrsche. Deshalb werde sich seine Fraktion der Stimme enthalten. Woraufhin Thalhammer eiligst den Saal verließ, um wenige Minuten später mit einem Fraktionskollegen zurückzukommen.

Thalhammer hat zu wenig „Geschäftsordnung inhaliert“

Inzwischen war die Sache jedoch gelaufen. Ausschussvorsitzender Christian Magerl (Grüne) hatte schnell reagiert. Weitere Wortmeldungen lägen nicht vor bzw. würden zurückgezogen. Man könne zur Abstimmung schreiten. Die Opposition stimmte geschlossen dagegen. Die CSU enthielt sich, lediglich deren Abgeordneter Reinhard Pachner befürwortete den FDP-Antrag. Dem zurückkehrenden Thalhammer blieb nur der Zorn, seine Beschwerdeankündigung und – so wurde er später zitiert – die Erkenntnis, „wer mit der CSU regiert, muss die Geschäftsordnung inhaliert haben”.

Verbrauch landwirtschaftlicher Flächen – Dissens innerhalb der CSU-Fraktion

Nun ist es so, dass sich – wie üblich – FDP und CSU im Vorfeld abgesprochen hatten, gemeinsam für den Antrag zu stimmen. Mehrere ihrer Umweltpolitiker und insbesondere deren Sprecher Hünnerkopf waren zwar gegen den Antrag, doch offensichtlich hatten sich die CSU-Landwirtschaftspolitiker mit Albert Füracker durchgesetzt. Insofern ist es durchaus sachdienlich, wenn die Angelegenheit nunmehr nicht nur mit Regierungsmehrheit im Umweltausschuss durchgewunken wird, sondern auch im Landwirtschaftsausschuss mit größerer öffentlicher Aufmerksamkeit insbesondere auch auf die Argumente der Oppositions-Agrarpolitiker stößt. Denn die Federführung hatte, da das Naturschutzgesetz berührt war, der Umweltausschuss. Doch das eigentliche Problem liegt in der Landwirtschaft – sprich im Verbrauch landwirtschaftlicher Flächen.

Landwirtschaft läuft Gefahr, gleich zweimal zu verlieren

Aus Sicht der Umweltpolitiker ist die Ablehnung nachvollziehbar, dass Bauherren statt Ersatzgrundstücke zu renaturieren, sich davon freikaufen können. Jede erweiterte Möglichkeit ist denn auch, wie es Fahn von den Freien Wählern ausdrückte, ein Mehr an „Ablasshandel“. Die Landwirtschaft hingegen läuft Gefahr, gleich zweimal zu verlieren. Nämlich der Verlust oft wertvoller Ackerfläche für Bauvorhaben und in „Realkompensation“ eine weitere landwirtschaftliche Fläche, die nicht unbedingt für Ackerbau, sondern für Naturschutzmaßnahmen zur Verfügung gestellt wird.

Die Problematik der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen ob durch Straßenbau oder Gewerbeansiedlungen beschäftigt Verwaltungsgerichte, treibt den Bauernverband um und rührt oft an die Existenz gerade der oft kleinbäuerlichen Betriebe in Bayern. Landwirtschaftliche Ersatzflächen sind eben nicht einfach austauschbar wie ein Fahrrad oder auch eine Mietwohnung. Darüber hinaus stellt sich grundsätzlich die Frage, wie gerade Deutschland mit seinen durch Klima und Böden besonders begünstigten landwirtschaftlichen Flächen mit diesen umgeht. Stellen sich da nicht besondere Anforderungen an Nachhaltigkeit und Verantwortung auch für andere

Wie will LEP Verbrauch landwirtschaftlicher Flächen in den Griff bekommen?

Insofern erscheint der FDP-Antrag, der ja in seiner Begründung auch auf das Vorhandensein einer Gleichstellung unterliegenden Rahmenbedingungen eingeht, zumindest diskussionswürdig. Er rührt jedoch auch an die grundsätzliche Problematik, dass in Bayern in der Landesentwicklung nichts so recht vorwärts zu gehen scheint. Stellt man den Antrag in Kontext zur jüngsten Einladung der Staatsregierung an Gemeinde- und an Landkreistag zum LEP, mit dem Ergebnis, dass Gemeinden erweiterte Ausnahmeregelungen für die Genehmigung z..B. von Verkaufsflächen auf der „grünen Wiese“ zugestanden werden sollen, so kommt man schon ins Grübeln, wie das zusammenläuft.

Am kommunalen Selbstverwaltungsrecht will niemand rühren

Streng genommen stellt sich da auch die Frage, ob es überhaupt zukunftsgerecht ist, jeder Gemeinde in der bestehenden Weise die Ansiedlungspolitik mit all ihren raumübergreifend notwendigen Infrastrukturmaßnahmen zu überlassen. An das kommunale Selbstverwaltung Selbstverwaltungsrecht wird – mit Recht – im Prinzip niemand rühren wollen und sich trauen Aber nachdenken über der Zukunft gerecht werdende Anpassungen wird man dürfen oder müssen.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

08. Februar 2013 um 15:14h