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Studiengebühren: Streit setzt mit Beginn der Eintragungsfrist ein

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Mit dem ersten Tag des Volksbegehrens setzte eine Sachdiskussion um die Studiengebühren ein. Ausgelöst nicht etwa durch die Politik, sondern rund um die Sendung „kontrovers“ des Bayerischen Fernsehens. Deren Macher hatten durchaus unüblich und auch strittig gleich am Anfang Partei für die Beibehaltung der Studienbeiträge ergriffen. Zwar wären sie mit der Absicht, in der Sendung Pro und Contra abzuwägen, an das Projekt herangetreten, „doch aber nachdem wir alle Informationen abgewogen haben, halten wir Studiengebühren für richtig und wichtig (…)“ Der Beitrag selbst endete mit den Worten „Wir sagen: Studiengebühren erhalten!“ So zitiert der Initiator des Volksbegehrens, der Freie Wähler-Landtagsabgeordnete Prof. Michael Piazolo, aus dem Sendeprotokoll und schließt gleich seine „Verwunderung“ an. „Von einem mit Gebührengeldern finanzierten öffentlich-rechtlichen Sender wie dem Bayerischen Rundfunk erwarten wir auch bei diesem Thema eine journalistisch faire, ausgewogene Berichterstattung …“. Die Freien Wähler verlangten eine zeitnahe Behandlung des Vorgangs im BR-Rundfunkrat.

Nach „kontrovers“-Sendung – Freie Wähler rufen nach BR-Rundfunkra

Was die Freien Wähler eigentlich unter Pressefreiheit verstünden, fragte darob der Fraktionsvorsitzende der FDP im Landtag, Thomas Hacker. „Herr Piazolo sollte sich einmal überlegen, aus welchen Gründen eine unabhängige, bekanntermaßen kritische Fernsehredaktion wie „kontrovers“ zu so einem eindeutigen Ergebnis kommt.“ Solle eine Redaktion ihre offenbar recht einhellige Ansicht nicht äußern dürfen, nur weil Herr Piazolo eine andere Meinung hat? Der Vorgang ist, wie erwähnt, zumindest ungewöhnlich, weicht von der bisherigen Praxis der Redaktion deutlich ab und wird angeblich von dieser mittlerweile als „Experiment“ dargestellt. Sicher diskussionswürdig, vom eigentlichen Thema lenkt es hier ab.

FDP bleibt auf Kurs – In Klausur Argumente für Studiengebühren erneuert

Die Liberalen sind bekanntlich die einzige Fraktion, die sich von Beginn an bis heute eindeutig für die Studiengebühren ausspricht. Deren Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch hatte sich von Beginn an für das entsprechende vor wenigen Jahren von der CSU initiierte und durchgesetzte Gesetz eingesetzt und zu Beginn seiner Amtszeit mit dafür gesorgt, dass bestehende soziale Unebenheiten geglättet und das Horten der vereinnahmten Studentengelder durch die Hochschulleitungen unterbunden wurden. Seitdem verweisen Heubisch und Hacker auf beste Erfahrungen mit deren Verwendung, damit verbundene Vorteile für die Studierenden wie länger geöffnete Bibliotheken oder mehr Tudorienstunden. Zusammengenommen vermutlich all das, was auch die „kontrovers“-Redaktion vorgestellt hatte.

Das Thema beschäftigte die FDP-Landtagsabgeordneten auch gleich gestern zu Beginn ihrer Klausur. Dabei sahen sie nach eigener Darstellung geladene Vertreter der Wissenschaft, Industrie- und Handels- sowie Handwerkskammern ganz auf ihrer Seite und Hacker konnte anschließend resümieren: „Wir stehen zu unserer Überzeugung und haben dafür gute Gründe: Studienbeiträge sichern beste Bildung im Freistaat und helfen dabei, Bayerns Staatsausgaben im Lot zu halten.“ Und Heubisch fügte an: „Es ist für uns Liberale eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, diejenigen moderat an den Kosten für ihr Studium zu beteiligen, die später überdurchschnittlich verdienen werden.“

Grüne argumentieren gegen Kampagne der Hochschulen

Zu Fragen der Gerechtigkeit kann man hinzufügen, dass beispielsweise die Freien Wähler zur Zeit einen schon älteren Vorschlag, die Meisterausbildung ähnlich kostenfrei zu stellen, parlamentarisch vorantreiben. Ansonsten beschränkt sich die Argumentation der Studiengebühren-Gegner weitgehend auf die Feststellung, dass die Abschaffung der Gebühren für eine gerechtere bayerische Bildungslandschaft sorge. Damit wandte sich gestern auch die hochschulpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Gote, gegen eine neue Kampagne der Hochschulen gegen das Volksbegehren. DIe Behauptung des Sprechers der Universitäten, Prof. Godehart Ruppert, dass die Studiengebühren nach ihrer Abschaffung (bislang überall außer in Bayern und Niedersachsen) nirgends in voller Höhe kompensiert worden seien, sei schlicht falsch. So sei im grün-roten Baden Württemberg nachweislich eine volle Kompensation mit Hilfe eines dynamischen Finanzierungsmodells, das ausdrücklich die Studierendenzahl an den einzelnen Hochschulen berücksichtigt, erfolgt. „Es ist wichtig, dass die Bevölkerung in Bayern – die nach einer aktuellen Umfrage zu fast drei Vierteln gegen Studiengebühren ist – das auch weiß.“

CSU verschließt aus Furcht vorm Wähler Argumente in der Schublade

Nun hat die Furcht vor diesen – absehbaren – drei Vierteln die CSU vor den anstehenden Landtagswahlen von der Seite der Liberalen getrieben. Mit einer bemerkenswerten Offenheit klappte die größte Regierungsfraktion die Argumentationsschublade zu. Eigentlich gestandenen früheren Befürwortern blieben nur noch Ausflüchte. Eine Konstellation, in der die vom Abstieg bedrohte FDP ihr Heil in Standfestigkeit sucht. Es wäre allerdings unbillig, dies damit abzutun. Denn auch gegen deren Argumente, neben den positiven Erfahrungen mit der Verwendung der Studiengebühren, auch nach weiteren Wegen der Hochschulfinanzierung etwa über die Wirtschaft, mehr Wettbewerb unter den Hochschulen oder auch mehr Vielfältigkeit in der Stipendienlandschaft zu suchen, ist bislang wenig vorgebracht worden. Dem gegenübergestellt erscheinen selbst umgebundene Maulkörbe aus Angst vor einem Wählervotum als politisch erbärmlich.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

18. Januar 2013 um 08:20h

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