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Landesverweis für Journalisten? – Buntes Treiben in Bayern ohne Ende

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Das geht so nicht. Die müssen raus aus Bayern.“ Mit diesen Worten wird Ministerpräsident Horst Seehofer zitiert. „Raus“ sollen einige WDR-Journalisten, die am Wochenende bei einer CSU-Wahlveranstaltung in Würzburg Landtagspräsidentin Barbara Stamm mit ihrer Forderung nach einem Interview in unangemessener Weise bedrängt haben sollen. Das Kamerateam von „Monitor“ sei trotz ihrer ablehnenden Haltung mit laufender Kamera auf sie zugegangen. Auch von einem Stupser ist die Rede. Stamm wird zitiert, sie habe sich „bedrängt“ gefühlt. Darüber hatte sie sich anschließend beim ebenfalls anwesenden Regierungschef beschwert. Dieser war auf der Suche nach dem Kamerateam nach draußen gegangen. Dort sei vor Zeugen das besagte Zitat gefallen.

Eine Beschwerde über rüpelhaftes Verhalten wurde auf den Weg zum WDR gebracht. Vertreter der Landtagsopposition aber auch des CSU-Koalitionspartners FDP und des Journalistenverbands erregen sich indes über die unangemessene Forderung Seehofers. Dies sei ein weiterer Beleg für das Verständnis des CSU-Chefs zu Rolle und Aufgaben des Journalismus. Erinnert wird an Fälle wie die des Ex-CSU-Sprechers Hans Michael Strepp, der laut ZDF versucht haben soll, eine Berichterstattung des Senders über die SPD zu beeinflussen.

Verrückt oder töricht? – der ursprünglich zugrunde liegende Anlass bleibt wichtig

Die Forderung Seehofers – wenn sie überhaupt mit diesen Worten erhoben wurde – ist irgendwo zwischen verrückt und töricht einzuordnen. Fragen kann man sich, wie einem erfahrenen Politiker so etwas über die Lippen kommen kann. Nicht in den Hintergrund rücken darf der diesem Fall ursprünglich zugrunde liegende Anlass. Der anerkannte TV-Journalist Stephan Stuchlik hatte für den „Monitor“ in den vergangenen Tagen – angeblich mehrfach – um ein Interview mit der Landtagspräsidentin zur „Verwandtenaffäre“ gebeten. Dies sei ihm verweigert worden, wozu mehrere Begründungen und Versionen im Umlauf sind. Die Präsidentin habe befürchtet falsch zitiert zu werden, sie habe auf die Homepage des Landtags verwiesen und dass zum Thema schon alles und mehrfach gesagt worden sei. Darüber hinaus würden die Fragen von „Monitor“ schriftlich beantwortet. Letzteres wäre allerdings auch ein Indiz für doch tieferreichende Fragen des Magazins.

Fall „Mollath“ hatte in ähnlicher Weise Fahrt aufgenommen

Auf jeden Fall wären Befürchtungen von „Betroffenen“ im weiteren Sinne verständlich. Auch der Fall „Mollath“ hatte erst so richtig Fahrt aufgenommen nachdem ein Polit-Magazin im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nochmals nachrecherchiert und berichtet hatte. Möglicherweise richteten die Fragen von „Monitor“ an die Präsidentin den Blick auf einen in der an Facetten reichen „Verwandten-Affäre“ im Bayerischen Landtag bisher eher vernachlässigten Aspekt. Etwa auf eine Umleitung von Steuergeldern in Partei- und Wahlkampfkassen oder auch anderes bisher so nicht Vermutetes.

Dem sollte eine verantwortliche Landtags-Präsidentin sich stellen sollen und können. Ohne Wenn und Aber, ohne Verweis auf eine Homepage oder auf schon wiederholt Gesagtes. Nicht nur aus dem Amt, sondern auch aus bisherigem Verhalten kann eine besondere Verpflichtung hierzu erwachsen. In ihren Amtsräumen musste sie auch keine „Rüpeleien“ von Journalisten befürchten. Und zum erhobenen Lamento über „unhöfliches Auftreten“, ist auch festzustellen, dass es beispielsweise auf Pressekonferenzen weniger die höflich vorgetragenen Fragen waren, die eine mißbräuchliche oder moralisch äußerst anfechtbare Verwendung von Steuergeldern durch Landtagsabgeordnete und die daraufhin hinterfragte sehr anfechtbare Kontrolle durch das Landtagsamt aufdeckten.

Zeit und Gelegenheit zur Anhörung Betroffener – das Argument zieht nicht mehr

Nicht gemangelt hat es hingegen an Versuchen sowohl der Präsidentin als auch des Ministerpräsidenten Informationen zurückzuhalten oder die Angelegenheit für beendet zu erklären. Die „dicksten Hämmer“ kamen immer danach. Der regelmäßig genannte Grund, Betroffene müssten zuerst persönlich zur Sache gehört werden, hat längst an Gewicht verloren. Für die angeblich vereinzelten also überschaubaren „Fälle“ blieb genügend Zeit, und diese hatten hatten jede Gelegenheit sich dazu zu äußern. Vom Sachverhalt selbst mussten sie Kenntnis haben, vielleicht nur nicht von dessen Aufdeckung. Allein den Anschein einer Fortsetzung dieses Schlingerkurses zwischen Aussageverweigerung und vorgeblicher „Mehr-geht-nicht-Transparenz“ durch die Spitzen von Landtag und Staatsregierung verträgt diese Angelegenheit längst nicht mehr.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

27. August 2013 um 06:42h

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