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Zielstrebiger grüner Neustart

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Nach wie vor sitzen sie ganz links im Plenarsaal. Schon rein optisch oder strategisch der schlechteste Platz zum Kuscheln mit der Regierungsfraktion. Doch der Drang der Grünen zur CSU hält sich, milde gesagt, in Grenzen. Darüber hinaus geben sie sich alle Mühe, sich als „die Opposition“ im Landtag zu verkaufen. Neben der Frage, inwieweit SPD und Freie Wähler solches zulassen, richtet dies den Blick auf die Führung der Grünen. Deren Wahl hatte die Fraktion geräuschlos über die Bühne gebracht und dabei wie erwartet auch ihren Vorstand erweitert. Damit sollen schnell zu treffende Entscheidungen auf eine breitere Basis gestellt werden. Öffentlich wahrgenommen wird jedoch nach wie vor die Doppelspitze. Neben der wiedergewählten Margarete Bause verkauft jetzt Ludwig Hartmann grüne Landtags-Politik.

Der Landsberger Abgeordnete, übrigens Neffe der früheren Fraktionschefin Ruth Paulig, war in seiner ersten, der vergangenen Legislaturperiode in Energiefragen schnell zur ersten Adresse über Fraktionsgrenzen hinaus geworden. Auch deshalb wird Hartmann nach wie vor ob von Journalisten oder Verbänden zur Energiepolitik zuallererst abgefragt und zitiert, obwohl die Fraktion in Martin Stümpfig über einen kompetenten Nachfolger als energiepolitischen Sprecher verfügt. Problematisch für Hartmann ist dabei, ob er als Fraktionsvorsitzender nicht allzusehr auf die Energiepolitik reduziert wird. In seiner neuen Rolle genügt es auch nicht, dass er bei Landratswahlen in einer Stichwahl nur knapp gescheitert war oder sich sogar bundesweit einen Namen als Gegner der Austragung Olympischer Winterspiele in seiner oberbayerischen Heimat erworben hatte.

Letzteres untermauert vorläufig nur seinen Ruf als excellenter Netzwerker, und die Staatsregierung wird seine Ankündigung, die Windkraftbefürworter noch besser zu vernetzen, aufmerksam registriert haben. Ein Gespräch mit Hartmann über einen Teil-Aspekt der Windkraftdiskussion zeigt jedoch schnell, wie dieser seine breiten kommunalpolitischen Erfahrungen nutzt. Vorhandenes Detailwissen erkennt man z.B. im Gespräch über eine auftauchende Parallelität im genossenschaftlichen Umgang mit Windenergie und Pflege. In beiden Bereichen geht es darum, wie der Bürger am Gewinn, wie auch immer man diesen definiert, beteiligt werden kann.

Energiewende und Pflege – Genossenschaften im Gegenwind

So soll in der aktuellen Diskussion um die Energiewende in Bayern der Bürger sich in Form von Energie-Genossenschaften aus der Rolle des reinen Energie-Zahlers verabschieden können und an Einnahmen aus der Energieerzeugung beteiligt werden. Das stört natürlich die Interessen der großen Energieversorger. In der ebenfalls anstehenden Debatte um die politische Gestaltung und Unterstützung genossenschaftlicher Wohnformen, die Pflege beinhaltet und den generellen Wunsch auf eine eigene Wohnung auch im Alter berücksichtigt, steht ebenfalls ein Verteilungskampf in Aussicht. Denn Pflege- und Altenheime, ob unter Trägerschaft von Kapitalgesellschaften oder der Wohlfahrt bzw. Kirchen, werden ihre Pfründe verteidigen und bestehenden politischen Einfluss nutzen. Man mag sich am Rande daran erinnern, dass der von der Staatsregierung einberufene Zukunftsrat als eine der wichtigsten Erkennnisse und Aufgaben einen notwendigen Ausbau des Genossenschaftswesens in der bayerischen Gesellschaft auf die politische Agenda setzte – und wie schnell der Zukunftsrat beerdigt wurde. Nicht nur wegen eines ihm vorgeworfenen Verrats strukturschwacher Regionen.

Margarete Bause steht nach wie vor im Mittelpunkt

Während Hartmann sich in seiner neuen Rolle gut zurechtzufinden scheint, wurde anfangs durchaus gerätselt, ob Margarete Bause wieder zu alter Stärke zurückfindet. Nach den als für die Grünen in Bayern als verloren einzustufenden Landtagswahlen, war sie trotz eines Rufs nach breiter Erneuerung unangefochten an die Spitze der Fraktion wiedergewählt worden. Man kann darin abwertend auf eine fehlende Alternative hinweisen oder schlicht feststellen, dass sie die Geeignetste ist. Anlass, daran zu zweifeln, gibt es nach einem souveränen Neustart nicht. Den Zeitpunkt, jetzt schon Alternativen wie die Münchnerin Katharina Schulze ins Spiel zu bringen, hält Bause für verfrüht, doch dass „Nachwuchs aufgebaut wird, ist selbstverständlich“. Als eher ärgerlich und unangemessen hingegen stuft Bause Interviewbeiträge wie von Markus Rinderspacher ein. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion hatte ihren Stellenwert mit „die war ja schon weg“ abqualifiziert. Das so Bause, habe „wohl eher mit Rinderspachers Selbstfindungsproblem in der Zwitterrolle der SPD“ zu tun.

Wie sich das Innenverhältnis der Oppositionsfraktionen entwickelt, wird letztlich über den Umgang mit Sachthemen entschieden. Eine erste Gelegenheit gibt der für kommenden Dienstag von der SPD angekündigte Gesetzentwurf zu Volksbefragungen. Mit dessen Einbringung verknüpft die SPD die Absicht als erstes Volkes Meinung zu Windkraft/Energiewende einzuholen. Den Entwurf müsse man sich erst mal genauer anschauen, meint Bause. Einfach abnicken werden ihn die Grünen nicht. Dasselbe wird für die Freien Wähler gelten, denn das Thema birgt gerade im Hinblick auf die Kommunalwahlen (16. März) viel Sprengstoff und Möglichkeiten der Eigenprofilierung.

Grünes Nahziel: „Zahl der grünen Mandate in den Kommunen deutlich erhöhen“

Für die Wahl selbst sehen sich die Grünen gut aufgestellt. Die Ökopartei hat viele noch bestehende weiße Flecken gefüllt und tritt in wesentlich mehr Gemeinden an. Das Ziel formulieren Bause und Hartmann mit „wir wollen die Zahl der grünen Mandate in den Kommunen deutlich erhöhen“. Die Stimmung in der Basis schätzen beide als sehr gut ein. Die Grünen „krempeln die Ärmel wieder hoch“, das habe sich beim Wahlkampfauftakt am Samstag in Regensburg gezeigt. Die Stimmungslage zwischen Landespartei und Fraktion scheint, auch dank der neuen Landesvorsitzenden Sigi Hagl, wieder deutlich verbessert.

Die Themen liegen für die Grünen auf der Straße. Hartmann nennt als Beispiel das Freihandelsabkommen zwischen USA und EU. Das sperrige und früher kaum zu vermittelnde Thema hat inzwischen die Verbraucher erreicht, und die Grünen bringen es auf einen Punkt. Die verbraucherschutzpolitische Sprecherin der Fraktion, Rosi Steinberger, hatte jüngst gefordert, den Agrarsektor aus den Verhandlungen ganz auszuklammern. Bei all dem intransparenten Gemauschel „drohen unsere hohen Standards und klaren Vorgaben zur Verhandlungsmasse zu werden. Am Ende könnte die Freigabe gentechnisch veränderter Produkte auf dem deutschen Markt zur Durchsetzung der Anliegen deutscher Autobauer in die Waagschale geworfen werden.“

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

23. Januar 2014 um 14:28h

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