MAX-Online

Landtag, Kommunen, Regierung, Organisationen

Grüne im Landtag: Organisatorisch hui, thematisch noch nicht in die Gänge gekommen

kommentieren

Das neue Führungsgespann der Grünen im Landtag hatte getrennt aber unisono die Parole ausgegeben: „Bei den Kommunalwahlen gehen wir in die Breite.“ Einerseits auch aus der Not geboren – wirkliche Führungspersönlichkeiten vom Schlage eines Sepp Daxenberger schienen zu fehlen -, war andrerseits klar ersichtlich, dass es für eine mittlerweise etablierte Partei allzu viele weiße Flecken auf der Landkarte gab. Gleichzeitig war damit eher en passent zu spüren, dass die grüne Landtagsfraktion das Ziel verfolgte, das Heft in die Hand zu nehmen und den Grünen im Lande die Ziele vorzugeben. Wie der zu Beginn der Legislatur neu gewählte Mit-Fraktionsvorsitzende Ludwig Hartmann bestätigt, wird das demnächst auch formal vollzogen. Nach den Europawahlen wird der erfahrene Pressesprecher Axel Burger aus der Parteizentrale ins Maximilianeum umziehen, um dort als strategischer Kopf Ziele und Kräfte der Grünen in Bayern zu bündeln. Damit folgen die Grünen im Prinzip anderen Landesverbänden und Landtagsfraktionen. Das strategische Zentrum, so Hartmann, gehöre einfach in die Fraktion.

Neues Vorstandsmodell funktioniert – scharrende Hufe nicht zu überhören

Es spricht für die Lernfähigkeit der Grünen, dass sie auch hier Konsequenzen aus dem mageren Ergebnis der Landtagswahl ziehen. Der erste Schritt war mit der Verbreiterung der Fraktionsspitze vollzogen worden. Hinzu kam die zunehmend sich als ideal erweisende Lösung den aufstrebenden, kaum zu bremsenden Hartmann und die erfahrene Margarete Bause nebeneinander zu stellen. Das scheint, spricht man mit beiden und hört in die Fraktion hinein, auch gut zu funktionieren. Was nichts daran ändert, dass gerade der weibliche Nachwuchs mit den Hufen scharrt. Es ist auch kein Geheimnis, dass die Münchnerin Katharina Schulze oder auch die schon etwas länger dem Landtag angehörende Claudia Stamm in den Vordergrund rücken. Wobei die eine mehr Schub von Dritten zu erhalten scheint, und die andere eher selber drängelt. Das wird sicher interessant und spannend, wobei eine Maxime bisher zu halten scheint: eine Margarete Bause greift man besser nicht an oder verletzt sie gar. Ein Satz, der sehr viele Auslegungen zulässt. Sie selbst begegnet der Situation und der Frage mit großer Gelassenheit.

Hagl: Nicht nur grüne Ideen sondern auch grüne Köpfe mehrheitsfähig

Betrachtet man das Ergebnis der beiden Kommunalwahlgänge aus grüner Sicht, so zeigt sich zweierlei. Das Ziel einer bayernweit verdichteten Präsenz in Kommunalparlamenten wurde erreicht. Dass künftig 14 Kommunen grün regiert werden, konnte man nicht erwarten, und dass die Grünen ab jetzt zwei Landräte stellen, schon gar nicht. Es zeigte sich auch, dass die Annahme mangelnder Zugkraft von Einzelpersonen so nicht stimmt. Wohl zu Recht kann sich Landesvorsitzende Sigi Hagl darüber freuen, das nicht nur grüne Ideen, sondern auch grüne Köpfe mehrheitsfähig sind. Bei Hagl selbst soll es hinsichtlich der Absicht, das strategische Zentrum in den Landtag zu verlegen, etwas an Überredungskunst gekostet haben. Fakt ist aber auch, dass sie seit ihrer Wahl zur Landesvorsitzenden fast regelmäßig die Fraktionssitzungen besuchte und diese Praxis zum festen Bestandteil der grünen Strategie werden soll. Ein fast traumatisches Gefühl, wie rund um die letzte Landtagswahl mit einem Irrlichtern an Positionen, wollen die Grünen in Bayern nicht mehr erleben.

Eher unauffällig hat die Fraktion interne Änderungen und Maßnahmen ergriffen und vollzogen. Das reicht vom Mitarbeiterschulungen bis zum Trainee von Abgeordneten zur besseren Mitarbeiterführung. Es erfolgt auch externe Beratung zur Außendarstellung. Texte sollen nicht nur die eigene Basis ansprechen, sondern auch mit Blick auf Nichtwähler, Unentschlossene oder wenig Kenntnisreiche verständlicher und in auch ansprechender – sprich nicht abstoßender – Weise formuliert werden. Gesucht oder vertieft wird auch der Zugang zu Fachpublikationen oder Verbandsperiodika.

Viel Energie(politik) – wenig Ausschuss(arbeit)

Da ist viel von neu ordnender Hand zu verspüren. Genauso unübersehbar ist allerdings auch, dass die Grünen-Fraktion bei Sachthemen hinterherhinkt. Im Augenblick lebt und zehrt sie vor allem von der Energiepolitik, wo sich neben und nach Hartmann der Abgeordnetenneuling Martin Stümpfig immer mehr in den Vordergrund schiebt. Katharina Schulze schlägt ihre ersten Pflöcke im Bereich der Bürgerrechte ein und könnte damit auch inhaltlich zu den tragenden Säulen der Fraktion werden. Doch man kann sich sehr wundern, dass gerade aus dem Umweltbereich aber nicht nur von dort fast nichts kommt. Da ist es andererseits positiv gesehen schon sehr erstaunlich, wie sich der Neuling und Alt-Ökobauer Ulrich (Ulli) Leiner als stellvertretender Vorsitzender im Landwirtschafts-ausschuss behauptet und fast nebenbei gekonnte Initiativen im neu geschaffenen Gesundheits-/Pflegeausschuss ergreift. Bemerkenswert ist auch, dass der Nicht-Jurist Dr. Sepp Dürr im Rechtsausschuss punktet und als erfahrener Abgeordneter und in mehrerlei Hinsicht von mancher Last befreit fast vergnügt erscheinend den Finger in manche offene und/oder alte Wunde von Staatsregierung/Regierungsfraktion legt. Doch insgesamt gesehen, scheinen die Grünen auch aus Sicht anderer Beobachter noch nicht so recht in die Gänge gekommen zu sein. Doch auch das, so kündigt darauf angesprochen Hartmann an, muss und wird sich ändern.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

03. April 2014 um 08:24h