MAX-Online

Landtag, Kommunen, Regierung, Organisationen

Behördenverlagerungen: „Wuchtiges Signal“ oder „viel Lärm um nichts“

kommentieren

Das vor einem Jahr beschlossene Behördenverlagerungskonzept wurde in der gestrigen Kabinettssitzung bestätigt und ein zugehöriges Personalrahmenkonzept beschlossen. Gleichzeitig zog Finanz- und Hematminister Dr. Markus Söder eine Zwischenbilanz. Man sei „bei der größten Regionalisierung von staatlichen Behörden und Einrichtungen der letzten Jahrzehnte auf einem guten Weg”. Demnach wurden bei 92 Prozent der Projekte das Immobilienverfahren eingeleitet, bei 50 Prozent ist es schon abgeschlossen. Vier konkrete Verlagerungsmaßnahmen mit 82 Personen wurden bereits im letzten Jahr gestartet. Insbesondere studieren seit letztem Herbst rund 70 zusätzliche Studenten an der Hochschule in Kaufbeuren. Aktuell steht für das Jahr 2016 die Umsetzung von weiteren 25 Projekten mit fast 300 Personen an. Bis 2018 werden insgesamt 50 Projekte mit über 850 Personen gestartet sein. Während Söder darin ein wuchtiges Signal“ zu erkennen glaubt, sieht die Opposition eher Anlass für Kritik und Spott: „Ein Tropfen auf dem heißen Stein“, urteilt die SPD, „Kleckerleskram“ meinen die Grünen.

Beteiligungsverfahren: 20 % zeigen Interesse an Versetzung aufs Land

Mit Startbeginn des Konzepts war für den endgültigen Beschluss ein umfangreiches Beteiligungsverfahren durchgeführt worden. Dazu haben über 60 Personalräte, Gewerkschaften und Berufsverbände eine Stellungnahme abgegeben. Demnach haben bereits über 470 Beschäftigte ihr Interesse an einer Versetzung (20 % der Rückmeldungen) bekundet. Außerdem werde die natürliche Fluktuation durch Ruhestandseintritte genutzt, um Arbeitsplätze an den neuen Standorten nachzubesetzen. In den nächsten Jahren werden in den betroffenen Behörden mehr als 25 Prozent der Mitarbeiterschaft und damit rund 1.700 Beschäftigte altersbedingt in den Ruhestand treten. Zudem soll es verschiedene Anreize für einen Wechsel des Arbeitsortes geben, zum Beispiel die Möglichkeit, sich zunächst befristet abordnen zu lassen, erweiterte Telearbeitsmöglichkeiten oder Mobilitätsprämien von 3.000 Euro. Von den Verlagerungen profitieren laut Söder insbesondere Regionen, die im Raum mit besonderem Handlungsbedarf liegen oder von Konversion betroffen sind. Ein Schwerpunkt der Verlagerungen liegt deshalb in Oberfranken und der nördlichen Oberpfalz. Diese erhalten über 1.000 Arbeits- und Studienplätze. Diese Regulierung sei „ein wuchtiges Signal für die Stärkung des ländlichen Raums”, freute sich Söder. „Mit der Verlagerung von 2.225 Arbeitsplätzen und 930 Studienplätzen aus den Ballungszentren in ländliche Regionen Bayerns betreiben wir passgenaue, aktive Strukturpolitik in Reinkultur”, so Söder weiter. Insgesamt umfasst das Konzept 64 Maßnahmen aus allen Ressorts und der Staatskanzlei mit 3.155 Personen.

Opposition: „Tropfen auf dem heißen Stein“ und „steuerfinanzierte Farce“

Rote und Grüne von der Opposition rieben sich die Augen. „Ein Tropfen auf dem heißen Stein“, urteilt die SPD, von einer „steuerfinanzierten Farce“ sprachen die Grünen. Was mit dem letzteren gemeint ist, erschließt sich nicht auf den ersten Blick, doch die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, Claudia Stamm, meint, Söder führe seinen CSU-internen Machtkampf mit den Behördenverlagerungen und „finanziere seinen Wahlkampf als Seehofers Nachfolger damit aus Steuermitteln und auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger“. Denn diese hätten von „Kleckerverlagerungen einzelner Dienststellen und Teilen einzelner Dienststellen“ gar nichts. Von echten Behördenverlagerungen kann für Stamm angesichts der Ergebnisse keine Rede sein. Auch die Begeisterung der MitarbeiterInnen der Behörden halte sich in Grenzen. Bisher hätten nur 20 Prozent der Betroffenen Interesse an einer Versetzung gezeigt. Eigentlich zeige sich damit, dass die Menschen da, wo sie jetzt arbeiten, ihre Heimat sehen und „nicht da, wo Söder hinschicken will“. Söders Deutungen sind für die Grüne da schon „dreist“.

Annette Karl, die Sprecherin der SPD-Fraktion für den ländlichen Raum, wundert sich: „Wenn sich Heimatminister Söder für 82 Stellen im ganzen Jahr 2015 feiert, ist das regelrecht albern.“ Das gleiche bei weitem nicht die Stellenverluste bei Lehrern und Polizeibeamten aus, die vom Land weg in die Ballungszentren versetzt wurden. Das sei viel Lärm um nichts, den die Staatsregierung da veranstaltet. Unterm Strich verlören die ländlichen Regionen jedes Jahr weiter öffentliche Stellen.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

02. März 2016 um 08:22h

Abgelegt in Allgemein,Landespolitik

Schlagwörter: