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Landtag, Kommunen, Regierung, Organisationen

Vorschau: Landtag heute (Mittwoch, 11. Dezember)

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Nachtragshaushalt mit mehr Ausgaben und weniger Schuldenabbau

Der Nachtragshaushalt für 2019/2010 wird erst im neuen Jahr verabschiedet werden können. Heute Vormittag wird ihn Finanzminister Albert Füracker ihn in Erster Lesung vorstellen Drs. 18/4985, Drs. 18/4986. Vorgesehen sind einige durchaus einschneidende Veränderungen, vor allem um mehr Spielräume für Investitionen zu schaffen. Dafür wurde der vorgesehene Schuldenabbau deutlich reduziert. Letzten Endes bedeutet dies eine Verabschiedung von der vorgesehenen Schuldenfreiheit für 2030. – Später werden auf Wunsch der jeweiligen Fraktionen einige Anträge noch einmal im Plenum beraten. Antrag von CSU/Freie Wähler/FDP. Zugang zu Reproduktionsmedizin für Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch erleichtern – Finanzmittel des Bundes nach Bayern leiten – eigenes kofinanziertes Landesprogramm auflegen Drs. 18/4143, 18/5212 (E). Antrag der AfD. Bayerische Hochschulen: Grundfinanzierung erhöhen, Gründerfeindlichkeit verringern Drs. 18/2818, 18/5190 (A). Gemeinsamer Aufruf: Antrag der AfD. Verpflichtung zum Einbau von Abbiegeassistenten für Lkw und Busse Drs. 18/3096, 18/5206 (A). Antrag von Freien Wählern/CSU. Mehr Verkehrssicherheit durch Abbiegehilfen: Kommunen sollen schnell und individuell reagieren können Drs. 18/3606, 18/5202 (G). Nach der Mittagspause werden die zumPlenum eingereichten Dringlichkeitsanträge aufgerufen.

Dringlichkeitsanträge

AfD will stichsichere Schutzwesten für Polizei – Fragwürdige Quelle in Antragsbegründung

Einem Turnus folgend wird heute der Dringlichkeitsantrag der AfD (5311) „Sicherheit für Bayerische Polizeibeamte erhöhen – Anschaffung von stichsicheren Schutzwesten flächendeckend durchsetzen!“ zuerst aufgerufen. Eine Ausstattung soll erfolgen, „soweit die jeweils an die Beamten ausgegebenen ballistischen Schutzwesten einen sicheren Schutz vor Stichen mit Messern und spitzen Gegenständen nicht gewährleisten“. – In der Antragsbegründung weist die AfD-Fraktion – nicht zu Unrecht – darauf hin, dass immer häufiger Polizeibeamte, aber auch andere Sicherheits- und Rettungskräfte, Opfer von verbaler und körperlicher Gewalt werden. Die AfD sieht darin, dass wir – insbesondere seit dem Jahr 2015 ((Beginn der sog. Flüchtlingskrise in Europa)) – eine „beispiellose Verrohung und Gewalteskalation im öffentlichen Raum“ erleben. Die AfD bezieht sich dabei auf „Medienberichte“, denen zufolge es in Deutschland alleine „am letzten Wochenende“ 43 Messerattacken in Deutschland (https://www.wochenblick.at/26-messer-taten-an-einem-wochenende-toetungen-ueberfaelle-konflikte/) gegeben habe. Die „Quelle“, die oberösterreichische WB Wochenblick, hatte in deutschen Tageszeitungen die genannten Vorfälle „am zweiten Adventswochenende“ recherchiert und die Quellen angegeben. Schon ein erster Blick genügt, um zu erkennen, dass es sich keineswegs um das zweitägige Wochenende, sondern um einen fünftägigen Zeitraum vom 5. – 9. Dez. 2019 handelte. Auch in der Zuordnung der Daten ist einiges durcheinandergeraten, und von der WB gewählte Überschriften zu den aufgeführten Vorfällen sind zumindest fragwürdig. So wenn in einem im übrigen bis dahin völlig ungeklärten Geschehen in Emmendingen aus einer Täterbeschreibung des einzigen Zeugen (des Betroffenen) „spricht deutsch mit Akzent“ ein Überfall durch einen „Migranten“ wird. Es verwundert wenig, wenn man z.B. die leicht nachprüfbaren Einträge in Wikipedia zu WB – u.a. deren Nähe zur FPÖ und Kritiken des Presserats - (https://de.wikipedia.org/wiki/Wochenblick ) und andere Quellen aufsucht.

SPD will zukunftsfähiges Verkehrkonzept für ganz Bayern – weg vom „miserablen Angebot“

Ein „Zukunftskonzept ÖPNV 2030“ für Bayern fordert die SPD in ihrem Dringlichkeitsantrag (5312). Dieses solle aufzeigen, wie eine echte, erfolgreiche Verkehrswende in Bayern – weg vom motorisierten Individualverkehr, hin zu ÖPNV und SPNV – gelingt. Dabei solle die Staatsregierung konkrete Ziele für den bayerischen ÖPNV und SPNV bis zum Jahr 2030 formulieren, die bis dahin nötigen Schritte definieren und entsprechende Investitionen und Verfahren vorschlagen. Eine wesentliche Rolle in den Vorschlägen der SPD spielt der Ausbau der Verkehrsverbünde an dessen Ende ein Verkehrsverbund stehen – mit aufeinander abgestimmten Verbindungen, einem Ticketsystem, flexiblen Verkehrslösungen und digitaler Unterstützung bei Information und Koordination. Anregungen aus dem „Schweizer Modell“ mit Stundentakten unter allen Orten ab 1000 Einwohnern und flächendeckenden Rufbussystemen in der Fläche. Dazu nutzerfreundliche, attraktive und sozialverträgliche Preise sowie eine Bündelung und Reform der Aufgaben- und Finanzverantwortung des bayerischen ÖPNV, damit Finanzierung und Organisation programm- und staatsministerienübergreifend koordiniert werden können. Um den Klimawandel aufzuhalten, so SPD-Fraktionschef Horst Arnold in einer Pressemitteilung, brauche es eine Verkehrswende, die den Namen verdient – „hier muss die Staatsregierung schnellstens vorlegen“. Nach wie vor gebe es in Bayern Ortschaften, in denen nicht einmal ein Mal am Tag ein Bus fährt. Hinzu kämen, so Arnold weiter, „ein Dschungel aus unterschiedlichen Verkehrsverbünden und viel zu hohe Preise für ein im besten Fall durchschnittliches, mancherorts aber miserables Angebot“.

FDP wendet sich gegen Öko-Überwachung von Bürgern – keine „grünen“ Hausnummern

Kein Öko-Pranger in Bayern“ formuliert der Dringlichkeitsantrag (5313) der FDP. Der Landtag solle sich gegen jede Art von Social-Scoring aussprechen, das das Verhalten von BürgerInnen bewertet. Dies betreffe insbesondere die Kennzeichnung von vermeintlich ökologisch korrektem Verhalten. In der Antragsbegründung verweist die FDP auf Medienberichte, wonach in Vilshofen an der Donau auf Anregen der FREIEN WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab dem Jahr 2020 „Grüne Hausnummern“ vergeben werden. Wer sich ökologisch korrekt verhalte, solle demnach eine grüne Hausnummer erhalten – andersfarbige Hausnummern kämen damit einem Öko-Pranger gleich. In die Bewertung fließen unter anderem Stromverbrauch, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Fleischkonsum und die Mitgliedschaft in Vereinen wie Greenpeace ein. Diese Form des Social Scorings sei abzulehnen. FDP-Fraktionschef Martin Hagen ist mehr als bestürzt: „Social Scoring, die Bewertung des Verhaltens der Bürger mittels Punktesystem, kennen wir aus dem diktatorischen China. Dass Grüne und Freie Wähler im niederbayerischen Vilshofen nun ein ähnliches System einführen wollen und das bayerische Umweltministerium dies auch noch begrüßt, macht uns fassungslos!“ Hagen weiter in der Pressemitteilung von gestern: „Die anderen Fraktionen müssen morgen Farbe bekennen!”

CSU gegen Nachteile für Mittelstand bei politisch motivierten oder ideologischen Vorgaben

Sustainable Finance Agenda mittelstandsfreundlich und technologieoffen umsetzen!“ Hinter dem Dringlichkeitsantrag (5314) der CSU verbirgt sich die Forderung an die Staatsregierung, sich in Bezug auf die aktuellen Entwicklungen zur Sustainable Finance Agenda auf Bundes- und EU-Ebene weiterhin dafür einzusetzen, dass die Regularien für ein nachhaltiges Finanzwesen so ausgestaltet werden müssen, dass auch kleine und mittlere Unternehmen sie ohne großen bürokratischen Aufwand anwenden können. Im März 2018 habe die Europäische Kommission ihren „Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ veröffentlicht. Dieser zielt im Kern darauf ab, die Finanzwirtschaft als Hebel des wirtschaftlichen Umbaus zu nutzen. Die Finanzströme sollen gezielt in nachhaltige Projekte und Unternehmen gelenkt werden. Die EU-Kommission diskutiere hierbei unter anderem, so erläutert die CSU in einer Pressemitteilung, Atomkraft als nachhaltig und Gas als nicht nachhaltig einzustufen. Zudem werde über die Einführung einer sogenannten „brown list“ mit vermeintlich umweltschädlichen oder nicht nachhaltigen Branchen (zum Beispiel Automobilzulieferer im Bereich Diesel-Motoren) nachgedacht. Bei Finanzierungen insbesondere bei Investment-, Bank- und Versicherungsprodukten wären diese Branchen dann ausgegrenzt. „Uns ist wichtig, dass die bayerischen Unternehmen durch diese Neuregelungen keine Wettbewerbsnachteile bekommen. Die Finanzierung unseres Mittelstands darf nicht von politisch motivierten oder ideologischen Vorgaben eingeschränkt werden, gerade bei der Kreditvergabe“, sagt Sandro Kirchner (CSU), der Vorsitzende des Wirtschafts- und Energieausschusses im Bayerischen Landtag.

Grüne fordern Erhalt der Gemeinnützigkeit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes

Die Staatsregierung soll die Beobachtung der Landesvereinigung Bayern der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) durch den bayerischen Verfassungsschutz umgehend einstellen und die Einstufung der VVN-BdA als linksextremistisch zurückzunehmen. Mit ihrem Dringlichkeitsantrag (5314) wollen die Grünen weiter erreichen, dass die Vereinigung nicht mehr in den bayerischen Verfassungsschutzberichten unter „Linksextremistische Parteien und Vereinigungen“ genannt wird. Ferner fordern sie Druck auf Bundesebene, dass die Gemeinnützigkeit der Bundesvereinigung der VVN-BdA erhalten bleibt (war vom Finanzamt Berlin am 4.11.19 entzogen worden) und in Bayern dafür zu sorgen, dass die Gemeinnützigkeit der bayerischen Landesvereinigung wiederhergestellt (war vor zehn Jahren aberkannt worden) wird. – Die VVN-BdA war 1947 von Überlebenden der Konzentrationslager und von Verfolgten des nationalsozialistischen Regimes gegründet worden und ist die älteste überparteiliche Organisation von AntifaschistInnen in Deutschland. In der VVN-BdA haben sich Verfolgte des Nazi-Regimes, deren Angehörige und Nachkommen sowie Vertreter jüngerer Generationen zusammengeschlossen. Eine Vielzahl von Mitgliedern der VVN-BdA, so die Grünen, seien auch in Bayern für ihr Engagement, unter anderem mit den höchsten Auszeichnungen des Freistaates Bayern und der Bundesrepublik Deutschland, ausgezeichnet worden. Ihre spätere Einstufung als linksextremistisch sei zurückzunehmen und die Gemeinnützigkeit der Bundesvereinigung der VVN-BdA zu erhalten sowie die der bayerischen Landesvereinigung wiederherzustellen, fordern die Grünen auch in einer gestrigen Pressemitteilung. Das Vorgehen des Finanzamts Berlin und das Verhalten Bayerns „ist für uns Demokratinnen und Demokraten untragbar“, erklärt der Grünen-Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus, Cemal Bozoğlu, „dieses Vorgehen schwächt das dringend notwendige Engagement gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus“.

Freie Wähler wollen ermässigten Mehrwertsteuersatz auch für Fernreisebusse

In ihrem Dringlichkeitsantrag (5315) „Senkung des Mehrwertsteuersatzes ausnahmslos für alle klimafreundlichen Fernreiselinienverkehre“ bitten die Freien Wähler die Staatsregierung, sich weiterhin beim Bund dafür einzusetzen, dass zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen neben dem Schienenfernverkehr auch der Fernbuslinienverkehr in den Genuss des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes kommen. – Im Rahmen des Klimapakets hatte die Bundesregierung kürzlich eine Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Tickets für Fernzüge von 19 auf 7 Prozent beschlossen. Eine Reduzierung, die die Bahn voll an ihre Kunden weitergeben will. Dies führe zu einem Wettbewerbsnachteil für Fernbusreisen, die ja nach nach einer Erhebung des Umweltbundesamtes bei der Klimabilanz sogar vor der Bahn liegen. Gerald Pittner, finanz- und steuerpolitischer Sprecher der Freien Wähler, betonte, dass im Interesse des Klimaschutzes auch Fernreisebusse von der Absenkung profitieren müssten. „Um Wettbewerbsverzerrungen vorzubeugen, fordern die Freien Wähler daher ausnahmslos alle klimafreundlichen Reisemittel im Linienverkehr in die Senkung des Mehrwertsteuersatzes einzuschließen.“

Weitere „Hochgezogene“ Anträge

Anmerkung: Es handelt sich sämtlichst um von der AfD im Ältestenrat beantragte „Hochgezogene“ Anträge. Seit Einführung gab es in allen Legislaturperioden einen durchweg eingehaltenen Konsens, dass ein Hochziehen eines Antrags nur in bestimmten Fällen, wie die Aussicht auf ein geändertes Votum, ein übergeordnetes thematisches Interesse im Einzelfall o.ä. gewünscht wird. Dies trifft auf die hier von der AfD gestellten Anträge erkenntlich nicht zu. Sie sind ebenso erkenntlich als Retourkutsche zu werten, weil die AfD u.a. bisher keinen von ihr vorgeschlagenen Vizepräsidenten durchsetzen konnte. Mit dieser Reaktion wird der Parlamentsbetrieb gestört. Nicht nur Abgeordnete sondern auch die vielen weiteren am Parlamentsbetrieb Beteiligten müssen Überstunden machen.

Antrag der AfD.Generelles Überholverbot für Lkw über 7,5 Tonnen auf zweispurigen Bundesautobahnen Drs. 18/3097, 18/5205 (A), Antrag der AfD. Sichere Städte statt sicherer Häfen II: Unterstützung für kriminelle Schleuser und Schlepper unverzüglich beenden Drs. 18/3703, 18/5186 (A), Antrag der AfD. Verantwortungslosigkeit beenden – Kernenergie neu bewerten – Zukunft nachfolgender Generationen sichern Drs. 18/3951, 18/5189 (A), Antrag der AfD. Schutz heimischer Fauna vor Windkraftanlagen – direkte und indirekte Auswirkungen von Windenergieanlagen auf heimische Ökosysteme näher erforschen Drs. 18/4161, 18/4913 (A), Antrag der AfD. Zukunft der Integrierten Leitstellen in Bayern Drs. 18/4200, 18/5152 (A), Antrag der AfD. Klares Bekenntnis zur Qualifikation bayerischer Notfallsanitäter und zum bayerischen Notarztsystem – Zukunft des Notarztsystems darlegen Drs. 18/4206, 18/5016 (A), Gemeinsamer Aufruf: Dringlichkeitsantrag der AfD. Deutsch als Wissenschaftssprache erhalten Drs. 18/4309, 18/4990 (A) und Antrag von Freien Wählern/CSU. Wissenschaftsstandort Bayern sichern – internationalen Diskurs an Hochschulen befördern Drs. 18/4572, 18/4989 (G) ((Antrag muss mitaufgerufen werden, weil auch in Ausschüssen eine gemeinsame Beratung erfolgt war)), Antrag der AfD. Abkassieren der Autofahrer augenblicklich beenden! Drs. 18/4313, 18/5187 (A), Antrag der AfD. TRUST III-Gutachten veröffentlichen Drs. 18/4423, 18/5019 (A).

Traditionelle Reden zum Jahresende

Zum Abschluss der letzten Plenarsitzung dieses Jahres richten Landtagspräsidentin Ilse Aigner, als Vertreter der Staatsregierung voraussichtlich Ministerpräsident Dr. Markus Söder sowie ein/e Vertreter/in der Opposition weihnachtliche Worte und Wünsche an das Hohe Haus.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

11. Dezember 2019 um 02:00h