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Liberale in Bayern: wenig Freiheit – viel Wirtschaft

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Vorerst wird nur angedeutet“, dass ein vor einem Jahr verabschiedetes Positionspapier der FDP-Landtagsfraktion zu mehr Bürgerrechten auch auf ihrer Frühjahrsklausur in Benediktbeuern auftauchen wird. So wurde in Max-Online im Oktober letzten Jahres berichtet. Nun – von Reizthemen, wie Bürger- statt Verbandsanhörung bei Gesetzesvorhaben drang heuer jedoch nichts aus den Klostermauern. Stärkung des Handwerks, Erneuerbare Energien, Gesundheitsstandort Bayern, Digitalisierung oder die Haushaltspolitik stand oben auf den seitenlangen Handlungszusammenfassungen. Und auch im von Fraktion, Landesvorstand und den FDP-Parlamentariern in Bund und Europa am 21. Januar verabschiedeten 10-Punkte-Programm finden sich zu „Freiheitsrechten für Bürger“ nur vage Hinweise auf Informationsfreiheit oder der angekündigte Wille ,zur Verteidigung der Freiheit die Datensammelwut von Staat und Wirtschaft zu begrenzen.

Nie hat die Landtags-FDP besser ausgesehen als in einer Pressekonferenz vor über zwei Jahren, als ihr rechtspolitischer Sprecher Andreas Fischer das für die Liberalen erfolgreiche Verhandlungsergebnis zur Neuordnung des Versammlungsrechts und zum Polizeiaufgabengesetz verkündet hatte. Unvergessen auch das gequälte Lächeln der daneben sitzenden Verhandlungspartner der CSU. War es Zufall, dass danach die heftigen Angriffe von Ministerpräsident Horst Seehofer gegen den kleinen Koalitionspartner einsetzte? War dies nicht nur dem Umstand geschuldet, dass die CSU als Fehler erkannt hatte, der FDP das Wirtschafts- und Wissenschaftsressort zu überlassen? Man kann schon über Zusammenhänge zwischen jetziger freiheitsliberaler Sendepause und Stillhaltekurs zwischen den Koalitionspartnern nachdenken.

FDP-Freiheitssender nicht gänzlich abgeschaltet

Gänzlich abgeschaltet hat die FDP in Bayern übrigens ihren Freiheitssender keineswegs. Eine Art Notprogramm läuft am 2. Februar in Ottobrunn. Unter Schirmherrschaft der Landesvorsitzenden und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat die FDP-Landesgruppe im Bundestag zur Diskussions- und Workshopveranstaltung „Demokratie der Zukunft“ eingeladen. Mit SchülerInnen soll über Möglichkeiten gesprochen werden, sich an politischen und gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen. Vielleicht erklärt man dort, warum ein schon verabschiedetes Papier zum Thema nicht im Landesparlament eingebracht wird.

Landesplanungsgestz, Energiewende – das sind die FDP-Themen

Ob der dafür eingeschlagene Kurs der FDP-Fraktion, noch verstärkter auf Wirtschaftsthemen zu setzen, wahlpolitisch sicherer ist, bleibt dahingestellt. Zumindest ist er inzwischen eingefahrener. Auf Regierungsebene gibt der durch die Wiedernominierung als Spitzenkandidat gestärkte Wirtschaftsminister Martin Zeil am Freitag eine Pressekonferenz. In dieser will er eingeschlagene und zu verfolgende Wege zur Energiewende verkünden. Ein von seinem Ministerium erarbeitetes Landesplanungsgesetz wurde inzwischen Im Landtag eingebracht. Es erscheint als wenig aussagekräftig, auch weil es letztlich nur den Weg für ein Landesentwicklungsprogramm (LEP) ebnen soll. Doch auf dieser Ebene verliert es sich in Absichtserklärungen. Daneben lässt der Gesetzesvorschlag der Opposition breiten Raum für nicht unberechtigte Befürchtungen, wichtige Punkte zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land blieben auf der Strecke.

Neuer wirtschaftspolitischer Sprecher – Kritik an Berlin-FDP bleibt

Wie der wirtschaftspolitische Kurs innerhalb der Landtags-Fraktion vertreten wird, bleibt auch dadurch offen, weil der wirtschaftspolitische Sprecher Dr. Franz Xaver Kirschner sein Mandat zurückgegeben hat. Der wegen seiner direkten und offenen Art sowie seiner ungeschminkten Aussagen geschätzte aber gerade deshalb nicht überall beliebte Niederbayer gab als Gründe berufliche Überlastung wegen der Führung seiner 300-Mitarbeiter-Kanzlei und auch gesundheitliche Angeschlagenheit an. Seine harte Kritik an der Berliner Parteiführung wird, wenn auch etwas moderater, von seinem Nachfolger geteilt.

Nachrücker Dietrich von Gumppenberg vertrat die FDP schon zwischen 1990 und 1994 im Landtag. Er ist Chef einer großen Werbeagentur und gilt als extrem gut vernetzt. Auf der Website seiner Agentur wird von Gumppenberg noch als „Teilzeitpolitiker“ herausgestellt, als Wahlspruch wird ihm unterstellt „wir brauchen atypische Maßnahmen“! Die sind ihm auch in der Politik zuzutrauen. Er ist zwar genau zehnmal so alt wie sein jüngster siebenjähriger Sohn, doch von seiner schon in den neunziger Jahren im Landtag erkennbaren Lebensfreude und Dynamik scheint er, wenn überhaupt, nur wenig verloren zu haben. Auch er stellt heraus, dass die Eigenständigkeit der bayerischen FDP stärker betont, die Landespartei aus dem Windschatten der Bundes-FDP heraustreten müsse.

Von Gumppenberg verliert keine Zeit – Nerven wird er brauchen

Er müsse sich zuerst einmal einarbeiten sagt von Gumppenberg ungewohnt zurückhaltend bei seiner Vorstellung durch Fraktionschef Thomas Hacker. Was davon zu halten ist, mag eine kurze Episode nur eine Stunde später in der Landtagsgaststätte andeuten. Dort setzt er sich an den Tisch zu einem ihm altbekannten Journalisten und einem Verbandsvertreter. Letzterer kennt den Baron bislang nur vom Hörensagen. Als Geschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) Bayern zieht er den künftigen wirtschafts- und verkehrspolitischen Sprecher der FDP natürlich sofort ins am Tisch gerade laufende Fachgespräch. „Der ist fit“ kann man dessen Facheindruck zusammenfassen. Da war Gumppenberg schon aufgestanden. Eine Bewerberin als seine Fachreferentin im Landtag wartete am Nebentisch auf das Vorstellungsgespräch. Zeit verliert von Gumppenberg nicht. Nerven wird er brauchen.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

31. Januar 2012 um 22:23h

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