MAX-Online

Landtag, Kommunen, Regierung, Organisationen

Breitbandausbau: Kabinett fasst nur Grundsatzbeschluss – alle bringen sich in Stellung

kommentieren

100 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre. Damit ist das vom Wirtschaftsminister favorisierte (Minimal-)Ziel beschlossen und verkündet. Eine weiter gehende Förderung soll von einer neuen Arbeitsgruppe erarbeitet und dem Kabinett im April zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Damit hat sich die CSU-Fraktion mit ihrer Forderung nach einer nicht nur auf ländliche Räume beschränkte Förderung durchgesetzt – oder ihr Gesicht wurde gewahrt. Das kann jeder zumindest vorläufig interpretieren wie er mag. Was auch geschieht. Die Regierungsfraktionen sehen sich jeder aus seiner Sicht bestätigt. Die Opposition kritisiert,die Kommunen ebenfalls und die Wirtschaft begrüßt.

Vbw-Hauptgeschaftsführer Bertram Brossardt weiß zwar noch nicht was, aber meint zumindest „die Entscheidung, den Breitband-Ausbau voranzutreiben“. Worauf er nicht eingeht, ist der deutliche Hinweis von Minister Martin Zeil, dass bei der vom Wirtschaftsverband eingeforderten Netzsicherheit, auch die originäre Zuständigkeit der Wirtschaft für die wirtschaftliche Entwicklung angefragt ist. Antworten darauf hört man weniger von dieser Seite. Aber man muss sich auch fragen, warum seitens der Liberalen dies an solchen Stellen gefordert aber bei der Umsetzung dann doch lieber den Dingen freien Lauf gelassen wird.

Von Gummppenberg: „FDP steht nicht für Schmalspurprogramme“

CSU-Fraktionschef Georg Schmid freut sich schon jetzt, dass – auf Initiative der CSU-Fraktion – „die bereits vorgesehene Förderung von 100 Millionen Euro verteilt auf fünf Jahre für strukturschwache Gebiete … deutlich aufgestockt“ wird. Dafür sollen die aus seiner Fraktion in die Arbeitsgruppe entsandten Mitglieder denn auch sorgen. FDP-Wirtschaftssprecher Dietrich von Gumppenberg sieht den Breitbandausbau „bei der FDP in sehr guten Händen“. Die FDP stehe „nicht für Schmalspurprogramme, sondern treibt Bayerns Breitbandausbau zügig voran“. Was durchaus – wie von ihm vorher schon – durchaus auch als Kritik an einer gewissen Zurückhaltung beim von der FDP geführten Wirtschaftsministerium verstanden werden kann.

Freie Wähler: „Das hätten wir schon vor drei Jahren haben können.“

Versprochen, vertagt, verschlafen!“ – der wirtschaftspolitische Sprecher der Freien Wähler klingt fast selber erschöpft angesichts seiner immerwährenden Kritik. „Die Staatsregierung hat Bekanntes beschlossen und Notwendiges ohne Entscheidung vertagt.“ Durchaus zu Recht verweist Alexander Muthmann darauf, dass Teile der CSU-Fraktion „nun offensichtlich in der Koalition das anmahnen, was die FREIEN WÄHLER schon seit Jahren lautstark beim Breitbandausbau einforderten“. „Den nun im Kabinett erreichten Diskussionsstand hätten wir schon vor drei Jahren haben können!“ Schier zum Verzweifeln sei die unkoordinierte Vorgehensweise der Koalitions-Zankäpfel (( vermutlich Zank“hähne“)) CSU und FDP beim Dauerthema Breitband. Und: „Bewilligte Haushaltsmittel werden nicht abrufbar sein, weil kein genehmigtes Programm für den strukturschwachen Raum vorliegt.“

Von einer „Rohrkrepierer-Strategie“ spricht die SPD-Breitband-Expertin und Sprecherin für den Ländlichen Raum. Es handle sich um einen „Rohrkrepierer mit angekündigter zweiter Stufe“. Annette Karl sieht das Programm als „nicht ausreichend, zu langsam und auf zu wenige Gebiete in Bayern eingegrenzt. Auch sie verweist auf eine endlich erfolgte „180-Grad-Wende“ der CSU-Fraktion hin zum schon lange von der SPD geforderten „ambitionierten Breitbandförderprogramm“. Aber im Kabinett habe „wieder der Schwanz mit dem Hund gewedelt“.

Zuständigkeit von Bund und Wirtschaft nimmt Bayern nicht aus Verantwortung

Kleiner Wurf statt Meilenstein“ konstatiert Thomas Mütze, Sprecher der Grünen für den Ländlichen Raum. „Eine kraftvolle Breitbandförderung des ländlichen Raumes sieht anders aus.“ Zeils Verweise auf Zuständigkeit und Verantwortung von Bund und Wirtschaft sieht Mütze eher als Ablenkungsmanöver. Denn: „Die Verantwortung von Bund und Wirtschaft entbindet nicht die Länder, sich substanziell an einem schnellen Breitband-Ausbau zu beteiligen.“

Gemeindetag fordert Einbeziehung kommunalen Sachverstands

Interessant ist auch die Reaktion des Bayerischen Gemeindetags. „100 Millionen Euro sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein“ fasst Präsident Dr. Uwe Brandl seine Enttäuschung über den Kabinettsbeschluss zusammen. Mindestens die fünffache Summe sei akzeptabel. Brandl attestiert der Staatsregierung Realitätsferne. Sie wolle den tatsächlichen Ausbaustand nicht zur Kenntnis nehmen. Er kritisierte darüber hinaus, dass die Förderung nur in besonders strukturschwachen Gebieten und in Kommunen forciert werden soll, die von der Bundeswehrreform und dem Abzug der US-Streitkräfte betroffen sind. „Ein partieller Breitbandausbau löst das generelle Problem nicht: die flächendeckend notwendige Ertüchtigung der Infrastruktur hin zu höheren Übertragungsraten. Klotzen statt Kleckern muss die Devise sein.“ Er forderte die Staatsregierung auf, endlich kommunalen Sachverstand in die künftige Breitbandstrategie einfließen zu lassen, statt ungeeignete Aktivitäten auf Sparflamme an den Tag zu legen. Es ist zu vermuten, dass sich die Unzufriedenheit des Verbands nach den Feierlichkeiten zu seinem 100jährigen Bestehen noch geharnischter entlädt.

Städtetags-Chef verweist deutlich auf „Aufgabe des Bundes“

Erahnen lässt sich, dass es in der Absicht des Gemeindetags liegen könnte, sich dieses Mal nicht mit dem Städtetag auseinanderdividieren zu lassen. Und auch Städtetags-Vorsitzender Dr. Ulrich Maly hatte schon vorab begrüßt, dass in den nächsten fünf Jahren 100 Millionen Euro für den strukturschwachen Raum zur Verfügung gestellt werden. Aber dies greife deutllich zu kurz. Hochgeschwindigkeitsnetze würden in ganz Bayern benötigt. Darin sieht Maly wiederum „zuerst eine Aufgabe des Bundes“.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

22. März 2012 um 13:37h