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Studiengebühr und „Strepp-Affäre“: Hitzige Debatten im Landtag erwartet

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Da wurde ein CSU-Parteitag aufgebaut wie ein Potemkinsches Dorf mit glänzender Wirtschaftsfassade samt leuchtenden Giebeln – und dahinter verbarg sich, wie es tatsächlich im Lande zugeht und welche Tischsitten dort herrschen. Unter einer Regierung, die sich dermaßen schwer tut, einer Tankstellenverkäuferin Rechtssicherheit zum Verkauf ihrer Waren zu bieten, geführt von einer CSU, die im wesentlichen damit beschäftigt ist, alte Festungen zu räumen und es nötig zu haben scheint, Einfluss auf die Fernsehberichterstattung über den politischen Gegner zu nehmen. Zu guter Letzt sieht die Regierungskoalition sich in der Frage der Studiengebühren vor einer inneren Zerreißprobe

Es gibt gute Gründe für und ebensolche gegen die Erhebung von Studiengebühren. CSU und FDP haben sich klar dafür ausgesprochen. Nach dem überraschenden Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichts zählen plötzlich weniger die Argumente, sondern vor allem der mögliche Einfluss auf das Wählerverhalten. Die Liberalen hatten Mühe, fraktionsintern ihren von ihrem Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch vorgegebenen Kurs zu halten. Zwei Abweichler, die schon immer ihre Gründe dagegen vertraten haben, wurden überstimmt. Man orientiere sich „an belastbaren Fakten und nicht an tagespolitischen Stimmungen“. Die Zulässigkeit eines Volksbegehrens sei kein inhaltliches Argument gegen Studienbeiträge. Die FDP-Fraktion scheint also standfest in die Debatte zu gehen, die heute im Plenum zu einem gemeinsamen Dringlichkeitsantrag der Oppositionsfraktionen ihren öffentlichen Anlauf nimmt.

SPD, Freie Wähler und Grüne wollen, dass die Staatsregierung als Konsequenz aus dem Urteil sofort die Wieder-Abschaffung der Studiengebühren in die Wege leitet. Es wäre der einfachste Weg für die Opposition. Die Niederlage der Regierungsfraktionen wäre perfekt. Das gering erscheinende Risiko, dass das Volk sich nächstes Jahr für die Gebühr ausspricht, wäre umgangen. Die CSU-Fraktion scheint in Panik zu geraten. Zwar soll heute noch die bisherige Linie beibehalten werden, doch offiziell wurde schon verlautbart, dass bis Mitte November eine Entscheidung fällt. Viele Anzeichen sprechen dafür, dass die CSU wieder eine Richtungsänderung vornimmt. Möglicherweise nimmt sie auch einen Kuhhandel in Kauf und gesteht der FDP, um die Koalition zu kitten, ein liberales Ladenschlussgesetz zu.

Die CSU-Fraktion würde mit einer Entscheidung gegen Studiengebühren auch frühen Warnungen von Ministerpräsident Horst Seehofer folgen, der schon vor Monaten öffentlich Überlegungen zu deren Abschaffung angestellt hatte. Offensichtlich im Rahmen seiner Linie, alles was Wählerstimmen kosten könnte, frühzeitig aus dem Weg zu räumen. Für heute hat der Regierungschef seine Teilnahme am Ministerpräsidententreffen abgesagt und will an der Plenardebatte teilnehmen. Notfalls auch das Wort ergreifen. Dann allerdings zu einem anderen Dringlichkeitsantrag. Nämlich zum angeblichen Versuch von CSU-Sprecher Michael Strepp, in den ZDF-Nachrichten eine Berichterstattung über den SPD-Parteitag zu verhindern.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

25. Oktober 2012 um 07:07h