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CSU-Landtagsfraktion: „Ree“ – Ruft Kreuzer zur Wende oder spielt er über Par?

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Er ist keiner, dem man mit Stirnrunzeln begegnet. Das gilt für den persönlichen Umgang mit Thomas Kreuzer gleichermaßen wie für dessen Berufungen. Einzig seine frühere Ernennung zum Kultusstaatssekretär hatte Anlass gegeben für ein leichtes Anheben einer Augenbraue. Doch auch für diese Entscheidung fand sich schnell ein einleuchtender Grund: der Jurist und bisherige Chefkoordinator der CSU-Fraktion, bewährt in mehreren Untersuchungsausschüssen, wäre bestens geeignet, in der verstaubt-verkrusteten Kultusbehörde aufzuräumen. Inwieweit ihm dies in nur acht Monaten in diesem Amt gelungen war, ist unbekannt. Denn leise Leistung sagt man ihm nach: ein Markenzeichen, mit dem er nun auch der Staatskanzlei den Rücken kehrt. Dieser Chefposten sei auf ihn zugeschnitten, hieß es damals, so wie man ihm eigentlich alles zugetraut hatte. Nur offenbar nicht das Amt des Bayerischen Ministerpräsidenten, was wohl der Hauptanlass für die Abberufung/Wahl an die Spitze der CSU-Fraktion war. Nun, auch ein Seehofer kann sich täuschen.

Der fast unanständige Umgang letztlich auch mit der Verfassung im Zusammenhang mit der Frage, wer künftig die Regierungsfraktion führen soll, verdeckt, dass Thomas Kreuzer vermutlich die Idealbesetzung ist. Und zwar für den Großteil einer in vielerlei Hinsicht gedemütigten und sich hat demütigen lassenden Fraktion: Stillhalten in ungewohntem Fraktionszwang; eine breit in die Fraktion hineinreichende Abgeordnetenaffäre auch mit Verlust von daran beteiligten Fraktionsspitzen; Abhängigkeit vom Ministerpräsidenten und Wahlkämpfer Horst Seehofer und anderes. Auch Ilse Aigner und vermutlich mehr noch Markus Söder hatten ihre Anhängerschar in der Fraktion, doch erlaubt sich die Frage, inwieweit dann die Fraktion als Mittel zum eigenen Zweck gedient hätte, vielleicht auch missbraucht worden wäre. Von vorne herein aussichtslos war ein Griff zu einer interessanten Alternative, nämlich nach einem ganz Jungen wie Florian Herrmann oder Markus Blume. Das hatte die SPD mit Markus Rinderspacher zwar erfolgreich vorgemacht, aber man muss ja nicht alles von der Opposition abkupfern.

Auf Rollensuche zwischen „Herzkammer“ und „Puppenküchentheater“

Ministerpräsident Horst Seehofer betonte, dass „wir“ das alles im Dialog entwickelt haben. Solchermaßen in sich gegangen, hat er der Fraktion Thomas Kreuzer vorgeschlagen, dessen Loyalität er ausdrücklich hervorhob. Kreuzer hat sie ihm erwiesen. Er kann sie nun der Fraktion und seiner Aufgabe erweisen. Wie Kreuzer diese Rolle interpretiert und wo sich die CSU-Fraktion im breiten Spektrum zwischen „Herzkammer“ (frühere Eigendefinition) und „Puppenküchentheater“ (Strauß) wiederfindet, wird sich zeigen. Zur Mitte der Legislaturperiode wird die Fraktionsspitze neu gewählt, eine früher auch bei der CSU geltende Regelung, die zwischenzeitlich abgeschafft worden war.

Die CSU-Fraktion war fast immer von höchst eigenständigen Köpfen geführt worden – ob Gerold Tandler, Gustl Lang oder auch Joachim Herrmann. Ihre Rolle wurde oft neu beschrieben, am tiefgreifendsten mit der von Alois Glück proklamierten „Aktionsgemeinschaft“ mit der Staatsregierung. Eine Wende, die letztlich zur Vernachlässigung der innerfraktionellen Auseinandersetzung führte. Ziemlich ungefiltert wurde das politisch umgesetzt, was zwischen Glück und Edmund Stoiber beschlossen wurde. Etwa nachdem der Fraktions- den Regierungschef durch den Nebeneingang in seinem Haus im Chiemgau eingelassen hatte. Nun, Alois Glück ist Alois Glück. Und unter einem späteren Nachfolger unter wesentlich geänderten Bedingungen war diese Aktionsgemeinschaft zu einer sehr einseitig dominierten Veranstaltung geworden.

Kreuzen vorm Wind bald beendet

Nächste Schritte sind die Bestimmung bzw. Wahl der Stellvertretenden Vorsitzenden, des erweiterten Vorstands mit Fachsprechern usw. Doch solange die Pläne des am Dienstag kommender Woche zu vereidigenden Ministerpräsidenten hinsichtlich der personellen Entscheidungen und des Zuschnitts der Ministerien nicht bekannt sind, kreuzt die Fraktion noch vor dem Wind. Inwieweit personelle Beschlüsse am Montag in der konstituierenden Sitzung der Fraktion fallen, ist fraglich. Denn daraus lassen oder ließen sich auch Rückschlüsse auf Seehofers Vorhaben ziehen. Doch Mitte/Ende kommender Woche kann die CSU-Fraktion dann Wind in eigenen Segeln aufnehmen.

Mit scharrenden Hufen in den Startboxen

Das kommende Herzstückder Fraktion hat sich in der vergangenen Sitzungsperiode hauptsächlich in der sogenannten Jungen Gruppe herauskristalliert. Inwieweit der Ministerpräsident darauf zurückgreift, etwa auf Blume oder Tobias Reiß, ist natürlich noch unbekannt. Aber die Fraktion verfügt hier über ein außerhalb des Parlaments unterschätztes Potential. Da stehen manche auch befreit von Koalitionszwängen mit scharrenden Hufen und neuen Plänen in den Startboxen. Über die große Anzahl der neuen CSU-Fraktionsmitglieder lässt sich hier noch nichts sagen. Die Zahl der Altgedienten, vor allem früherer Kabinettsmitglieder ohne Ambitionen ist geringer geworden. Unter ihnen vor allen Thomas Goppel. Ebenfalls einer der Loyalen, der jedoch auch gegen den Strom schwimmen kann. Was sich z.B. in der Streibl-Sturz-Debatte gezeigt hatte. Ausdrücklich vom Wähler wieder ins Parlament beordert, kann er seinen Kollegen durchaus hilfreich zur Seite stehen. Wenn er sich denn weniger „kryptisch ausdrückt“ (Theo Waigel über Goppel zu dessen Äußerungen in damaliger Streibl-Debatte), so dass sie ihn verstehen.

Es könnte eine Fraktion werden, die auch mit Argumenten und weniger mit Mehrheiten überzeugt und sich durchsetzt – gegenüber wem auch immer.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

04. Oktober 2013 um 05:53h

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