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Wenn ein Schwarzer sich schwarz ärgert

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Vom Kopf einziehen haben die verbliebenen Mitglieder der CSU-Fraktion eigentlich genug und ihre weit überwiegende Mehrheit einen fairen Einstieg in die Sacharbeit auch verdient. Und die neu in den Landtag Gewählten wollten solches Abwehrverhalten bestimmt nicht an den Beginn ihrer landesparlamentarischen Karriere setzen. Dass es doch wieder so weit gekommen ist, verdanken sie einem weiteren moralischen Tiefflug eines ihrer alten, nicht wieder in ein solches Amt gewählten Führungskräfte. Alexander König, in der vergangenen Legislatur ziemlich unrühmlich zum Leicamann avanciert, setzte bei der Neuverteilung von Führungsposten in der Fraktion sofort zu einem Neustart an und bewarb sich um den Sprecherposten für den Europa- und Bundesbereich. Darüber und dass er prompt durchfiel, mochte die Fraktion öffentlich erst gar nichts nach draußen verlauten lassen.

Oberfrankensprecherin in der Kritik – doch warum?

Dies besorgte König dann selbst, indem er sich Ende letzter Woche öffentlich insbesondere über die Oberfrankensprecherin Melanie Huml beschwerte. Die habe beim Postengerangel zu wenig ihrer Leute durchgebracht. Nun verwies der frühere geschäftsführende Vorstand König anfangs nicht auf seinen eigenen Fall, sondern auf den jungen Abgeordneten Martin Schöffel. Da habe es Huml nicht einmal geschafft, dass alle Oberfranken gemeinsam dessen Kandidatur zum wirtschaftspolitischen Sprecher stützten, und zwar als Gegenkandidat zum politischen Schwergewicht Erwin Huber. Das Wahlverhalten der Oberfranken hatte bei dem denkbar knappen Abstimmungsergebnis (47:49) zwar mit den Ausschlag gegeben, doch auch CSU-Abgeordnete erkannten in Königs Räsonieren durchaus die Reaktion einer beleidigten Leberwurst.

Nun sei jedem die sogenannte zweite Chance durchaus gegönnt. Doch irgendwie scheinen ein angemessener zeitlicher Abstand, ein glaubwürdiges Bedauern, vielleicht etwas Demut oder eine andere Reaktion, die Distanz zur Verfehlung erkennen lässt, dazu zu gehören. Von König sind zum Kauf seiner 6000-Euro-Kamera auf Steuerzahlerkosten lediglich Erklärungen bekannt, die ihn eher zum Gegenstand öffentlichen Gespötts gemacht hatten.

Bei Licht besehen ist Oberfranken gut bedient

Nun ist es auch nicht so, dass das Fähnlein der Oberfranken gemessen an ihrer Zahl „schlecht weggekommen“ ist. Es ist mit Huml im Kabinett und mit Gudrun Brendel-Fischer im fünfköpfigen Fraktionsvorstand vertreten. Zudem wurde mit Jürgen Heike ein auch aus der Verwandtenaffäre belasteter Abgeordneter ziemlich geräuschlos für die Spitze des eher unauffälligen Parlamentarischen Kontrollgremiums bestimmt. Nun muss man nicht mit der Lupe nach weiteren geeigneten oberfränkischen Abgeordneten suchen, aber eben nicht jeden für jede Funktion, und es bestand auch kein zwingender Anlass zu mehr Berücksichtigungen.

Tanz auf zwei Hochzeiten ging daneben

Die Causa Schöffel kann man unter ganz anderen Gesichtspunkten betrachten. Der stellvertretende Vorsitzende der Jungen Gruppe der vergangenen Wahlperiode hatte gute Aussichten, obwohl eher fachfremd zum agarpolitischen Sprecher gewählt zu werden. Diese Chance dürfte er sich mit seiner erkennbaren Präferenz für die Wirtschaft gründlich verbaut haben. Der Tanz auf zwei Hochzeiten ging denn auch gründlich daneben. Warum er sich überzeugen oder überreden ließ, in die miserabelst vorbereitete Gegenkandidatur zu Huber zu gehen, hat jedoch zuallererst Schöffel selbst zu vertreten.

Unübersichtliche Gemengelage aus Hörigkeit und Heimzahlung

Was man ihm durchaus hoch anrechnen kann, ist, dass er die Entscheidungen ohne großes Jammern getragen hat. Und zwar ohne mit dem Finger auf Mitschuldige im Hintergrund zu deuten. Denn offenbar wurde vom Regierungschef selbst – und vermutlich gestützt vom Fraktionschef – händeringend ein Gegenkandidat zum unbequemen und vom Ministerpräsidenten/Parteichef ungeliebten Huber gesucht. Dieser Kandidat geriet in eine nicht überschaubare Gemengelage von Seehofer-Hörigen und solchen, die dem Ministerpräsidenten seine Rolle bei der „Suche“ nach ihrem Fraktionsvorsitzenden bei passender Gelegenheit heimzahlen wollten. Das Risiko, jemanden zu verheizen, war erkennbar und eingegangen worden.

Beim Namen nannte es König in einem Interview mit seiner Heimatzeitung (siehe auch SZ vom 28. Okt.). Höchstrangige CSUler hätten seine (Königs) Heimat und einen unbedarften Kollegen in ein „auch menschlich fragwürdiges Desaster laufen“ lassen. Sogar hinein“getrieben“ habe man Schöffel in diese Rolle. Doch es folgte fast zwangsläufig die Königs-Wende zur eigenen Opferrolle. Er selbst habe auch keinen Posten bekommen – obwohl er sich „über Jahre für den Laden den Hintern aufgerissen“ habe.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

29. Oktober 2013 um 08:53h