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Bayern – eine Verwandtschaft, in die man einheiraten möchte

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Wie ein Mann, der seiner Frau verspricht, den Keller aufzuräumen, und auch beim zweiten Mal nicht nur hofft, sondern weiß, dass sie ihm glaubt. Viele Augsburger beispielsweise werden ihre Klinikträume weiter nähren allein mit dem Hinweis, der Ministerpräsident habe sein damaliges Versprechen ja gar nicht vergessen. Diesem Tenor folgten denn auch sowohl SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher als auch sein Kollege von den Freien Wählen, Hubert Aiwanger, in deren Repliken auf Horst Seehofers Regierungserklärung gestern im Bayerischen Landtag. Seehofer: „Super-Breitband überall bis 2018.“ Rinderspacher: „Schon 2008 von Seehofer mit gleichen Worten versprochen bis 2011“. Aber auf solches beschränkte sich die gestrige Regierungserklärung keineswegs. Bemerkenswertes wurde ausgesprochen oder auch verhüllt. Einer Beurteilung des Ganzen entzog sich die Grünen-Sprecherin Margarete Bause. Sie stellte einfach eine grüne Regierungserklärung daneben. Die muss man gesondert an anderer Stelle ausleuchten.

Sie, Seehofers Regierungserklärung, nimmt einem weniger beim Zuhören sondern eher nachträglich beim Überlesen fast den Atem. Ein wunderbares Bayern, jede Berufsgruppe jede Bürgerschicht findet das, was ihm gefällt. Daneben Phrasen wie „Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit sind ein Geschwisterpaar“, lebend natürlich in Bayern – eine Verwandtschaft, in die man einheiraten möchte. Von wirklichem Nachrichtenwert erscheint Weniges. Z. B. das Versprechen, dass es in den nächsten Jahren keine neuen Schulreformen geben werde. Da könnte allerdings der Bürger ein Wörtchen mitreden, wenn er beispielsweise direkt über eine mögliche Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 abstimmt.

Mehr Bürgerbeteiligung – nach Kommunalwahlen von der Wand gewischt?

Dieses Thema, nämlich mehr Bürgerbeteiligung hatte ja in den letzten Tagen die innenpolitischen Schlagzeilen bestimmt. In Berlin musste der CSU-Innenminister sein Vorpreschen in dieser Angelegenheit mittlerweile kleinlaut als internes Papier deklarieren. Von Horst Seehofer wurde das Mitreden, das Mitbestimmen der Bürger im Grundsatz nochmals auf den Schild gehoben, konkret wurde der Regierungschef nicht. Hubert Aiwanger von den Freien Wählern hingegen schon mit dem Hinweis auf die 3. Startbahn am Münchner Flughafen. Da werde der Bürgerentscheid – weils nicht passt – dann einfach „nicht ernst genommen“. Die Bürgerbeteiligung werde „an die Wand gemalt und nach den Wahlen wieder weggewischt“. Darauf wird man nach den Kommunalwahlen im nächsten Mai wohl achten müssen.

Dies gilt beispielsweise auch für Seehofers Aussagen zur künftigen Asylpolitik. Die LINKE in Bayern weist da per Presseerklärung auf einen noch größer werdenden Trümmerhaufen hin, aber solches ist keineswegs zu erkennen. Zumindest aus den Worten ist herauszulesen, das der Weg zu weniger „Menschenverachtendem“, wie es die frühere Vorsitzende des Sozialausschusses formuliert hatte, weiter beschritten wird. Beispielsweise mit der in Aussicht gestellten Aufhebung eines „Arbeitsverbots“. Doch das alles wird man sehen. Eine andere Nachricht betrifft die Ankündigung, dass der Personalstand in der staatlichen Verwaltung nicht erhöht wird. Das ist zumindest ein Pflock, den Seehofer einschlägt. Richtig weh tut er noch niemandem. Auch der Beamtenbund wird sich deshalb nur mäßig dazu äußern. Immerhin ist das für den BBB sehr Wichtige, ein gewisser Bestandsschutz, gewahrt.

Regierungsfraktion: Kreuzen vor dem Wind

Leicht und fast schon gewohnheitsmäßig wird übersehen, was der Chef der Regierungsfraktion zu all dem sagt. Dabei könnte es, und gerade in diesem Fall sehr darauf ankommen, was da so läuft in der Aktionsgemeinschaft Regierung und der sie tragenden Fraktion oder wie immer man das bezeichnen will. Thomas Kreuzers Ausführungen bestachen durch die klare Strukturierung. Seiner Aufgabe, das vom Regierungschef Vorgebetete zu unterstützen wurde er durchaus gerecht. Klar mit „exzellenter Plan für Bayern“ aber kurz und unaufdringlich.

Daneben stellte Kreuzer eine eigene Sicht der Dinge. Nicht distanzierend oder gar in direktem Widerspruch zu Seehofer, aber den fraktionseigenen Arbeitsstil heraushebend. Er versprach beispielsweise weniger sondern relativierte: „natürlich werden wir versuchen …“ (zu Verbesserungen beim Breitbandprogramm). Daneben ließ der Fraktionschef auch erkennen, dass er das Feld nicht einfach der Exekutive überlassen will. Besonders deutlich wurde dies, als er nicht nur aber auch den Regierungschef daran erinnerte und korrigierte, dass die Regierungserklärung zahlreiche Fraktionsinitiativen aufgegriffen habe, von der Digitalisierung über die Breitbandversorgung, die Sozialgenossenschaften usw. Es könnte eine interessante Legislatur werden. Noch kreuzt die CSU-Fraktion vor dem Wind.

Veröffentlicht von Helmut Fuchs

13. November 2013 um 08:31h