Bundesratsinitiative zum Streikrecht in der Daseinsvorsorge – Heftige Kritik von SPD und Gewerkschaften
Der Ministerrat beschloss, sich im Bundesrat für gesetzliche Regelungen zum Streikrecht in der Daseinsvorsorge einzusetzen. Arbeitsministerin Emilia Müller: „Die Streiks in Bereichen der Daseinsvorsorge treffen nicht nur die bestreikten Unternehmen und Einrichtungen, sondern auch und gerade die Bürgerinnen und Bürger, die auf Leistungen wie einen funktionierenden Eisenbahnverkehr oder eine zuverlässigen Postzustellung angewiesen sind. Ein Arbeitskampf darf hier nur das letzte Mittel sein. Er muss primär eine Auseinandersetzung zwischen den Tarifvertragsparteien bleiben und darf nicht die Allgemeinheit in Mithaftung nehmen.” Deshalb müsse im Dialog mit den Sozialpartnern geregelt werden, dass in Bereichen der Daseinsvorsorge besondere ‚Spielregeln’ für einen Streik gelten. Dazu zählt vor allem, dass vorher die Möglichkeiten einer gütlichen Einigung in einem Schlichtungsverfahren ausgelotet werden müssen. Um der Bevölkerung Gelegenheit zu geben, sich auf einen Streik vorzubereiten, ist der Streik vier Tage vor seinem Beginn anzukündigen. Und schließlich müssen die Tarifpartner eine Mindestversorgungsvereinbarung schließen, in der Art und Umfang der Notdienstarbeiten während des Streiks festgelegt werden”, so Müller abschließend. Diese Vorschläge stünden im Einklang mit der vom Grundgesetz geschützten Koalitionsfreiheit. Das Streikrecht von Arbeitnehmern und ihren Gewerkschaften bleibe als wirkungsvolles Druckmittel uneingeschränkt erhalten.
Rinderspacher: CSU will Arbeitnehmerrechte aushebeln
Auf scharfe Kritik stieß die Initiative beim Fraktionsvorsitzenden der SPD im Landtag. Markus Rinderspacher zu dieser Auflockerung des Streikrechts: „Die CSU reitet eine Attacke auf die Tarifautonomie. Sie will sie zugunsten der Arbeitgeber und zu Lasten der Arbeitnehmer beschneiden. Das ist vollkommen inakzeptabel.“ Was als vermeintliches Entgegenkommen an den streikgeplagten Bürger daherkomme sei in Wahrheit populistische Augenwischerei. „So würden selbst kurze Warnstreiks durch bürokratische Hürden endlos hinausgezögert, wenn nicht gar gänzlich unterbunden. De facto verlören die Arbeitnehmer dadurch ihr wichtigstes Arbeitskampfmittel.“
Scharfe Kritik vom DGB Bayern – BBB: Privatisierung rächt sich
Plumpe Lobbypolitik für Konzerne und Betriebe warf DGB Bayern-Vorsitzender Matthias Jena der Staatsregierung vor. Dafür verkaufe sie die Freiheit und die Interessen der Beschäftigten. „Eine Einschränkung des Streikrechts ist mit dem DGB nicht zu machen.“ Jena verweist auf die im internationalen Vergleich geringe Zahl von Streiktagen in Deutschland: „In Deutschland gibt es im Schnitt auf 1000 Beschäftigte 16 Streiktage pro Jahr. In Dänemark sind es 135, in Frankreich 139. Der Streik ist in Tarifauseinandersetzungen also das allerletzte Mittel.“ Auch seien die aktuellen Streiks bei den Erzieherinnen und bei der Post für mehr Menschen spürbar als Tarifauseinandersetzungen, die nicht direkt das öffentliche Leben betreffen. Jena empört sich: „Erst privatisiert der Staat wichtige Bereiche der Daseinsvorsorge, dann will die Post über 10.000 Beschäftigte aus dem Tarifvertrag drängen, und jetzt will die Bayerische Staatsregierung diesen Beschäftigten auch noch das Recht zur Gegenwehr drastisch einschränken.“
Der Bayerische Beamtenbund (BBB) mit dem Vorsitzenden Rolf Habermann verweist zwar auch auf den Streik als „ein vom Grundgesetz garantiertes Mittel bei Arbeitskämpfen“, hebt dabei aber auch die Vorteile des Berufsbeamtentums hervor. Dieses sei unverzichtbar. Nur dadurch werde sichergestellt, dass öffentliche Leistungen jederzeit und durchgehend zur Verfügung stehen! Das muss bei jedem Ruf nach Privatisierung bedacht werden. Es rächten sich die Fehler der Vergangenheit.