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Archive for the ‘Freie Wähler’ tag

Aiwanger und die Freien Wähler – ein Blick über Bayern hinaus

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Wenn sich einer das antun will, bitte schön“ – So hatte der Landtagsfraktionschef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, schon früher Vorwürfe zur Ämterfülle abgetan. Und auch bei einem gestrigen Pressestammtisch begegnete er entsprechenden Vorwürfen mit den Worten – laut Teilnehmern –, er mache neben seinen Aufgaben als Bundesvorsitzender auch vor Ort seine Arbeit „bis zum Anschlag“ und „mit geballter Kraft“. Man gewinne den Eindruck, so vermitteln dies die Nürnberger Nachrichten in ihrer heutigen Ausgabe, Aiwanger verkörpere die Freien Wähler und glaube letztlich, ohne ihn wären die Freien Wähler längst Geschichte. Solches und andere gegen Aiwanger gerichtete Anwürfe verdienen näherer Betrachtung – auch aus der Distanz.

Rheinland-Pfalz ist neben Bayern das Bundesland mit der gefestigsten Tradition und Struktur einer Freien Wählerschaft. Seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts tief verwurzelt in den Kommunen – die Mischung aus Solidität und auch Festhalten an Bewährtem prägte die Mandatsträger und ihr Bild in der Öffentlichkeit. Hinzu gekommen scheint eine gewisse Öffnung für Neues, das die Freien Wähler auch für neue Wählerschichten interessant macht.

OB-Wahl in Neustadt/Weinstrasse: Sensationssieg des FW-Kandidaten

Festmachen lässt sich das am Beispiel Neustadt Weinstrasse, dem früheren Sitz der Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz ((2000 aufgelöst)) und immer noch eine Beamtenstadt. Fest in CDU-Hand schien über die Jahrzehnte etwas anderes als ein „schwarzer“ Oberbürgermeister gar nicht denkbar. Die Kommunalwahlen 2013 allerdings führten zu einer ausgesprochen bunten Zusammensetzung des Stadtrats (CDU 16, SPD 10, FW 8, Grüne 6, FDP 2, LINKE 2). Die LINKE löste sich auf, nachdem kurz danach ein Mitglied zu den Freien Wählern wechselte und eines parteilos weiter arbeitete. Und – es kam zu einer Jamaika-Koalition. CDU, Grüne und FDP verabredeten eine Zusammenarbeit für die folgenden 5 Jahre.

Vor diesem Hintergrund konnten sich SPD und Freie Wähler als Oppositionsfraktionen profilieren, was den Freien Wählern mit ihrem Abgeordneten Marc Weigel an der Spitze offenbar besser gelang. Am 24. September, dem Tag der Bundestagswahl, wurde in der 53000-Einwohnerstadt (incl. Eingemeindungen) ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Zeigten schon erste Umfragen einen überraschenden Vorsprung des FW-Kandidaten Weigel (39), so galten die dann von ihm erreichten fast 60 % als Sensation. Die Kandidaten von CDU und SPD erreichten jeweils etwa 20 %.

Das alte Geschäftsmodell der FW hoch Plus

Es gibt im Bereich Neustadt keine 3. Startbahn oder Vergleichsweises, mit dem sich eine Partei mit eindeutiger Aussage profiieren konnte. Die Freien Wähler forderten beispielsweise mehr Gewerbesteuer und bezahlbaren Wohnraum. Hinzu kamen eine solide Stadtratsarbeit und ein offenkundiges Kommunikationstalent des Gymnasiallehrers Weigel. Im Prinzip das alte Geschäftsmodell der FW hoch Plus.

Interessant ist auch der Zeitpunkt der Wahl, eben der Tag der Bundestagswahlen. MAX fragte zwei Wochen zuvor den Kandidaten Weigel an seinem Informationsstand am samstäglichen Wochenmarkt, ob er denn auch für die Bundestagswahl werbe. „Überhaupt nicht“ – so die klare Aussage und auf Nachfrage „ich werde auch von niemandem danach gefragt“. Jetzige Nachfragen ergaben, dass es dazu auch eine Absprache gegeben hatte. Die FW-Kandidatin für den Wahlkreis Neustadt-Speyer, Marion Schleicher-Frank, sprach von etwas engen Ressourcen und dass man „aus der Not eine Tugend gemacht“ habe. Weigel konzentrierte sich auf die Stadt und sie auf das Umland. Und der Erfolg – sie meinte Weigel – habe dem ja recht gegeben. Wie auch immer. Auch sie fuhr kein schlechteres Ergebnis ein als 4 Jahre zuvor. Dies ist jedoch auch ein Beispiel dafür, dass die Freien Wähler über eine feste Stammwählerschaft verfügen „Klein aber fein“ nannte es die Immobilienwirtin Schleicher-Frank. In der Tendenz stimmt dem auch Prof. Dr. Michael Piazolo zu, stv. Fraktionsvorsitzender der FW im Bayerischen Landtag. Daneben stehe aber das Problem, dass dies eine Erweiterung des Wählerstamms erschwere.

Dies meint auch der Anwalt Stephan Wefelscheid, Landesvorsitzender der Freien Wähler in Rheinland/Pfalz. Er wies auf die leichte bundesweite Zunahme der Freien Wähler hin (etwas über 1 %). Immerhin sei man jetzt stärkste nicht im Bundestag vertretene Partei. Für Rheinland/Pfalz gebe es einen deutlichen Schub für die Landtagswahlen (2021) nach zuletzt 4,0 % bei Erst- und 2,2 % bei den Zweitstimmen.

Pfälzischer FW-Landesvorsitzender: Bin froh, dass Aiwanger „die Fackel trägt“

Zu Hubert Aiwanger, so Wefelscheid, pflege er ein „sehr freundschaftliches, enges Verhältnis“. „Ich bin froh, dass er die Fackel trägt“. Für die anderen Landesvorsitzenden könne er nicht sprechen, aber er sehe dort keine Stimme, die einen anderen fordere. Im übrigen könne diese Aufgabe nur ein hauptamtlicher Politiker, auf Mandat und Diäten gestützt, erfüllen.

So richtig bewusst wird einem das, wenn man sich durch die einschlägigen Internetseiten quält. Neben dem seit 2010 erfolgten Aufbau der Landesverbände und der damit verbundenen notwendigen Überzeugungsarbeit, stand der Aufbau der Bundesstruktur. Die Bundespressestelle sitzt küstennah in Ganderkeese und alles andere sonstwo im Lande nur nicht in Berlin. Hinzu kommen die täglichen Probleme, wenn wie in Brandenburg nach einem missglückten Experiment, sich am 7. Juli 2017, also 10 Tage vor Ablauf der Einreichungsfrist für Wahlvorschläge zur Bundestagswahl, der Landesvorstand auflöst. Was das Wahlergebnis für die dortigen FW keineswegs negativ beeinflusste. Im Gegenteil: dort (1,9/1,2) und noch mehr in Sachsen-Anhalt (2,3/1,2) und Thüringen (2,6/1,6) sind die Freien Wähler in den östlichen Bundesländern mittlerweile stark vertreten. Spürbare Verluste gab es nur in Sachsen.

Anzeichen für Rechtsruck Aiwangers/der Freien Wähler !?

Hier ist die Frage, ob ein Rechtsruck der Freien Wähler erfolgt war oder etwas „gebracht“ hätte. Ein Rechtsruck wie er Aiwanger allgemein und speziell für Bayern vor allem im Zusammenhang mit dem auch damit begründeten Partei- und Fraktionsaustritt des Abgeordneten Alexander Muthmann nachgesagt wird. So richtig festmachen lässt sich der Vorwurf nicht. Überfliegt man die vielen Papiere (Grundsatzprogramm, das Wahlprogramm für die Bundestagswahlen, ein Eckpunktepapier bis zum Europawahlprogramm) so finden sich keine „rechten“ Thesen oder Forderungen. Schon gar keine Hinweise hierfür gibt das Arbeitsprogramm der Fraktionsklausur her oder gar bisher gestellte Forderungen oder Gesetzentwürfe. Daneben stehen im Raum allgemeine Äußerungen Aiwangers zur Gefahr durch die AfD, die zumindest Grund zum Aufhorchen gaben. Andererseits, aber das ist eine eher persönliche Einschätzung, schien es so, dass Aiwangers Stellvertreter in derFraktion rechte Tendenzen „einfangen“ würden oder ggf. eingefangen haben. Auf eine entsprechende Bemerkung erntet man von Piazolo ein fröhliches Auflachen. Aber fröhlich wirkt der Professor fast immer.

Aiwanger und die Götter neben ihm

Nun gibt es auch den  Vorwurf, Aiwanger dulde keine Götter neben sich. Zumindest konnte dieses Bild in den ersten Jahren der Zugehörigkeit der Freien Wähler im Landtag von der Fraktion nicht verdrängt werden. Mittlerweile scheinen etwa im Vergleich zwischen CSU und FW in Fraktionsführung, Machtansprüchen im Vorstand etc keine Unterschiede zu bestehen. Und so recht lässt sich das nicht in Einklang bringen mit den Versuchen, Zugpferde für die Freien Wähler zu gewinnen. Am Anfang schien die Absicht, den Adenauer-Enkel Stephan Werhan (hatte die CDU im Streit verlassen) als Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2013 aufzubauen, durchaus erfolgversprechend. Ob dessen Begründung für seinen späteren Rückzieher „ich wollte mich für Aiwanger nicht verheizen lassen“ stichhaltig oder die ganze Wahrheit waren sei dahingestellt. Jedenfalls gab es weitere Versuche Aiwangers neben sich eine Führungsperson zu etablieren, – von Gabriele Pauli bis Olaf Henkel. Und zuletzt der frühere „Fernsehrichter“ und Kommunalpolitiker der Freien Wähler Alexander Holt mit dessen Aufstellung zur Bundespräsidentenwahl als Kandidat der Freien Wähler. An dieser Personalpolitik Aiwangers regte sich auch Kritik Wefelscheids. Man solle, so der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende, „doch besser auf eigene Leute setzen“. Womit man wieder bei Holt angelangt wäre – und der Frage, ob dieser bei der Landtagswahl 2018 kandidiert.

Written by Helmut Fuchs

Oktober 19th, 2017 at 11:04 am

G 8 und/oder G 9: Strategie der Freien Wähler könnte aufgehen

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Die CSU hat in Bayern ein Problem. Und wieder sind es die Freien Wähler, die sowohl die Staatsregierung als auch die sie tragende CSU-Landtagsfraktion und deren Parteibasis richtig in die Klemme bringen. Und auch dabei zeigt sich, dass die Opposition, da im Landtag wenig geht, zunehmend ihre Erfolge außerparlamentarisch sucht und findet. Die SPD vor allen, punktete vor den Verfassungsrichtern mit der Durchsetzung von Auskunftspflichten, die Grünen spielen ihre Karten networkend in der Einbindung von Interessengruppen beispielsweise bei NOlympia erfolgreich aus, und die Freien Wähler setz(t)en den Wähler bei Volksbegehren/-entscheiden ein. Zum Thema gehören die von der Staatsregierung aufgenommenen Initiativen in Richtung Volksbefragungen oder auch die – früh übrigens vom Bürgerrechte-Flügel der FDP beschlossene – Forderung nach stärkerer Einbindung von Verbänden etwa bei Gesetzesinitiativen. Das Ganze kann man durchaus als eine Tendenz zur Weiterentwicklung der repräsentativen Demokratie erahnen. Eine Frage, die sich beim Abrutschen von Wahlbeteiligungen unter 50 Prozent fast zwangsläufig stellt. Read the rest of this entry »

Written by Helmut Fuchs

April 8th, 2014 at 4:24 pm

Freie Wähler – nach der Klausur und vor den Wahlen

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Die Kommunalwahlen bestimm(t)en die Winterklausuren der Landtagsfraktionen. Als eines der wichtigsten Themen, mit dem die Oppositionsfraktionen glauben punkten zu können, ist die Energiewende bzw. deren Umsetzung in Bayern. Die Freien Wähler, die vergangene Woche als erste in Klausur gingen, eröffneten damit ihre Beratungen. Die Abgeordneten waren mit dem Thema Energie schon früh nach ihrem Einzug ins Landesparlament (2008) insbesondere in Regionalveranstaltungen an die Bürger herangetreten. Ihre lange Erfahrung in den Kommunalparlamenten kam ihnen auch nach Fukushima zugute als sie vor Ort Hilfestellung in Fragen der Umsetzung boten. Das reichte von der Suche nach geeigneten Windparkstandorten bis zur direkten Beteiligung der Bürger auch an Erlösen aus dem Energiegeschäft

Bei den Landtagswahlen schlug diese Arbeit wenig zu Buche. Die Landtagsfraktion konnte sich mit ihrem Ergebnis bestenfalls stabilisieren. Doch dies soll sich bei den Kommunalwahlen ändern. Der Bürger, so das Kalkül der Abgeordneten um ihren Vorsitzenden Hubert Aiwangen und den energiepolitischen Sprecher Thorsten Glauber (jetzt auch stellvertretender Vorsitzender), werde erkennen, dass alle Bemühungen, soweit sie denn vorhanden waren, der Landesregierung unter Federführung des FDP-Ministers Martin Zeil und dem die politische Richtung bestimmenden Ministerpräsidenten Horst Seehofer für die Katz waren.

Energiewende – tiefreichende Verärgerung in den Kommunen

Die Verärgerung reicht nach Erkenntnissen der Freien Wähler tief hinein in die Kommunen und betrifft investitionswillige Stadtwerke und Bürger, alleingelassene Verwaltungen, frustrierte Ehrenamtliche und nicht zuletzt verunsicherte Bürger, die nicht wissen, wie weit sie ihren Geldbeutel für die Enegiekosten öffnen müssen, und wie sie dem möglicherweise am wirtschaftlichsten begegnen könnten. Sie alle konnten ja auch verfolgen, wie per Ministerratsbeschluss Knall auf Fall und auf dünnem juristischen Eis alle auch von der Staatsregierung hochgelobte Windkraftpläne in Frage gestellt wurden.

Kommunalwahlen: entscheidende Kraftprobe zwischen CSU und Freien Wählern

Diese Miß-Stimmung in den Kommunen wurde ähnlich von der CSU ausgemacht und trifft die Regierungspartei an empfindlicher Stelle. War man nach den letzten Landtags-Wahlen mit der Absicht angetreten, die an die Freien Wähler nach der Beckstein-Huber-Periode verlorenen Wähler wieder zurückzugewinnen, sehen sich die kommunalen CSU-Mandatsträger der Situation ausgesetzt, weitere Stimmen an die Freien Wähler abgeben zu müssen. Vieles spricht dafür, dass der Urnengang im März zu einer entscheidenden Kraftprobe in erster Linie zwischen CSU und Freien Wählern wird. Und zwar auch mit Auswirkungen auf die Europawahlen im Mai und für die CSU auch auf das Standing innerhalb der GroKo in Berlin.

Superwahlkämpfer Seehofer reagierte wie gewohnt unorthodox. Er erklärte die Energiewende zwar nicht als gescheitert – was eigenes Versagen eingestünde -, sondern versah sie mit anderen Schwerpunkten. Nicht länger sollte Eneuerbaren Energien Vorrang eingeräumt werden, sondern, mit Blick auf den Geldbeutel der Bürger, deren Bezahlbarkeit. Die Verantwortung für die Umsetzung schiebt er gleichzeitig dem SPD-geführten Bundeswirtschaftsminister Siegmar Gabriel zu. Politische Verantwortung für die Arbeit der vergangenen Jahre in Berlin oder München, das ist nicht Seehofers Ding – er denkt ja zukunftsgerichtet.

Hoffen auf zum Brunnen getragenem Kruge

Nun ist es keineswegs so, dass der CSU-Chef und Ministerpräsident in allem falsch liegt, der Alleinverantwortliche ist oder visionslos durch die politische Landschaft geistert. Er ordnet eben alles einem zu erreichendem Wahterfolg unter. Es scheint eine besonders hochentwickelte Form der Rosinenpickerei zu sein, Teilwahrheiten und -erfolge für sich zu beanspruchen und Irrungen anderen zuzuweisen, die bislang wunderbar funktioniert hat. Andere wie die Freien Wähler können da nur auf das Sprichwort vom zum Brunnen getragenen Kruge hoffen.

Mit offensiver Gesundheitspolitik der Abwanderung vom Lande begegnen

Die Freien Wähler haben jedoch keineswegs alle ihre Karten auf die Energieproblematik gesetzt. Sie beschäftigten sich während ihrer Klausur intensiv mit der Sicherung einer flächendeckenden medizinischen und notärztlichen Versorgung. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und gesundheitspolitische Sprecher Dr. Karl Vetter wies auf einen direkten Zusammenhang zwischen der Vernachlässigung des Problems durch die Staatsregierung und der Abwanderung von Menschen aus strukturschwachen Gebieten in die Metropolregionen hin. Es wird durchaus interessant werden, zu erwartende Debatten beispielsweise über Initiativen zur Stärkung des „guten alten Belegarztsystems“ im Fachausschuss des Landtags zu verfolgen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Bereiche Gesundheit/Pflege durch ein eigenes Ministerium und neuen Ausschuss im Landtags deutlich aufgewertet wurden.

Kommunalpolitik bestimmte Klima in der Klausur

Wie andere Fraktionen auch hatten die Freien Wähler Kommunalpolitiker zu ihrer Klausur eingeladen. Das Treffen mit der kommunalen Basis aus der Region diente dazu, so die neue kommunalpolitische Sprecherin Tanja Schweiger (35, Regensburg), „weiter die Vor-Ort-Kompetenz in die Landespolitik einfließen zu lassen“. Schweiger selbst brachte in fast unauffälliger und deshalb bemerkenswerterer Weise in den letzten zwei Jahren eine Schwangerschaft und das gemeinsame Kind mit Lebensgefährtem Aiwanger mit einer ebenso beachtenswerten politischen Entwicklung unter einen Hut. Vor fünf Jahren fiel sie eher dadurch auf, dass sie sich unbekümmert zu ihrem Geburtstag auf die Fensterbank in der Lobby des Maximilianeums schwang und dort lachend ihre Honneurs entgegennahm. Mittlerweile ist sie kommunalpolitische Sprecherin und stellvertretende Ausschuss-vorsitzende. Möglicherweise nur auf Zeit, denn sie kandidiert mit Aussicht auf Erfolg für die Landratswahlen in Regensburg. Beim letzten Mal war die damals noch Unbekanntere gegen den Amtsinhaber zumindest in die Stichwahl gekommen.

Erfolgreiche Frauen auch ohne Quote

Das Beispiel Schweiger lenkt auch den Blick auf die Rolle der Frauen in der Fraktion. Für die Freien Wähler stand die Einführung von irgendwelchen Quoten nie ensthaft zur Debatte. Ähnlich wie die CSU scneiden sie hinsichtlich ihres Frauenanteils hinter SPD und vor allem Grünen hinterher. Schaut man genauer hin, so ist eine Entwicklung zu beobachten, die nicht nur politisch engagierte Frauen interessieren dürfte. Die Freien Wähler hatten mit Eva Gottstein früh eine Frau an die Spitze eines Bezirks gesetzt. Für den Vorsitz im Bezirk Oberbayern wird sie zwar, wenn die getroffene Abmachung hält, im Spätsommer den Oberammergauer Landtagsabgeordneten Florian Streibl als Nachfolger vorschlagen, doch mittlerweile haben sich vor allem vier weitere Frauen in der Fraktion durchgesetzt.

Fraktion stellt Spitzenkandidatin für Europawahlen

Ulrike Müller aus dem Allgäu, früher agrarpolitische Sprecherin und jetzt stellvertretende Fraktionsvorsitzende, wurde am Samstag von der Freien Wählern auf dem Aufstellungsparteitag in Erfurt zur Spitzenkandidatin für die Europawahlen gewählt. Vom Bundesvorsitzenden Aiwanger vorgeschlagen, setzte sie sich im ersten Wahlgang gegen drei Kandidaten mit deutlicher Mehrheit durch. Bei den letzten Europawahlen verfehlten die FW mit Gabriele Pauli als Spitzenkandidatin mit 1,7 % die 3%-Hürde (in Bayern 6,9%). Neben der Hoffnung auf ein besseres und ausreichende Ergebnis bleibt den Freien Wählern die mögliche Kappung der 3-%-Hürde, gegen die sie bekanntlich Verfassungsbeschwerde eingelegt haben. Eine höchstrichterliche Entscheidung wird möglicherweise im Februar fallen. In Europa wollen die Freien Wähler laut Aiwanger als „Transparenz- und Nachhaltigkeitspartei“ antreten. Urike Müller glaubt auch ohne Karlsruher Hilfe ins Europäische Parlament einziehen zu können. „Mit dieser Liste, mit jungen Leuten und auch vielen Frauen auf den aussichtsreichen Plätzen“, sowie einem ansprechenden Wahlprogramm, das sie und ihre Kollegen demnächst vorstellen wollen, „wird dies möglich sein“.

Zwei weitere, die „nicht auf den Mund gefallen“ sind

Auch den zwei weiteren Frauen in der Landtagsfraktion wird eine gute Karriere zugetraut. Gabi Schmidt (45) aus Ergoldsbach ist vor allem eines nicht – nämlich auf den Mund gefallen. Wer was Dummes sagt, kriegt die richtige Antwort – das weiß (und fürchtet) man fraktionsintern. Daneben gilt die als Macherin eingestufte Bezirksrätin und Sozialpolitikerin im Landtag als ausgesprochen liebenswürdig. Von ähnlichem Schlag ist die auch materiell sehr unabhängige Unternehmerin Jutta Widmann (52, Ergoldsbach). Sie macht sich insbesondere für das Handwerk in Bayern stark, versteht aber auch einiges von Medienpolitik und kümmert sich in diesem Bereich vor allem um die Durchsetzung von lokalen/regionalen Rundfunk- und TV-Angeboten im usprünglichen Sinne einschlägiger Medienverträge.

Aiwangers Dominanz etwas abgemildert

Ein in den Augen vieler potentieller Wähler aber auch FW-Politiker bestehendes Manko hat die Freie-Wähler-Landtagsfraktion zumindest in ihrem Bereich abgemildert. Die Dominanz des Vorsitzenden Aiwanger, ohne die Anfangserfolge gar nicht erreichbar geworden wären, scheint im Konsens durch eine breitere Führungsebene ersetzt worden zu sein. Hervorgetan haben sich insbesondere Florian Streibl und Prof. Dr. Michael Piazolo. Streibl, der in mehrfacher Hinsicht kein „C“ in seinem Parteinamen braucht, hat nicht nur die Geschäftsführung der Fraktion übernommen. Ihm ist es gelungen, auch verbale Auswüchse seines Vorsitzenden z.B. in der Europadebatte abzumildern. Zudem war er es, der die Affäre Mollath ins Rollen brachte und damit einem breiteren Publikum die Freien Wähler bekannt machte. Dasselbe gelang Piazolo, der mit seinem überraschenden Erfolg vor den Verfassungsrichtern einen möglichen Volksentscheid auf den Weg brachte und damit letztlich die Gebührenfreiheit an Hochschulen in Bayern durchsetzte. Einen weiteren Schub könnten die Freien Wähler erwarten, falls das ebenfalls von Piazolo auf den Weg gebrachte Volksbegehren zur Wahlfreiheit zwischen G8 und G 9 noch richtig in die Gänge kommt.

Die Messlatte liegt für die Freien Wähler bei rund 20 Prozent

Bei den Komunalwahlen, und das muss man sich vor Augen halten, geht es bei den Freien Wählern um ganz andere Dimensionen als bei Landtags-, Bundestags- oder gar Wahlen zum Europäischen Parlament. Mit 19,4 Prozent wurden sie beim letzten Mal in die kommunalen Parlamente gewählt. Das ist die Messlatte, die sie übertreffen wollen.

Written by Helmut Fuchs

Januar 13th, 2014 at 1:03 pm

Hochschulausschuss: Geschickte CSU und „Excellenzinitiative Lehre“ der Freien Wähler

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Eine der weniger beachteten aber doch sehr interessanten Überraschungen ist der Zugriff der Freien Wähler auf den Vorsitz im Hochschulausschuss des Landtags. Zum einen eröffnet es der Gruppe um Hubert Aiwanger neue Perspektiven, zum anderen ist es der CSU dabei auch sehr geschickt gelungen, eine wirkliche politische Brisanz herauszunehmen. Sie hat aus den Erfahrungen mit der FDP offenbar gelernt. Read the rest of this entry »

Written by Helmut Fuchs

November 5th, 2013 at 9:57 am

Freie Wähler zwischen Ängsten und Zuversicht

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Stand den Freien Wählern noch am Wahlabend die Enttäuschung über das Wahlergebnis ins Gesicht geschrieben, so wandelte sich dies im Verlauf der darauf folgenden Woche in Selbstbewusstsein über ein in etwa gehaltenes Ergebnis und Zuversicht hinsichtlich eines zu erfüllenden Wählerauftrags. Die Gruppierung um den Vorsitzenden Hubert Aiwanger musste nicht annähernd wie die FDP enttäuschte Stammwähler der CSU an diese zurück geben. Sie verzeichnete jedoch auch keine Zuströme aus anderen Lagern. Daraus kann man folgern, dass die Freien Wähler sich eine eigene, auch mit der Landtagsarbeit zufriedene Stammwählerschaft neben ihrer kommunalen Heimat geschaffen haben. Read the rest of this entry »

Written by Helmut Fuchs

September 24th, 2013 at 6:39 am

Posted in Allgemein,Landespolitik

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Freie Wähler in Klausur: Weiter auf Sachkurs bei erhöhter politischer Beachtung

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Trotz aller Unkenrufe und mancher Irritation – die Freien Wähler gehen im fünften Jahr ihrer Landtagszugehörigkeit politisch gestärkt in die letzte Winterklausur dieser Legislaturperiode. Nachdem sich der die Sacharbeit verschleiernde Rauch um ihre europapolitischen Standpunkte etwas verzogen hat, schimmerte schon am ersten Tag der Klausur in Landshut wesentliches von ihrer ursprünglichen Kompetenzebene durch. Daneben wird die Fraktion getragen von ihren besonders die breite Öffentlichkeit überraschenden Erfolgen in der Frage der Studiengebühren und im „Fall Mollath“. Ihr sich Offenhalten in der Koalitionsfrage muss als umstritten gelten, ist letztlich aber konsequent. Read the rest of this entry »

Written by Helmut Fuchs

Januar 9th, 2013 at 3:25 pm

Studiengebühren: Freie Wähler setzen Volksbegehren durch

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Steter Tropfen höhlt den Stein. Nach einer langen Reihe gegenläufiger Urteile setzte sich dieses Mal der Artikel 72 der Bayerischen Verfassung gegen den ihn einengenden Artikel 73 durch. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat mit einem gestrigen Urteil den Freien Wählern recht gegeben, wonach ein Volksbegehren für die Abschaffung von Studiengebühren nicht im Widerspruch zu Artikel 72 BV steht. Diese Gebühren, so der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Karl Huber, „fließen nicht in den allgemeinen Haushalt“, sondern seien Durchlaufposten, über deren Verwendung das Wissenschaftsministerium in Rahmen seines eigenen Haushalts entscheiden könne. Zur Entscheidung liegen Sondervoten zweier Richter vor, die ein solches Volksbegehren als verfassungswidrig einstufen. Inwieweit die Freien Wähler mit ihrem Vorstoß dazu beigetragen haben, dass künftig das Spektrum möglicher Plebiszite erweitert wird, ist noch offen. Read the rest of this entry »

Written by Helmut Fuchs

Oktober 23rd, 2012 at 7:56 pm

Starke Grüne – Hindernis für Dreier-Koalition?

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Ein wichtiger, vielleicht der entscheidende Umstand, der zur Beantwortung der Frage führen könnte, mit wem die Freien Wähler nach der nächsten Landtagswahl gegebenenfalls eine Koalition eingehen würden, ist noch gar nicht so richtig ausgeleuchtet worden. Es betrifft die Frage, wer in einer Dreier-Regierung die Nummer 2 sein wird. Nach dem Stand der Dinge würde Münchens Oberbürgermeister Christian Ude für die SPD das Orchester übernehmen. Doch wer spielt die Erste Geige unter den kleineren Partnern, wer gibt den Takt an und damit auch den Ausschlag, ob die Landespolitik eine – wenn man es so nennen will – eher „grün“ oder mehr „bürgerlich“ geprägte Richtung einschlägt? Daneben ist nicht ohne Bedeutung, dass die zweitstärkste Fraktion üblicherweise auch den/die stellvertretende/n Ministerpräsidenten/in. Read the rest of this entry »

Written by Helmut Fuchs

Januar 19th, 2012 at 10:15 am

Freie Wähler – von Aiwanger ins Feld geführt

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2013 werden wir wahrscheinlich an der Regierung beteiligt sein.“ So selbstbewusst und selbstsicher wie Hubert Aiwanger vermag dies zur Zeit kein anderer Parteichef in Bayern behaupten. Schon vor gut einem Monat war diese Zuversicht, dass alles auf die Freien Wähler zulaufe, im Gespräch mit ihm zu spüren. Da hatten ihm die bayerischen Mitglieder gerade eine satte Mehrheit für den Gang nach Berlin beschert. Das war keine Selbstverständlichkeit, nachdem Zitterpartien um eine Beteiligung bei Landtagswahlen in Bayern noch gar nicht so lange zurück liegen. Am vergangenen Wochenende wurde der strukturelle Schritt zur Beteiligung der FW an der Bundestagswahl 2013 vollzogen. 77 Prozent der Mitglieder votierten in einer Urabstimmung für den hierzu notwendigen Zusammenschluss mit der Bundesvereeinigung. Read the rest of this entry »

Written by Helmut Fuchs

Dezember 13th, 2011 at 2:29 pm

Auch Freie Wähler wollen stärker in Städten werden

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Unter vollständiger Beibehaltung ihres Engagements für den strukturschwachen ländlichen Raum wollen die Freien Wähler künftig verstärkt die Probleme der Großstädte in Bayern aufgreifen. Dies teilte der Abgeordnete Prof. Michael Piazolo zu Beginn der Herbstkausur der FW in Würzburg mit: „Explodierende Mieten, starker Wettbewerb um Arbeitsplätze, Altersarmut, Lärm, überlastete Straßen, überfüllte öffentliche Transportmittel, soziale Randbezirke, mangelnde Integration und letztendlich ein auch in Bayern inzwischen erodierendes Bildungssystem stellen Probleme dar, auf die unsere Bürgerinnen und Bürger zurecht Antworten der Freien Wähler erwarten.“ Der Münchner Abgeordnete und Hochschullehrer leitet auch eine vor kurzem für diese Zwecke in die Münchner Innenstadt verlegte Landesgeschäftsstelle der Freien Wähler.

Written by Helmut Fuchs

September 21st, 2011 at 8:58 am